Gesellschaft | Prostitution

Schlussstrich unter Strich?

Sollen die Bordelle in Italien wieder aufgesperrt werden? Die Freiheitlichen unterstützen die Forderung von Matteo Salvini: “Es braucht klare Auflagen und Richtlinien.”
Frau
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Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi wollte sich bereits vor zweieinhalb Jahren dafür einsetzen. Jetzt bringt Matteo Salvini die Thematik wieder auf den Tisch: Am gestrigen Donnerstag ließ der Innenminister mit der Aussage aufhorchen, die Bordelle wieder aufsperren zu wollen.

Seit den 1950er Jahren gilt in Italien ein Verbot für Freudenhäuser – das so genannte “Merlin-Gesetz”.
“Ero e continuo a essere favorevole alla riapertura delle case chiuse”, meinte Salvini am Donnerstag. In Südtirol hat der Innenminister dabei gleich Unterstützer gefunden. Der Freiheitliche Parteiobmann und Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber spricht sich dafür aus, an Österreich und Deutschland ein Vorbild zu nehmen. “Italien täte gut daran, das älteste Gewerbe der Welt schrittweise in legale Bahnen zu lenken”, meint Leiter Reber. Und: “Bordelle schützen vor Ausbeutung.”

Die Freiheitlichen sprechen sich seit Langem für eine Regulierung der Prostitution in Italien aus. “Die illegale, unregulierte Prostitution stellt spätestens seit dem Bordell-Verbot von 1958 ein in der Öffentlichkeit vieldiskutiertes Problemfeld dar”, schickt Leiter Reber nun in einer Aussendung voraus. Das Gros der Prostituierten sei “Opfer einer menschenunwürdigen Ausbeutung durch Zuhälter und Schleppern, oft in den Händen der Mafia oder ihr nahestehenden Strukturen”.

Ein Beweis, dass das bisherige Verbot nicht greife sei der “florierende Straßenstrich in den italienischen Städten”, so Leiter Reber. Er findet: “Eine der Zeit angemessenen Neuregelung nach österreichischem beziehungsweise deutschem Vorbild wäre in vielerlei Hinsicht vernünftig. Dort unterliegen Freudenhäuser, die einen erheblichen Anteil an der Gesamtprostitution ausmachen, klaren Auflagen und Richtlinien. Die Frauen wären rechtlich geschützt und versichert, Zwangsprostituierte können schneller erkannt werden, eine medizinische Kontrolle der Sexanbieterinnen wäre möglich und gleichzeitig würden wie in jedem anderen Gewerbe auch Steuern entrichtet.”

Die Legalisierung der Prostitution war zuletzt im September 2016 auch im Landtag diskutiert worden. Ein entsprechender Beschlussantrag von Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) wurde abgelehnt – unter anderem hatten sich SVP und Grüne dagegen ausgesprochen. Auch, weil die Abschaffung des Merlin-Gesetzes allein nicht reiche, um einem komplexen und vielschichtigen Phänomen beizukommen, so Landeshauptmann Arno Kompatscher damals.
Und Brigitte Foppa (Grüne) mahnte an, die Debatte auch unter einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten: Es gelte zu berücksichtigen, “dass die Prostitution in erster Linie ein Männerphänomen ist. Auf 25.000 Prostituierte kommen 2,5 Millionen Kunden. Würde man dies bedenken, würde man die Diskussion ganz anders angehen. Die betroffenen Frauen werden nie befragt, wenn es um Lösungen gehe. Die Lösungen zielen zudem immer auf freiwillige Prostitution ab – aber das ist nur ein kleiner Teil des Phänomens.”