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Gesellschaft | Globalisierung

Eurafrika

Europa und Afrika. Zwei wunderbare und reiche Kontinente. Und beide zerbrechen an der fehlenden Gerechtigkeit.

Globalisierung ist kein böses Wort. Im Gegenteil! Globalisierung bedeutet, dass wir menschlichen Erdenbewohner uns endlich als Menschheit begreifen und erleben können. Sie bedeutet aber auch, dass Prinzipen wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Fairness globaler gelebt werden müssen. Globalisierung findet schon seit Jahren statt. Als vor fünf Jahren im Billiglohnland Bangladesh ein Hochhaus einstürzte, das hunderte, teils kindliche Näherinnen unter sich begrub, da hatten wir für kurz das schlechte Gewissen gespürt, dass unsere mit westlichem Fleiß getränkten T-Shirts uns zu Tätern dieser einseitig vollzogenen Globalisierung machten. Fünf Jahre später erfreuen wir uns noch immer über die 10-Euro-Schnäppchen beim Massendiscounter oder auch auch am Bozner Samstagmarkt. Geiz ist geil! Abends am Stammtisch, gerne auch als Salto-Kommentar, hauen wir es wieder raus: böse Globalisierung und dass man unsere (sic!) Ängste da schon verstehen müsse.

Nicht Merkels „Wir schaffen das“ hat uns Libyen, Ägypten, Syrien, IS, Jemen, ... beschert, sondern der übersteigerte Fokus auf Innenpolitik der vorausgegangenen Jahre.

Es ist eben der Neoliberalismus, die bösen Konzerne, die hörigen Staatsapparate, die Finanzwelt, heißt es dann, die unsere Ängste befeuern. Ängste, dass unsere Renten nicht mehr sicher sein könnten. Dabei sind es genau die Aktienfonds, derer sich unsere Rentensysteme bedienen, getarnt in schönen Namen wie Riester-Rente oder Pens-Plan. Und es sind die Aktienfonds, die der Aktionärsgemeinschaft jene denkwürdige Anonymität verleihen, die Konzerne gewissenlos in Geißelhaft nimmt. Ohne globalen Raubbau wären unsere westlichen Pensionsabsicherungen schon lange zusammengebrochen. Als 2008 die Banken mit öffentlichen Geldern gerettet worden sind, wurden wohl auch die Pensionen gerettet. Wie man sich bettet, so liegt man, liebe Lega wählenden Renterinnen.

Gewissenhafte Politik folgt dem ausgleichenden Prinzip „buon padre di famiglia“. Bleibt die Frage, wer diese Familie denn sei. Wenn Seehofer die Grenze in Kiefersfelden schließt (schützt?), ist seine Familie Franken, Bayern, Deutschland, Europa, die Weltgemeinschaft? Ist „Bayern first“ gewissenhafte Politik in einer sich globalisierenden Welt? Folgt man den (meist national ausgerichtetet) Medien, ist gute Politik in erster Linie Innenpolitik. Merkel, die angeblich mächtigste Frau der Welt, wird für alles mögliche kritisiert. Aber dass in ihre lange Amtszeit der erst hoffnungsvolle, auch westlich befeuerte Arabische Frühling fiel, der auch durch das konzeptlose Versagen der westlichen, ich meine unserer, Politik komplett implodierte, dafür wird sie nicht verantwortlich gemacht. Nicht ihr „Wir schaffen das“ hat uns Libyen, Ägypten, Syrien, IS, Jemen, ... beschert, sondern der übersteigerte Fokus auf Innenpolitik der vorausgegangenen Jahre. Weil Menschen aufbringt, was die nationalen Medien von sich geben. Weil Politiker sich an dem orientieren, was die Menschen aufbringt.

