“Es hätte nur die Schneid gebraucht”
Die Entscheidung des Ost West Club, sich aus dem Projekt “Bersaglio” zurückzuziehen, sorgt in Meran für Furore. Jahrelang zogen sich die Verhandlungen um das historische Gebäude in der Nähe des Meraner Lido hin, das Merans größtem Kulturverein eine neue, angemessene Bleibe bieten sollte. Am Mittwoch verkündet der Ost West Club schließlich: Wir ziehen einen Schlussstrich unter das Kapitel. Noch am selben Tag bezieht Bürgermeister Paul Rösch Stellung. Er habe alles mögliche versucht, um die beiden Sportclubs SCM Meran und ASM Merano zu einer Lösung zu bewegen, “die für alle Beteiligten akzeptabel ist”. Nun aber sieht Rösch die Verhandlungen gescheitert.
Den schwarzen Peter für das Aus des Projekts “Bersaglio” – auf rund 500 Quadratmetern hätte dort eine Begegnungsstätte für Kultur und Sport entstehen sollen –, will man sich beim Sportclub Meran nicht zuschieben lassen. “Es hätte nur die Schneid gebraucht, zu sagen, ja, das ziehen wir jetzt durch”, sagt SCM-Präsident Karl Freund. Für ihn ist die Tatsache, dass das Bersaglio-Projekt geplatzt ist, “eine politische Entscheidung”.
salto.bz: Herr Freund, woran sind die Verhandlungen zwischen den beiden Sportclubs gescheitert?
Karl Freund: Um die ganze Thematik zu verstehen, muss ich etwas ausholen. Der Sportclub Meran hat die besagte Immobilie 2012 vom Land geschenkt bekommen. Mit der Auflage, dass eine angemessene Fläche dem anderen Meraner Sportverein, dem ASM Merano, zur Verfügung gestellt werden muss. 2015 wurden wir vom Bürgermeister gefragt, ob wir zusammen mit dem Ost West Club etwas aus der Liegenschaft machen wollen. Unsere Idee war folgende: Da wir kein Geld für den Umbau des Bersaglio haben, vermieten wir der Gemeinde auf mehrere Jahrzehnte zwei Drittel des Gebäudes, die sie dem Ost West Club zur Verfügung stellen kann. Die Miete zahlt die Gemeinde im Voraus, um das Gebäude herrichten zu können. Laut unseren Berechnungen wären es 1,5 Millionen Euro gewesen.
Bürgermeister Rösch spricht von einem “erheblichen finanziellen Beitrag”, den die Gemeinde zur Sanierung und Adaptierung des Gebäudes hätte leisten würden.
Es wäre kein Beitrag, sondern die Bezahlung einer Dienstleistung, die uns die Gemeinde überweisen würde. Im verbleibenden Drittel des Gebäudes hätten wir auch den ASM untergebracht. Aus einem juridischen Gutachten ging dann hervor, “zur Verfügung stellen” bedeutet nicht Eigentumsübertragung, sondern ist nur in Form einer Leihgabe möglich. Für maximal 99 Jahre.
Laut meinen Informationen hätte der Bürgermeister die Mehrheit im Stadtrat gehabt, das durchzuziehen.
Und das war der Knackpunkt in den nun gescheiterten Verhandlungen?
Wir haben dem ASM dieses Angebot gemacht: Wir stellen euch für 99 Jahre eine angemessene Fläche zur Verfügung. Dieses Angebot haben sie abgelehnt und gesagt nein, wir wollen ein Eigentum haben. Weil ihnen das versprochen worden sei. Dazu muss man sagen, dass der ASM damals, zum Zeitpunkt der Schenkung, wirklich schlecht untergebracht war. Mittlerweile aber hat er kostenlos von der Gemeinde einen Sitz bekommen. Die Voraussetzungen heute sind also ganz andere. Daher verstehe ich auch, dass sie sagen, uns interessiert es nicht, irgendwo untergebracht zu werden, sondern dass sie ein Eigentum wollen. Bei x Treffen, auch mit dem Land und der Gemeinde wurde dann geklärt: Eine Eigentumsübertragung ist nicht möglich. Nun gut, was sollen wir also tun?
