Wirtschaft | Medien
Vulnus Athesia
Foto: Salto.bz
Es mag vielleicht Zufall sein, doch es beschreibt die Situation realistisch.
Zum ersten Mal seit den 1960er Jahren droht dem mächtigsten Verlagskonzern „Athesia“ Südtirols eisiger Gegenwind aus Rom. Und diesmal kommt er von prominenter Seite. Von Mitgliedern der amtierenden Regierung: Minister Riccardo Fraccaro und Vito Crimi, Unterstaatssekretär für das Verlagswesen im Ministerratspräsidium.
Während die beiden Regierungsmitglieder in Rom Klartext sprechen, wird in Südtirol vorwiegend geschwiegen. Niemand aus der Politik getraut sich das heiße Eisen auch nur anzusprechen. Courage ist besonders in Wahljahren in der Landespolitik recht dünn gesät.
Ganz im Gegenteil: Der Athesia-Konzern setzt - abseits der diese Woche bekannt gewordenen Übernahme im Trentino - still und leise seinen Sommerschlussverkauf auch in der Südtiroler Medienlandschaft fort. In diesen Tagen wird ein Deal abgeschlossen, der mit größter Wahrscheinlichkeit das Ende eines der ältesten Südtiroler Privatradios bedeuten wird. Und eine Ausweitung des Radioreiches des Ebnerverlages.
Pluralismus in Gefahr
Am Mittwoch wurde bekannt, dass die „Athesia AG“ um 18,5 Millionen Euro die Trienter Tageszeitung „L’Adige“, sowie „Radio Dolomiti“ und die Werbeagentur „Media Alpi Pubblicità srl“ gekauft hat. Michl Ebner & sein Familienunternehmen beherrschen spätestens damit gut 80 Prozent des Medien- und Werbemarktes in der Region Trentino-Südtirol.
Am Freitag reagierte Riccardo Fraccaro, Minister für die Beziehung zum Parlament und für die direkte Demokratie mit überaus harten Worten auf die Adige-Übernahme durch die Athesia. „La concentrazione editoriale in Trentino-Alto Adige è del tutto inaudita e configura un monopolio dell’informazione sconcertante“, so der Trentiner 5-Sterne-Poltiker. Und weiter: „L’acquisizione de l’Adige da parte del Gruppo Athesia, già proprietaria di Trentino, Alto Adige e Dolomiten, rappresenta un vulnus inaccettabile nel panorama nazionale.“
Bereits am Tag zuvor hatte der Unterstaatssekretär im Ministerratspräsdium Vito Crimi mit fast denselben Worten die Übernahme kritisiert. „È indubbio che questa nuova co
ndizione provochi una forte limitazione nella garanzia del pluralismo dell'informazione. Condivido pienamente le preoccupazioni emerse da più parti in merito a questa problematica. Attualmente la legge prevede un limite per la concentrazione delle proprietà editoriali a livello nazionale. Tuttavia non possiamo trascurare i danni che un'eccessiva concentrazione anche solo a livello regionale può arrecare all'indipendenza dell'informazione.“Auch Crimi ist kein oppositioneller Hinterbänkler, sondern der 5-Sterne-Politiker ist Unterstaatssekretär im Ministerratspräsidium und dort zuständig für die Abteilung „Editoria“. Es ist jene Ministeriumsabteilung, die die jährlichen Beiträge für die Minderheitenzeitungen vergibt. Darunter auch rund 1,3 Millionen Euro für die Tageszeitung „Dolomiten“.
Neues Gesetz
Für die 5-Sterne-Bewegung steht außer Zweifel, dass hier die Regierung und das Parlament einschreiten müssen. Sowohl Crimi wie auch Fraccaro verweisen darauf, dass 1987 ein Staatsgesetz eingeführt wurde, nach dem es einem Verleger verboten war, auch auf regional Ebene mehr als 50 Prozent der Zeitungen zu besitzen (Legge 67/1987, art. 3, comma 1, lettera b). Diese Bestimmung wurde 2012 aber durch die sogenannte Legge Gasparri gestrichen.
„Credo sia arrivato il momento di ripristinare quella norma, a garanzia di tutto il sistema dell'informazione", spricht sich Vito Crimi jetzt offen für eine Wiedereinführung dieser gesetzlichen Beschränkung aus. Und weiter: „Il caso del Trentino Alto Adige è solo un esempio, ma è utile per accendere un faro su una problematica che interessa tutto il Paese. L'eccessiva concentrazione della proprietà editoriale a livello regionale è un fenomeno che va monitorato ed evitato, poiché ha effetti deleteri sul pluralismo dell'informazione e può provocare conseguenze pericolose nella garanzia del diritto all'informazione".
