Gesellschaft | Patienteninformation

„Ein guter Kompromiss“

Volksanwältin Gabriele Morandell über ihren Rückzieher, die Zensur der Tischler- Karikatur und die Tatsache, dass sich die Ärzte auf ganzer Linie durchgesetzt haben.
Morandell, Gabriele.jpg
Foto: Othmar Seehauser
Salto.bz: Frau Volksanwältin Morandell, Sie haben bei der Aussprache mit dem Vorstand der Südtiroler Ärztekammer am Donnerstag ganz schön die Hosen runtergelassen?
 
Gabriele Morandell: Nein, so sehe ich das nicht. Es war wirklich ein tolles Gespräch. Jeder hat seine Situation geschildert und herauskam ein gegenseitiges Verständnis. Ich denke ich habe die Position der Ärzteschaft verstanden und sie auch meine. Der gemeinsame Nenner dabei: Wir arbeiten alle zum Wohle der Patienten.
 
Warum aber wollen die Ärzte dann aber verhindern, dass Patienten über ihre Rechte aufgeklärt werden?
 
Nein, auch sie wollen diese Informationen dem Bürger zur Verfügung stellen. Das ist für mich ein sehr wichtiges Ergebnis dieser Aussprache. Sie wollen mitarbeiten und sich auch mit einbringen. Deshalb haben wir gesagt: Gut wir nehmen diesen Text als Basis und versuchen jetzt auch jene Sachen hinzutun, die sie gerne haben. Wir wollen das in kurzer Zeit zu machen. Innerhalb von zwei Monaten. Dann soll die Broschüre gemeinsam neu vorgestellt werden. Zudem haben wir einen kontinuierlichen Austausch vereinbart.
 Dass Wichtigste ist, dass es diesen Ratgeber gibt. Und es wird ihn geben.
Besonders angegriffen fühlen sich die Ärzte von der harmlosen Karikatur von Peppi Tischler...
 
Ja, das ist so ihr Empfinden...
 
Sie haben zugestanden, dass diese Zeichnung nicht mehr benutzt wird?

Ja. Wir werden eine andere Gestaltung suchen. 
 
So etwas nennt man Zensur?
 
Ich würde nicht von Zensur sprechen. Als ich Peppi Tischler fragte, habe ich nicht gedacht, dass das jemand stören könnte. Aber jetzt im Gespräch haben mir die Ärzte zu verstehen gegeben, wie belastend das für sie ist. Ich habe ihre Argumente verstanden. Zudem habe ich auch mit Herrn Tischler geredet. Auch er versteht es.
 
Konkret heißt das: Die Volksanwältin hat auf ganzer Linie verloren und die Götter in Weiß haben sich durchgesetzt?
 
Nein, so sehe ich es nicht. Allein die Tatsache, dass wir uns zukünftig periodisch treffen werden, sehe ich als Fortschritt. Ich kann den Ärzten die Anliegen der Patienten schildern und sie können uns ihre Schwierigkeiten darlegen. Man muss jetzt schauen, wie sich diese Zusammenarbeit entwickelt. Vielleicht kann man in Zukunft auch noch andere Projekte zum Wohle der Patienten und Patientinnen machen. Vor diesem Hintergrund sehe ich es als guten Kompromiss.
 
Der ehemalige Richter und Mitglied der Schlichtungskommission für Haftungsfragen im Gesundheitsbezirk, Edoardo Mori, hat Sie verbal abgewatscht: Die Volksanwaltschaft sei gar nicht für Patientenfragen zuständig?
 
Die Gesetzeslage ist eindeutig. Die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft im Gesundheitsbereich wurde Ende der achtziger Jahre mit Artikel 15 des Landesgesetzes vom 18. August 1988, Nr. 33 eingeführt. Heute gibt es ein eigenes Landesgesetz dazu. Zudem steht im Dekret des Landeshauptmanns, das die Tätigkeit der Schlichtungsstelle in Arzthaftungsfragen regelt: „Der Patient bzw. die Patientin oder, im Fall des Ablebens, die Erben, können sich im Verfahren von der Volksanwaltschaft vertreten oder unterstützen lassen, wenn eine Einrichtung des Landesgesundheitsdienstes oder ein Arzt bzw. eine Ärztin oder eine Gesundheitseinrichtung, die mit diesem eine vertragliche Bindung hat, in den Fall vor der Schlichtungsstelle verwickelt ist.“.  Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist also Teil des Verwaltungsverfahrens. Zudem wurde die Zuständigkeit der regionalen Volksanwaltschaften im Gesundheitswesen auch von einem Staatsgesetz im März 2017 bestätigt.

 
Frau Morandell, glauben Sie nicht, dass durch diesen fulminanten Rückzieher die Autorität und das Image der Institution Volksanwaltschaft Schaden genommen haben?
 
Nein, das glaube ich überhaupt nicht. Wir als Volksanwaltschaft stehen ja immer für Gespräche, für Kompromisse und fürs Mit-einander-Auskommen. Deshalb liegt das auch ganz auf unsere Linie. Ich denke es war auch im Sinne der Patienten wichtig einen Kompromiss zu finden. Vor allem aber ist mir und ich denke uns allen eines wichtig: Dass es diesen Ratgeber gibt. Und es wird in geben.