Was haben Sie getan?
Wir haben gesagt: Liebe Gemeinde, jetzt übernimmt der Bürgermeister den Fall. Jetzt musst du, Bürgermeister, eine Entscheidung treffen: Führen wir das Projekt weiter oder nicht? Es brauchte eine politische Entscheidung, denn auf einem anderen Weg sind wir ja nicht weitergekommen. Der Ost West Club wollte endlich Klarheit haben. Und auch wir haben gesagt, wir wollen wissen, wie es weitergeht. Denn das Gebäude ist mittlerweile in einem sehr sehr schlechten Zustand.
Bürgermeister Rösch sieht seine Rolle in der Sache als “Moderator”.
Er wollte im Jänner noch ein weiteres Treffen machen. Aber wir haben gesagt, das bringt nichts, die Runde hatten wir schon, ohne dass wir zu einem Ergebnis gekommen wären. Es muss einfach der Bürgermeister eine politische Entscheidung treffen. Und heute (gestern, Anm.d.Red.) hat der Bürgermeister eben so entschieden.
Wir schauen nicht auf deutsch-italienisch, sondern auf den Sport.
Sie sagen, es war eine politische Entscheidung. Der Bürgermeister beharrt darauf, dass die Gemeinde “nur als Vermittler fungieren” könne. Der Ball liege bei den beiden Sportclubs, während die Gemeinde keine Möglichkeit habe, eine Lösung zu erwirken. Sie sehen das anders?
Ich sehe das anders. Die Gemeinde muss die Entscheidung treffen: Macht sie das oder macht sie das nicht? Denn wir haben dem ASM ein Angebot gemacht, sie haben es abgelehnt und wir haben gesagt, na gut, dann geben wir das Bersaglio eben trotzdem weiter. Denn was soll ich den tun, wenn der ASM sagt, nein, ich will ein Eigentum haben? Es hätte nur die Schneid gebraucht, zu sagen, ja, das ziehen wir jetzt durch.
Diese Schneid hat der Bürgermeister in diesem Fall nicht gehabt?
Ich sehe es einfach so: Es war eine politische Entscheidung. Laut meinen Informationen hätte der Bürgermeister auch die Mehrheit im Stadtrat gehabt, das durchzuziehen. Ich sitze ja auch im Gemeinderat, von wo aus ich das Ganze auch mitverfolge.
Das Bersaglio ist ein schönes, erhaltenswertes Gebäude und wir haben jetzt dreieinhalb Jahre verloren.
Können Sie sich erklären, warum die Entscheidung so ausgefallen ist – und nicht im Sinne derer, die das Projekt “Bersaglio” angehen wollten, sprich Ost West Club und Sportclub Meran?
Ich vermute einfach, dass, egal welche Entscheidung man trifft, es immer jemanden gibt, der es einem übel nimmt. Wenn man die Entscheidung nicht im Sinne des ASM durchzieht, könnten die sagen, das ist nicht richtig. Und vielleicht wird das Ganze zu einem Politikum.
Weil sich mit dem ASM ein “italienischer” Sportverein gegenüber einem “deutschen” benachteiligt sieht?
Genau. Wobei ich sagen muss, dass man diese ethnische Komponente weglassen müsste. Denn von 3.200 Mitgliedern, die wir als Sportclub Meran haben, sind etwa 800 Italienischsprachige. Wir haben drei italienische Sektionsleiter. Wir schauen nicht auf deutsch-italienisch, sondern auf den Sport. Das muss in unsere Köpfe einfach auch mal hineingehen, dieses Ethnische auszublenden. Dann würde man sich leichter tun, eine solche Entscheidung zu fällen. In meinen Augen ist das jedenfalls eine politische Entscheidung, die jetzt getroffen wurde. Schade für Meran. Das Bersaglio ist ein schönes, erhaltenswertes Gebäude und wir haben jetzt dreieinhalb Jahre verloren. Bis wir nun eine andere Lösung finden, könnte es zusammenfallen. Schade ist es auch, weil aus dem Gebäude ein richtig schönes Zentrum für Kultur und Sport geworden wäre.
