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Gratis-Skipässen auf der Spur

Fahren Ordnungshüter in ihrer Freizeit gratis Ski? Zumindest nicht auf Kosten der Steuerzahler, erklärt Landesrat Florian Mussner.
Skilift
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Die Wogen in den sozialen Netzwerken gingen hoch als Sven Knoll Ende November ein Dokument verbreitete, das ihm, wie er sagt, zugespielt worden sei. Der Kommandant der in St. Wolkenstein in Gröden stationierten Carabinieri wendet sich darin mit eine Bitte an den Geschäftsführer der Seis-Seiser Alm Bahn AG, die Sven Knoll als “unverschämt” bezeichnet. Der Carabinieri-Kommandant fordert eine “angemessene Anzahl an Saisons-Skipässen” für die Wintersaison 2018/2019 – und zwar für seine Carabinieri und deren Familienangehörigen.

“Fiduciosi nell’accoglimento della presente richiesta, si ringrazia e si porgono distinti saluti”, schließt der Comandante.
“Die Carabinieri bekommen einen normalen Lohn für ihre Arbeit, weshalb derartige Forderung für sich und auch noch für Familienangehörige völlig ungerechtfertigt und unverfroren sind”, schimpfte Sven Knoll und kündigte an, mittels Anfrage im Landtag nachforschen zu wollen, “ob es derartige Forderungen auch in anderen Skigebieten gegeben hat und welche Vergünstigungen den Carabinieri (und deren Familien) sonst noch auf Kosten der Steuerzahler gewährt werden”.

Doch jemand ist Sven Knoll zuvor gekommen. Offenbar hat auch Ulli Mair vom Schreiben des Carabinier-Kommandanten Wind bekommen. Am selben Tag als Knoll das Papier öffentlich verbreitet – es war der 28. November 2018 –, reicht die Freiheitliche Landtagsabgeordnete selbst eine Landtagsanfrage ein. Und während von Knolls Anfrage in der Datenbank des Landtages noch jegliche Spur fehlt, hat Mair bereits eine Antwort bekommen.

Von Mobilitätslandesrat Florian Mussner, der auch für die Aufstiegsanlagen zuständig ist, wollte Mair unter anderem wissen, ob der Landesregierung Kenntnisse vorliegen, welche Personengruppen der Streit- und Polizeikräfte sowie Personen der Justiz und Parlamentarier kostenlose Skipässe für sich selbst und die Familienangehörigen in Südtirol enthalten. Außerdem wollte sie in Erfahrung bringen, wer diese kostenlosen Skipässe gewährt und wer die anfallenden Kosten übernimmt. Und nicht zuletzt, ob die Skigebiete in Südtirol dazu verpflichtet sind, besagten Personengruppen und deren Familien kostenlose Skipässe zu gewähren – und falls ja, weshalb.

 

Gratis-Skipässe nur im Einsatz

In seiner Antwort teilt Landesrat Mussner mit, dass der Landesregierung keine Kenntnisse vorlägen, ob die von Mair aufgelisteten Personengruppen kostenlose Skipässe erhalten. Auch, ob Familienmitglieder Gratis-Skipässe erhielten, entziehe sich seiner Kenntnis, so Mussner. Und zwar aus einem nachvollziehbaren Grund: “Bei den Betreibern von Seilbahnanlagen zu sportlichen und touristischen Zwecken handelt es sich ausschließlich um private Gesellschaften. Es ist ihnen freigestellt, kostenlose Skipässe auszugeben. Die Landesverwaltung kann die Betreiber nicht zur Herausgabe dieser Daten verpflichten.”

Auf Kosten der Steuerzahler gehen die Carabinieri – anders als von Sven Knoll vermutet – also nicht auf die Piste. “Sollten eventuelle Kosten entstehen, trägt dieselben ausschließlich der Betreiber”, unterstreicht Florian Mussner. Und präzisiert: “Für die Betreiber von Seilbahnanlagen gibt es keine Verpflichtungen, den besagten Personengruppen kostenlose Skipässe zu gewähren, es sei denn sie sind aus dienstlichen Gründen im Einsatz”. Abschließend schickt der Landesrat nach: “Die Einsatzkräfte der Carabinier, der Polizei, der Alpini und der Finanzwache sind im Großteil der Skigebiete im Einsatz und leisten einen wertvollen Beitrag auf den Skipisten für die Rettung, die Erhebung von Unfällen und die Bewahrung der öffentlichen Sicherheit.”