Was heute die Menschen aufbringt, das wissen wir nur zu gut: die Flüchtlingskrise, bei der das „Krise“ mehr herbei beschworen wird, als es tatsächlich eine ist. Es nimmt also die „Krise“ den öffentlichen Raum ein. O-Ton: Wie können wir weiterhin Täter der Globalisierung bleiben, ohne deren ungewollten Auswirkungen auf unserem alten, christlichen Kontinent auch nur sehen zu müssen? Wir phantasieren von schützenden Regionalkreisläufen, gar von Regionalgeld und exportieren päpstliches Verhütungsverbot in überbevölkerte Gegenden, überschwemmen mit aus der Mode gekommenen Bangladesh-Klamotten „karitativ“ den afrikanischen Textilmarkt. Wir fühlen uns chic und polyglot, wenn wir im Sushi-Restaurant geschickt mit zwei Stäbchen die mit Reis umrollten Fischspezialitäten einnehmen, die möglichst frisch aus leerfischenden Grundnetzen vor afrikanischen Küsten geliefert werden. Tunfisch, nur das Filet kommt frisch aus der Dose auf den herzhaften Sportlersalat. Ich weiß nicht, ob wir Fischmehl als Hühnchenteilchen zurückschicken. Wir haben uns auf den Genuss der Petti di Pollo verlegt. Da muss schließlich auch der Rest der Giggerlen wohltätig zu Geld gemacht werden. Billigst in der Sahel-Zone. Aber ich weiß, dass wir über die EU unendlich wettern können, ohne uns an derer größtem Brocken, dem Agrarhaushalt, ernsthaft zu stören. Schließlich ist europäisches Milchpulver ein Segen für den Export in die hungernde Welt und ein Volltreffer unseres CO2-Managements.

Wir können uns nicht davor verschließen, dass mit der Globalisierung ausgleichende Gerechtigkeit einkehren wird.

Wenn jetzt unter österreichischem EU-Vorsitz eine Europa-Afrika-Konferenz etwas bescheidener ausfällt, als großspurig angekündigt, wenn Frau Merkel die deutschen Wirtschaftsbosse in die wohlhabenderen der afrikanischen Staaten schleppt  (ausnahmsweise um keine Rüstungsdeals einzufädeln), wenn der deutsche Entwicklungsminister einen „Marshall-Plan mit (statt für) Afrika“ fordet, dann mag sich das als Hoffnungsschimmer medial verkaufen lassen. Es zeigt aber auf, dass die EU noch immer nicht legitimiert worden ist, „buon padre di famiglia“ zu sein, der sich halt auch einmal mit den Nachbarskindern auseinanderzusetzen hat, anstatt das gemeinsame Spielen mit den Nachbarskindern zu verbieten. Wo bleibt eigentlich die nächste Mittelmeeranrainerkonferenz?

Gewiss, wir können Afrika nicht erneut kolonialisieren, auch nicht im Wettbewerb mit China. Wegen all der Korruption können wir auch schwerlich mit den afrikanischen Ländern auf demokratischem Weg zusammenarbeiten. Korruption ist ein gewaltiges Thema. Sie ist aber nicht auf Afrika beschränkt. Wir erleben sie bei der Osterweiterung der EU, den Balkanländern und auch die westlichen EU-Gründungsstaaten sind nicht davor gefeit. Trotzdem  können wir uns nicht davor verschließen, dass mit der Globalisierung ausgleichende Gerechtigkeit einkehren wird. Wenn wir sich nicht selbst gestalten, wird sie sintflutartig über uns einbrechen. Vor Diktatoren flüchten Millionen. Vorm Klimawandel werden es Milliarden sein. Wenn heute Salvini hilflosen Schlauchbooten das Anlanden feindlich verweigert, sollten wir uns auf die feindliche Zubetonierung des Mittelmeers zum Landweg gefasst machen. 

Afrika und Europa sind zwei wunderbare und im Prinzip reiche Kontinente. Außer den von Menschen gemachten Gründen, gibt es keinen einzigen Grund, warum die beiden Kontinente nicht allen ihren Bewohnern ausreichend Nahrung, ausreichend Würde geben könnten. Wenn nicht jeder Kontinent für sich, dann eben gemeinsam.

Ich weiß schon, viele der Leser zweifeln immer noch an der europäischen Integration. Lasst euch gesagt sein: Wer die Zeichen der Zeit verstanden hat, würde nicht mit vermeintlicher Flüchtlingssymptombekämpfung das bissel EU, das wir heute haben, kaputt reden. Vielmehr würde er heute bereits ernsthaft an der Europäisch-Afrikanischen-Union arbeiten. Padre und Madre müssen die zwei Kinder schon gemeinsam großziehen.

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Karl Trojer Di., 04.09.2018 - 11:12

Interessant der Gedanke einer Europäisch-Afrikanischen Union ! Derzeit wäre schon viel erreicht, wenn Europa wesentlich mehr in eine nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Staaten investieren und das Zahlen von Korruptionsgeldern zur Ausbeutung dieses Lebensraumes strafrechtlich verfolgen würde.