Sie haben den Stadtrat angesprochen. Dort sitzen auch Vertreter Ihrer Partei, der SVP. In deren Reihen hat man letzthin darauf gedrängt, endlich einmal Tatsachen zu schaffen. Die Volkspartei hätte das angedachte Projekt “Bersaglio” also unterstützt?
Ganz genau, die SVP ist dahinter gestanden.
Könnte es deshalb sein, dass die Liste Rösch samt Grünen ihrem Koalitionspartner nicht überlassen will, das Bersaglio-Projekt im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen 2020 als Erfolg der SVP verkaufen zu können?
Das sei dahingestellt. Aber ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mich dazu nicht äußern will. Ich bin in diesem Moment der Sportclub-Präsident und nicht der Politiker Karl Freund. Als Sportclub-Präsident finde ich es schade. Denn das Projekt wäre eine einmalige Chance gewesen. Wären solche politischen Gedankenspiele da, muss man sie in solchen Entscheidungen einfach komplett weglassen. Man müsste sagen, wir tun etwas für die Vereine, wir tun etwas für Meran – und sich einfach getrauen, Entscheidungen zu treffen. Das ist nun passiert, der Bürgermeister hat so entschieden. Wie gesagt, es ist schade, aber es ist nur mehr zur Kenntnis zu nehmen. Und jetzt werden wir schauen, wie es weitergeht.
Es hätte nur die Schneid gebraucht, zu sagen, ja, das ziehen wir jetzt durch.
Gibt es bereits andere Pläne für das Bersaglio-Gebäude?
Zunächst wird es sicher leer bleiben. Vor einigen Jahren haben wir begonnen, mit privaten Investoren zu verhandeln, denen wir den Großteil des Gebäudes zur Verfügung stellen würden und im Gegenzug würden sie den Umbau übernehmen. Diesen Weg werden wir jetzt versuchen zu gehen. Aber das große Problem ist einfach, dass jetzt dreieinhalb Jahre lang nichts passiert ist und der Zustand des Gebäudes sich verschlechtert hat. Das erschwert alles zusätzlich. Ich wiederhole mich: Es ist sehr schade, für die Vereine und für Meran. Denn es ist einfach sehr viel Zeit vergangen, verschwendet worden.
Das Beste und Schönste am
Das Beste und Schönste am ganzen Interview ist das wunderbare Foto des Bersaglio vom Heimatschutzverein, den Rest an Herumgequassle kann man vergessen!
Antwort auf Das Beste und Schönste am von Richard Lang
....stimme der Feststellung
....stimme der Feststellung "Herumgequassle" voll und ganz zu. Nach soviel Verhandlungen ganz einfach nur der Politik den schwarzen Peter zuschieben, das ist einfach billig. Wer ein so wertvolles Geschenk wie das Bersaglio bekommt, der hat Verantwortung, sollte handeln und nicht quasseln. NB: der Bürgermeister hat gewissenhaft gehandelt und hat diesen untätigen Erben (Beschenkten) eines Meraner Kleinodes kein Geld nachgeworfen.
Warum braucht man einen
Warum braucht man einen "deutschen" und einen "italienischen" Sportverein, wenn eh ein Viertel der Mitglieder im deutschen Sportverein italienisch sind?
Warum bekommt der "deutsche"
Warum bekommt der "deutsche" Sportverein in einer Stadt, wo das Sprachgruppenverhältnis 50-50 ist, eine Landesimmobilie geschenkt und der "italienische" nicht ? Und darf das Land einfach so Liegenschaften verschenken ?
Antwort auf Warum bekommt der "deutsche" von Daniele Menestrina
Lieber Daniele, Geschenke und
Lieber Daniele, Geschenke und Erbschaften werden oft als ungerecht empfunden. Wenn dies noch dazu vom ehemaligen Landeshauptmann getätigt wird umso komplizierter wird es. Die Konstruktion der Schenkung war nicht klar und jetzt haben wir den Salat mit einer verfallenden Immobilie, eine Konfliktsituation zwischen zwei Sportvereinen, Ost west mit seinen Aktivitäten und Mitgliedern auf der Strasse und die Politik soll jetzt schuld sein. Vielleicht würde der ehemalige Landeshauptmann diese getätigt Schenkung jetzt doch anders formulieren.