Minister Riccardo Fraccaro wird noch deutlicher: „Ripristineremo la norma sul divieto di concentrazione regionale abrogata dalla legge Gasparri affinché tutte le società editoriali si adeguino alle nuove disposizioni di legge che impediranno le posizioni dominanti, al fine di salvaguardare l’interesse esclusivo dei cittadini”.
Sollte die Regierung ernst machen und die Regierungsmehrheit die Gesetzänderung wirklich vorlegen, dan könnte es für Michl Ebner und sein Unternehmen eng werden. Aber innerhalb der SVP wird so mancher Fraksausen bekommen. Es wird auf jeden Fall interessant werden, zuzuschauen wie sich die SVP-Parlamentarier bei der Abstimmung in Rom verhalten werden.
Radio fort?
Unberührt vom römischen Gegenwind führt der Athesia-Konzern seinen Übernahmekurs in der regionalen Medienwelt direkt und indirekt fort. Im November 2017 wurde endlich das öffentlich gemacht, was von den kritischen Medien seit Jahren geschrieben wird. Dem Südtiroler Medienhaus Athesia gehören 50 Prozent der Anteile der „Funkhaus Südtirol GmbH“. Das Unternehmen betreibt die beiden führenden Privatsender „Südtirol 1“ und „Radio Tirol“. Das Unternehmen eng verwoben mit der Radio-und Produktionsagentur „Radio Media International GmbH“ (RMI) ist im Radiosektor marktbeherrschend.
Mitte Mai übernahm die „Funkhaus Südtirol GmbH“ dann den Vinschger Lokalsender „Tele Radio Vinschgau GmbH“. Nach 37 Jahren verkaufte die Unternehmerfamilie Lösch den Familienbetrieb an den Bozner Radiokoloss.
Über die neu erworbene Vinschger Konzerntochter hat man in den vergangenen Wochen einen weiteren Deal abgeschlossen.
Seit 1977 betreibt der Bozner Radiomacher Karl Thalmann „Radio Nord“. Damit dürfte es schon bald vorbei sei. Über die „Tele Radio Vinschgau GmbH“ hat die Funkhaus Südtirol in den vergangenen Tagen zwei Sendefrequenzen von Radio Nord übenommen. 91,900 MHz in Bozen und 88,200 Mhz in Brixen. Über beide Frequenzen werden zukünft die Athesia-Radiosender ausgestrahlt werden.
Radio Nord verbleibt damit nur mehr eine Rumpffrequenz in Bozen. „Mit großer Wahrscheinlichkeit werden wir den Sender aber einstellen“, sagt Thalmann zu salto.bz.
Die Einebn(er)ung der Medienlandschaft hat auch im Äther längst begonnen.
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Ich finde es gut, dass Sie
Ich finde es gut, dass Sie Herr Fanceschini auf diese Misstände hinweisen und solche Dinge öffentlich machen! Aber bitte mit mehr sprachlicher Sorgfalt! Z.B. "die Unterfamilie Lösch" - Was ist eine Unterfamilie? " Vinschger Konzertochter" Den Begriff Konzert-Tochter habe ich noch nie gehört und wenn müsste er wohl mit doppel-tt geschrieben werden!? Früherer hätte man gesagt, das ist ein Montags-Produkt. Ich habe den Eindruck, es gibt bald nur mehr Montags-Produkte (oder Montags-Pfusch)!
Antwort auf Ich finde es gut, dass Sie von Sepp.Bacher
Sie haben recht, es muß
Sie haben recht, es muss natürlich Unternehmerfamilie und Konzerntochter heißen.
Die Zusammenlegung von
Die Zusammenlegung von Radiosendern helfen bei der Medienförderung Steuergelder sparen. Zudem haben wir alle die Möglichkeit Medien zu gründen und diese über Werbeeinnahmen zu finanzieren. Heiner Feuer hat den Mut dazu sehr erfolgreich bewiesen. Ihn neidisch zu sein ist reichlich wenig Leistung..
Antwort auf Die Zusammenlegung von von Florian Egger
"wir alle"? Ein etwas
"wir alle"? Ein etwas kryptischer Kommentar. Sind Sie im Radiogeschäft tätig oder wieso sprechen Sie sonst in der Mehrzahl?