Di., 04.09.2018 - 11:12 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Do., 06.09.2018 - 20:34

Benno, in diesem deinen Beitrag bleibe ich bereits am zweiten Absatz hängen: Da erlaubst du dir den Satz „Als 2008 die Banken mit öffentlichen Geldern gerettet worden sind, wurden wohl auch die Pensionen gerettet. Wie man sich bettet, so liegt man, liebe Lega wählenden Rentnerinnen.“ Deine Ausführungen bezüglich Finanzspekulationen und Rentenkassen überfordern bereits mich, geschweige dem die „Lega wählenden Rentnerinnen“. Meine Frage: wen wählen denn – deiner Ansicht nach – die deutschsprachigen Südtiroler Rentenrinnen? Mich wundert´s nicht, wenn alte Menschen oft auf populistische Parolen hereinfallen; die linken oder mitte-linken Parteien scheinen sich ja nicht um die Rentnerinnen zu kümmer! Beispiel der anlaufende Wahlkampf, mit dem ich mich in meinen Beitrag (https://www.salto.bz/de/article/12082018/engagement-gegen-kaufkraftverl…) schon beschäftigt habe.

Do., 06.09.2018 - 20:34 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 06.09.2018 - 21:11

Antwort auf von Sepp.Bacher

Sepp, ob deutsch- oder anderssprachig, keine Ahnung. Bei interviewten Legawählern hört man immer wieder Pensionisten, die (vermutlich berechtigte) Angst vor Rentenverlust haben und dies mit Neoliberalismus und Globalisierung begründen. Meiner Meinung nach gehören aber eben die Pensionskassen zu den größten Kunden der aggressivsten Aktienspekulanten. Unser Pensionssystem ist somit eine der pervertiertesten Auswüchse des von selbigen verfluchten Neoliberalismus, und somit jeder Pensionist ungewollt Teil des Spiels, dessen sich Konzerne beugen (müssen). Wenn also Lega und/oder m5s darauf pfeifen, wie die "Märkte" auf ihr Vorhaben reagieren, dann werden auch die Rentner das Resultat zu spüren bekommen, ober weder Neoliberalismus noch Globalisierung die Verursacher waren.

Do., 06.09.2018 - 21:11 Permalink
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Christian Mair Do., 27.09.2018 - 11:12

Antwort auf von Benno Kusstatscher

@BennoKusstatscher
Stichwort Pensionsversicherung
Historisch betrachtet ist es aber so, dass das gesetzliche Umlageverfahren bestehend seit 1920 im INPS zurückgedrängt wird. Durch Liberalisierungsbestrebungen wird unterstützt durch öffentliche Subventionen die Vorsorge zur privaten Sache erklärt und auf den Finanzmarkt geschickt. Ein gewisser Oskar Peterlini legt sich noch heute Lorbeerblätter auf das Haupt für diese Errungenschaft.
Selbst Konservative wie Norbert Blüm (CDU - ehemaliger Bundesarbeitsminister) erkennen: Die Riesterrente ist die Rente für die Bessergestellten.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-sendungen/videos/norbert-bluem-kri…

Do., 27.09.2018 - 11:12 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 27.09.2018 - 14:23

Antwort auf von Christian Mair

Einverstanden mit der Erkenntnis, Christian. Nur hat das eher weniger mit Liberalisierungsbestrebungen (etwa im amerikanischen Sinne) zu tun, sondern schlicht damit, dass die öffentliche Hand nicht mehr wusste, wie die Pensionen sonst zu finanzieren wären. Die Bürger wurden nicht liberal ermächtigt, sondern ein ungelöstes Problem wurde auf sie abgewälzt. Wie man hört, steht Österreich da besser da.

Do., 27.09.2018 - 14:23 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 06.09.2018 - 20:56

Danke für den Schüler. Man lernt übers Leben ein Leben lang. Soll jung halten. Den Verweis auf das päpstlich angeordnete Verhütungsverbot hast du wohl überlesen (natürlich ist armutsbedingte Geburtenexplosion ein Problem), aber es gibt bestimmt auch noch andere Probleme auf dieser Welt, die im Aufsatz nicht angerissen wurden. sorry. Utopie könnte ich stehen lassen, wenn der Begriff der Union etwas ganz bestimmtes definieren würde, aber da will ich den persönlichen Gedankengängen nicht vorgreifen...