Karl Freund ...der Mut hat
Karl Freund ...der Mut hat dem SCM gefehlt. Er hatte die einmalige Chance zusammen mit dem ASM ein die Sprachgruppen überwindende "Gebilde" im Bersaglio zu schaffen. Da hätte der Ost west gut gepasst. Nur auf Subventionen für ein erhaltenes Geschenk zu hoffen, diese Zeiten sind vorbei. Dem SCM hat hier eine Vision, ein Zukunftgedanke, ja Mut hat gefehlt, dies muß sich die SCM-Präsidentschaft als Vorwurf gefallen lassen.
Karl Freund ist, wie er
Karl Freund ist, wie er selbst andeutet, auch nicht frei von politischen Überlegungen. Es gelingt ihm nicht, diese abzulegen, obwohl er hier nur als Präsident reden will. Wie soll das gehen, wenn man auf beiden Seiten einen Stuhl stehen hat? Mein Eindruck: Der SCM wird in kleinkarierte stadtpolitische Geiselhaft genommen, dabei soll der Bürgermeister den schwarzen Peter zugeschoben bekommen.
Antwort auf Karl Freund ist, wie er von Johannes Kofler
Als Mitarbeiter und
Als Mitarbeiter und Vorstandsmitglied des ost west clubs möchte ich auch hier nochmal ganz klar unterstreichen, dass der Club sich zwar sicher nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen wird oder Schuldzuweisungen egal in welche Richtung aussprechen wird. Aber Fakt ist letztlich, dass wir uns mit dem SCM über durchaus einige Details bezgl. des Nutzungskonzepts einig waren, wir zudem die Finanzierung des Landes zugesichert bekommen haben und uns auch von Seiten der Gemeinde immer wieder erklärt und versichert wurde, dass nur noch einige wenige Dinge zu klären wären, damit der Beitrag auch von Seiten des Stadtrates bzw. Gemeinderates genehmigt werden könne. Die Finanzierung war also definitiv nicht das Problem. Warum es dann letztlich doch nicht auf den Weg gebracht wurde und bestimmte Fronten nicht aufzulösen waren, können wir leider auch nicht sagen.
Antwort auf Karl Freund ist, wie er von Johannes Kofler
Johannes Kofler . So ist es.
Johannes Kofler . So ist es. Da muss sich der SCM schon selbst an die Brust klopfen. Man bekommt ein stattliches Gebäude geschenkt und tut dann jahrelang nur parlieren und das Haus verfallen lassen. Der grossartige Präsident Walter Seibstock, selig, würde sich im Grab umdrehen wenn er sehen müsste was da passiert.
Antwort auf Johannes Kofler . So ist es. von 19 amet
....Habe leider den falschen
....habe leider den falschen Knopf gedrückt! Absolut einverstanden mit der Aussage von Amet, besonder stimme ich zu, dass unter einem Präsidenten Walter Seibstock wären gewisse Dinge mit mehr Weitsicht angegangen worden.
.... den Feststellungen von
.... den Feststellungen von Thomas Kobler ist nichts entgegen zu halten oder gar zu widersprechen. Ohne allerdings "Spekulationen" , wie er es nennt, auszusprechen, kann man aber trotzdem einiges als gegeben betrachten. Die Immobilie ist Eigentum des SCM, sie wurde vom ehemaligen Landeshauptmann mit einer Auflage geschenkt und der neue Eigentümer (SCM !!) hätte nun die Aufgabe gehabt, hier selbst Taten zu setzen und nicht "Schneid" von den Anderen (Gemeinde Meran ??) zu verlangen. Das unternehmerische Denken in Südtirol wird immer mehr in den Hintergrund geschoben, in diesem Falle geht es soweit, dass Vereine für eine Schenkung sich zusätzlich Subventionen erwarten. Eigene Ideen haben, diese realisieren, tatkräftig aktiv werden, ja dann wird eine Idee, ein Projekt, eine Vision auch von der Politik (Gemeinde und Land) unterstützt. Soweit meine Meinung. NB: Die Leidtragenden dieser Posse sind die Mitglieder des SCM, des ASM und des OST/WEST-CLUB.