 

Wedelt sonst wer gratis?

Ist das Kapitel Gratis-Skipässe damit abgeschlossen? Beileibe nicht. Denn ebenfalls am 28. November reicht auch das Team Köllensperger eine Landtagsanfrage zum Thema ein. Ihnen sei zu Ohren gekommen, dass einige Forstwachen im Land Gratis-Saisons-Skipässe erhielten, schreiben Paul Köllensperger und Maria Elisabeth Rieder. Falls dem so sei, wollen die beiden Landtagsabeordneten wissen, wieviele dieser Gratis-Skipässe in den vergangenen fünf Skisaisonen ausgegeben wurden – und an wen genau.

Außerdem fragen Köllensperger und Rieder – dieses Mal bei Landesrat Arnold Schuler – nach, ob dieses Gebaren nicht Art.5 des geltenden Verhaltenskodex des Landespersonals verstoße. In Komma 1 heißt es dort: “Wir erbitten weder für uns noch für andere Geschenke oder sonstige Vorteile, noch fordern wir solche ein. Wir nehmen weder für uns selbst noch für andere Geschenke oder sonstige Vorteile an, mit Ausnahme jener gelegentlicher Art und geringfügigen Wertes, die im Rahmen des höflichen Umgangs üblich sind.”

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Christoph Moar Mi., 12.12.2018 - 19:58

Die Grenze zwischen "Vorteilnahme" und "legitim" ist schmal. Sehr schmal sogar: Als ich vor vielen vielen Jahren für den größten Rettungsverein des Landes aktiv war und in meiner Freizeit Pistendienst auf einem Südtiroler Skigebiet leistete, holte man sich an der Kasse die Freikarten (Tagespässe) für den Pistendienst.

Die Sektion selbst aber erhielt vom Skigebiet freundlicherweise eine überschaubare Anzahl von Saisonsfreikarten, zur freien Verwendung der Freiwilligen und ihrer Lebenspartner. Der Deal war: die Freiwilligen leisten in ihrer Freizeit Dienst, dafür dürfen sie ab und an, auch mit Partnern oder in einer Gruppe, "normal" Skifahren gehen, nicht in Dienst. So verkehrt fand ich die damalige Regelung nicht, und die Spendierhosen des Skigebiets haben wir hochleben lassen.

Ob das hier hingegen ein völlig anders gelagerter Fall ist, darf und soll jeder für sich selbst beurteilen. Ich hab dafür ein bisschen zuwenig Informationen.

Mi., 12.12.2018 - 19:58 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 12.12.2018 - 21:31

In meiner aktiven Journalistenzeit ist mir eine kostenlose Dolomiti-Superski-Saisonkarte angeboten worden. Ich habe nicht dankend, sondern entrüstet abgelehnt, weil ich als Journalist Geschenke, die über eine Flasche Wein hinausgingen, grundsätzlich nicht angenommen habe. Andere Kollegen waren da weniger skrupellos und sind es heute noch weniger. Manche glaube, dass ihnen gewisse Privilegien einfach zustehen, und in dieser Beziehung stehen die Carabinieri noch einmal eine Kategorie über den Journalisten.

Mi., 12.12.2018 - 21:31 Permalink
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Sylvia Rier Do., 13.12.2018 - 09:14

Ich verstehe das Problem nicht: die Liftbetreiber- und -gesellschaften können doch wohl selbst entscheiden, wem sie und warum Gratis-Skipässe zur Verfügung stellen? Soll darüber jetzt die Landesregierung entscheiden - oder wie? Ganz selbstlos bzw. aus schierer Großzügigkeit werden die Pässe wohl eh nicht vergeben werden, was ja auch der Kommentar des Herrn Staffler oben bestätigt (und bei der Gelegenheit Chapeau an ihn, dass er sich als Journalist nicht vereinnahmen ließ!)

Do., 13.12.2018 - 09:14 Permalink