Do., 06.09.2018 - 20:56 Permalink
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Karl Trojer Do., 13.09.2018 - 10:42

Lieber Benno, Deine Darlegung "Afrika und Europa sind zwei wunderbare und im Prinzip reiche Kontinente. Außer den von Menschen gemachten Gründen, gibt es keinen einzigen Grund, warum die beiden Kontinente nicht allen ihren Bewohnern ausreichend Nahrung, ausreichend Würde geben könnten. Wenn nicht jeder Kontinent für sich, dann eben gemeinsam." erscheint mir als ein sehr wertvoller Beitrag für künftige europäische Politik ! Nicht teilen kann ich Deine Überlegungen zu Finanzen und Pensionen. Für mich nicht geht es nicht darum, welcher Mittel und Tricks sich die rechtlich narrenfreie, globalisierte Finanzspekulation bedient, sondern dass diese selbst der Hauptgrund des zunehmenden Auseinanderklaffens zwischen extrem reich und arm ist und vorrangig auch die ärmeren Staaten Afikas schädigt. Diesem globalen, freien Finanzmarkt gilt es rechtsstattlich Grenzen zu setzen.

Do., 13.09.2018 - 10:42 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 13.09.2018 - 11:54

Antwort auf von Karl Trojer

Karl, anscheinend ist mir nicht geglückt, anhand des Beispiels das grundlegende Problem zu beschreiben: Es wird dieser Tage vielfach Verständnis für die Ängste der Bewohner der wohlhabenen Länder gefordert. Der Mythos geht um, als wären die Europäer Globalisierungsopfer. Dabei sind sie/wir, zuerst auf der Gewinnerseite und leider zu großem Teil Globalisierungstäter, und zwar jeder von uns, durch unser Konsumentenverhalten, durch die Art, wie wir - jeder von uns - direkter oder indirekter am Finanzmarkt partizipieren, und auch durch die Themen, die wir in die gesellschaftliche Debatte zwingen bzw. denen wir erlauben, von anderen Themen (meist sehr belanglosen Innenpolitiksachen oder letztlich inhaltsleeren Flüchtlingsdebatten) in den Schatten gestellt zu werden. Mit Verweisen auf diesen anonymen und abstrakten Finanzmarkt oder auf neoliberal entfesselten Konzernen die Verantwortung abzuschieben, halte ich für grobes Foulspiel. Globalisierung konstruktiv und fair zu gestalten, beginnt bei jedem Einzelnen. Ich stelle keine moralischen Ansprüche, sondern verweise auf die Erkenntnis, dass Gerechtigkeit vor keinen Grenzen mehr halt machen wird. In den 80er Jahren war individuale Mitverantwortung noch groß geschrieben, heute spielt sie in der öffentlichen Debatte überhaupt kein Rolle mehr. Kollektive Opfererzählung ist trendy.

Do., 13.09.2018 - 11:54 Permalink
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Karl Trojer Fr., 14.09.2018 - 11:25

Lieber Benno, einverstanden mit der " individuellen Mitverantwortung" . Der Umstand, dass eine sehr kleine Minderheit über den allergrößten Teil des Welt-Vermögens verfügt, kann aber nicht durch individuelles Handeln verändert werden, dazu braucht es politisch ausreichend mächtige Strukturen, die eben der Finanzspekulation dieser Leute, zumindest im EU-Raum, Einhalt gebieten. Und es erscheint mir wichtig, im Begriff "Wirtschaft" zwischen Finanzwirtschaft und Realwirtschaft zu unterscheiden, zumal beide ganz unterschiedliche Methoden und Ziele haben und derzeit unter dem Einheits-Begriff "Wirtschaft" die Finanzwirtschaft die Realwirtschaft vor sich hertreibt, und sie als Feigenblatt missbraucht.

Fr., 14.09.2018 - 11:25 Permalink
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Benno Kusstatscher Fr., 14.09.2018 - 11:48

Antwort auf von Karl Trojer

An der Spitze dieser besitzenden Minderheit stehen Gründer von Startups, nennen wir sie Amazon, Google, Facebook und in zeitlich weiterem Sinne auch Apple. Wer, wenn nicht individuelles Konsumentenverhalten hat sie dorthin katapultiert?

Einverstanden mit der Wirtschaft. Aber auch die Finanzwelt wird vor jemanden hergetrieben. Anlagefonds, Versicherungen, Pensionsversicherungen, ... deren Kunden letztlich Du und ich sind, genau so wie unsere Gemeinschaft, also der Staat, es ist.

