Umwelt | Konsequenzen gefragt

Lehren aus der Dürrekatastrophe

Deutschlands Landwirtschaft erlebte diesen Sommer eine Dürrekatastrophe. Die hat viele Gründe, zu einem Drittel ist sie selbstverschuldet. Wer zieht die Konsequenzen?
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Deutschlands Landwirtschaft litt diesen Sommer an einer extremen Dürre, eine Folge des stattfindenden Klimawandels - sprich hohe Temperaturen, ausbleibende Niederschläge. Der Bauernverband verlangt ein Milliarde Euro Hilfe vom Staat, ohne im geringsten die Ursachen zu hinterfragen. Das ist selbst der Bundesregierung zu viel, auch der Vertreter der jahrhundertealten Großgrundbesitzerdynastie, Prinz von Löwenstein,  hat sich sich dazu klar geäußert beim Interview mit dem ZDF-Lobbystarjournalisten, hat ihm mehrmals grundsätzlich widersprochen. Des Pudels Kern sind die Klimagasemissionen:

„Weil Pflanzen das Klimagas CO2 binden und Böden Kohlenstoff speichern, könnte die Landwirtschaft uns rein theoretisch langfristig klimaneutral ernähren und kurzfristig sogar mehr CO2 binden als ausstoßen. Stattdessen gehört sie heute zu den wichtigsten Quellen menschengemachter Klimagasemissionen. Vor allem die Rodung von Wäldern und Umwandlung von Grünland in Ackerland, der Ausstoß der Klimakiller Lachgas (N2O, 300-facher CO2- Effekt) aus Mineraldüngung sowie Methan (CH4, 20-facher CO2-Effekt) durch Wiederkäuer und Nassreisanbau sind seitens der Lebensmittelproduktion verantwortlich. 

31% der Klimagasemissionen schreibt der Weltklimarat IPCC direkt der Landwirtschaft und veränderter Landnutzung zu. Verarbeitung, Transport, Kühlung, Erhitzung, Zubereitung und Entsorgung von Lebensmitteln hinzugerechnet, die der IPCC in anderen Sektoren verbucht, ergibt, dass über 40% aller Emissionen davon abhängen, wie wir uns ernähren und Landwirtschaft betreiben.“

Die Landwirtschaft ist also zu mindestens einem Drittel schuld am Klimawandelin der Welt, könnte aber entscheidend dazu beitragen, dass sich das ändert. Dazu bräuchte sie einen Systemwechsel und eine andere Subventionswirtschaft der EU. Auf Deutschland bezogen, aber grundsätzlich auch für unser Landl geltend, ein ausführliches Zitat der Süddeutschen Zeitung:

"Das Geld der Steuerzahler macht schon jetzt einen großen Teil ihrer Einnahmen aus. Fast die Hälfte des EU-Haushalts zahlt die Europäische Kommission Landwirten in Form von Subventionen. Die Bundesregierung stockt die Milliarden aus Brüssel regelmäßig noch auf. Zwischen 80 und 400 Millionen Euro jährlich steckte der Bund in den vergangenen Jahren in zusätzliche Hilfen. Was liegt für Bauern da näher, als in einem schlechten Jahr einfach das Doppelte zu fordern? […]
Doch auch wenn dieses Mal weniger Geld als gefordert fließen sollte – es ist längst Zeit für eine viel größere Wende in der deutschen Agrarpolitik: Die große Koalition muss neuerliche Hilfen an eine Reform des Agrarsektors knüpfen.
Denn es hilft langfristig nicht, wenn die Nöte nur mit Geld gekittet, die Ursachen der Probleme aber nicht beackert werden. Niedrige Preise für gesunde Lebensmittel, die Pflege von Landschaft und Gewässern: Es gibt viele Gründe, Landwirte mit Steuergeld zu unterstützen. Doch die Mitschuld am Klimawandel und wachsende Umweltprobleme bei der Qualität von Böden und Gewässern durch Massentierhaltung und extensive Landwirtschaft machen klar: In der heutigen Form sind viele Praktiken nicht zukunftsfähig. Stützt die Regierung das alte System, drohen die Probleme größer statt kleiner zu werden.
Schon die Dürre zeigt, dass sich die Branche verändern muss. Wo früher Bäume und Sträucher die Äcker säumten, wachsen heute Mais oder Raps auf immer größeren Feldern. Böden trocknen so schneller aus, Insekten können in solchen Monokulturen schwer überleben. Vielfalt im Ackerbau, ein geringerer Verbrauch von Pflanzengiften und Dünger wären ein guter Ansatz für eine bessere Umweltbilanz. Zum Umsteuern fehlen den Landwirten bislang aber Vorgaben und Anreize. Während Energiebranche oder Verkehrssektor von der EU immer strengere Auflagen für ihr Wirtschaften bekommen, werden die Subventionen in der Landwirtschaft zum Großteil nach Fläche ausgezahlt. Die 350 Milliarden Euro, die Brüssel in Siebenjahreszyklen ausschüttet, sind nur zum kleinen Teil an Bemühungen um Umweltschutz auf den Feldern geknüpft.
Der Zeitpunkt zum Umsteuern könnte kaum besser sein: Gerade wird in Brüssel der Verteilungsschlüssel für die Agrarsubventionen von 2021 an festgelegt. ..."

Während der Rhein so wenig Wasser führte, dass die Schifffahrt reduziert werden musste, sind Südtirols große Flüsse voll geblieben, weil die Gletscher unter der Hitze kräftiger schmelzen. Es gab genug Wasser für die Beregnung/ Bewässerung. Deswegen erlebten wir nicht dieselbe Dürre wie Deutschland. Mit dem unausweichlichen Schwinden der Gletscher wird jedoch der Wassermangel zunehmen, das Grundproblem bleibt.

Ein Hoffnungsschimmer ergibt sich mit dem flächendeckenden Biodiversitäts-Monitoring, das die Eurac unter der Leitung von Prof. Ulrike Tappeiner und im Auftrag der Landesregierung ab nächstem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Naturmuseum und anderen Landesämtern starten soll. Welche neuen Erkenntnisse und vor allem welche „harten Fakten“, die von der Politik nicht mehr geleugnet werden können, wird dieses Monitoring ergeben? Müssen wir aber wirklich so lange warten? Zeigt nicht bereits die jahrelange Dokumentation der Biodiversität durch Institutionen  wie das Naturmuseum oder die jahrzehntelange Erfahrung einer Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz ein klares Bild, wie sich die Biodiversität in Südtirol rückwärts bewegt hat und dass man darauf sofort reagieren muss? Schlussendlich: wird sich die Lobby der industrialisierten Monokulturbetriebe am Ende wieder mal durchsetzen?

Warten wir Fakten und vor allem Maßnahmen ab.