Fr., 14.09.2018 - 11:48 Permalink
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Karl Trojer Mi., 19.09.2018 - 10:28

Gestern berichtete "arte" vom Bankenriesen HSBC (London, Hongkong). Erschreckend was da an finanzieller Machtkonzentration abläuft (180 Mrd € Jahresgweinn in Steueroasen abgesichert), und wie arrogant solche Finanzriesen ängstliche Politiker vor sich hertreiben. Es geht nicht darum, ob auch einzelne BürgerInnen deren Finanzvermögen über ihre Pensionskassen mitfinanzieren, sondern darum, welche Ziele diese Finazwelt schonungslos verfolgt. Im Intervieuw hatte eine Politikerin die Überzeugung geäußert, dass die Politik sehr wohl der Finanzwelt Grenzen setzen kann, sofern sie das auch will !!! Mit dem Brexit muss sich die EU diesbezüglich neu und zielführend für diese Grenzen engagieren !

Mi., 19.09.2018 - 10:28 Permalink
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Christian Mair Mo., 24.09.2018 - 19:32

Einerseits nimmst du die Globalisierung als unumkehrbaren Prozess quasi Glaubenssatz wahr, der den Menschen auf lange Sicht Gerechtigkeit bringen wird. Andererseits zeigst du im Artikel viele Widersprüche auf, die der Neoliberalismus mit sich bringt wie Bankenkrise, verfehlte Finanz-, Handels-und Agrarpolitik, etc.
Ergänzen könnte man diese Schattenseiten mit Untergang der Volksparteien (z.B. Italien: PD und DC), dem Risiko des Zusammenbruchs der liberalen Demokratie und Überwachung und dem Abhängen von gesellschaftlicher Teilhabe von Teilen der Bevölkerung.

Entscheidend scheint mir zu sein, dass die Flüchtlingsdebatte durch die genannten Rattenfänger den Blick auf Lösungen der genannten Probleme verdeckt und die Regierenden es nicht schaffen den Fokus darauf zu lenken. Liegt die Verantwortung dafür tatsächlich bei Salvini und Co., dass dieser Prozess nicht eingeleitet wird?

Die Debatte über einen kommunitaristischen also nationalen/regionalen oder einem internationalistischen Lösungsansatz muss aber jenseits von Nationalismus und rechtem Isolationismus betrachtet werden. Es gibt bisher nunmal weder eine Afrika-Europa-Union, noch eine funktionierende und demokratisch legitimierte EU. Der Nationalstaat kann als gewachsene Bastion und kollektive Handlungsperspektive wahrgenommen werden. Moralische Verantwortung auf die individuelle Engagement abzuwälzen wird jedenfalls nicht ausreichen. Muss der NAtionalstaat überwunden werden? ODer kann man ihn reformieren?

Das Prinzip einer föderalen Autonomie innerhalb einer Republik wie es in Südtirol zumindest teilweise umgesetzt ist könnte hier einen progressiven Handlungsansatz bieten, der Interessensausgelich auf höherer Ebene und lokale demokratische Kontrolle verbindet.

Die gute Nachricht: Viv la republique europenne!
Am 10.11.18 um 16 Uhr wird die europäische Republik ausgerufen.
https://europeanbalconyproject.eu/en/manifesto

Mo., 24.09.2018 - 19:32 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Mo., 24.09.2018 - 20:25

Antwort auf von Christian Mair

Ob Neoliberalismus schlecht, oder nur schlecht gemanaged ist, dahingestellt. Jedenfalls war unsere Welt schon in den 1930er Jahren genügend globalisiert, um eine internationale Finanzkrise auszulösen. Die Frage, ob die Einheizer (Salvinis), die Nacheiferer (Söders), die Dulder (Kurzs) oder die Unbedarften (Di Maios) Schuld haben, ist schon interessant. Letztlich verhindern alle diese Gruppen, dass die Probleme ordentlich debattiert und angegangen werden. Ich habe aber weder die Volksparteien noch die liberale Demokratie aufgegeben. Sobald man sich wieder den konstruktiven Lösungen zuwendet, kommen die beide wieder. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Nationalstaat die Mühe lohnt, ihn zu retten. Kann er doch weder mit Globalisierung, mit Neoliberalismus noch mit Rattenfängerei lösungsorientiert umgehen. Vielleicht sind die derzeitigen Schwierigkeiten ja letztlich der sträubenden Nichtüberwindung derselben geschuldet. Vive le republique mondial, aber die europäische wär schon einmal ein guter Anfang.

Mo., 24.09.2018 - 20:25 Permalink