Gesellschaft | Brixen

Foul auf Facebook

Der SVP-Fraktionssprecher im Brixner Gemeinderat deutet einen Flashmob gegen das Heller-Projekt kurzerhand in eine Pro-Heller-Aktion um. Dafür erntet er große Kritik.
Flashmob Brixen 1. Juni
Foto: Facebook/salto.bz

Falls die Aktion humorvoll gemeint war, so ist der Schuss nach hinten los gegangen. Und zwar gewaltig.

Am Samstag (1. Juni) Vormittag fand in Brixen ein Flashmob statt, gegen die geplante Neugestaltung des Hofburggartens. Organisiert wurde die Aktion von einer Gruppe junger Leute, die über Facebook zur Teilnahme einluden. Um 11 Uhr trafen sich hunderte Menschen zu einem friedlichen Sit-in am Brixner Domplatz. “Siamo già hell genug”, so die Ansage, die auf Spruchbändern zu lesen stand – eine Anspielung auf den österreichischen Künstler André Heller, von dem das in Brixen nicht unumstrittene Garten-Projekt stammt, für das der Museumsbeirat Ende Mai grünes Licht gegeben hat.

 

Um 11.23 Uhr taucht ein Facebook-Post auf, der seither die Wogen in Brixen hochgehen lässt.

 

Verdrehte Welt

 

Es ist Gerold Siller, der schreibt: “Kundgebung für mehr Nachhaltigkeit in Brixen. Überraschend große Zustimmung für das Hofburggartenprojekt von Heller”. Dazu postet Siller einige Fotos, die zwei Transparente zeigen, auf denen “We Love Heller” geschrieben steht. Wer die Fotos sieht, könnte auf den Gedanken kommen, dass die Menschenmenge darauf sich für das Heller-Projekt ausspreche. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall.

 

Befürworter des Heller-Projekts haben von dem Flashmob erfahren und am Domplatz ebenfalls ihre Position kundtun wollen. Nicht einmal zwei Handvoll seien es gewesen, so die übereinstimmenden Berichte einiger Teilnehmer. Es sei auch zu Diskussionen gekommen, Argumente für und wider seien ausgetauscht worden. Aber das, was sich Gerold Siller erlaubt habe, gehe eindeutig zu weit, finden viele. Auch, weil Siller nicht irgendjemand ist, sondern Fraktionssprecher der SVP im Brixner Gemeinderat.

 

Brixner Aufschrei

 

Auf Facebook wird Sillers Foul sofort bemerkt, es hagelt empörte Kommentare. Eine Stunde später, bearbeitet der Brixner Gemeinderat, der vorher selbst am Domplatz gewesen ist, den Text seines Posts: “Flahsmob am Domplatz. Auch die Befürworter des Hofburggartenprojekts von Andre Heller waren da”. Doch das tut der Empörung keinen Abbruch. Nicht nur die Organisatoren des Anti-Hellerprojekt-Flashmobs melden sich zu Wort. Auch von der Opposition kommt Kritik. Sillers “untergriffige Aktion” zeige “einmal mehr, mit welchen Mitteln die Brixner SVP trotz ihrer satten und überlegenen Mehrheit die Bürgerinnen und Bürger in Brixen irreführen will!”, schreibt Markus Frei, der für die Grünen Bügerliste im Brixner Gemeinderat sitzt. Frei wendet sich direkt an Siller: “Lieber Gerold, das ist unterste Schublade und eines SVP-Fraktionssprechers nicht würdig! Wir werden im Gemeinderat noch Gelegenheit haben über dieses unsägliche Verhalten zu diskutieren!”

“Eine andere Meinung zu haben und diese frei zu äußern, ist legitim und auch notwendig”, schreibt der Brixner oew-Geschäftsführer Matthäus Kircher in einem Facebook-Kommentar. “Aber was Herr Siller an dieser Stelle betreibt, ist aus menschlicher Sicht anstandslos und aus politischer Perspektive alles andere als verantwortungsvoll und sehr bedenklich.”

 

Während Gerold Siller auf die zahlreichen Kommentare unter seinem Facebook-Post, in denen ihm unter anderem vorgeworfen wird, Fake News zu verbreiten, nicht reagiert, gibt es vereinzelt Rückendeckung. Joachim Dejaco etwa – der STA-Direktor ist selbst Brixner und war am Samstag am Domplatz – schreibt: “Also was ist denn Fake an der Aussage ‘überraschend große Zustimmung’? Erwartet war Zustimmung=Null, gewesen war Zustimmung>Null, das ist doch überraschend.”

 

Nachspiel im Gemeinderat?

 

Die meisten Reaktionen auf Facebook allerdings zeigen: Der Post des SVP-Fraktionssprechers kommt nicht gut an – und wirft kein gutes Licht auf die in Brixen regierende Volkspartei. Sogar Rücktrittsforderungen werden laut.

In den Dolomiten wird Siller am Montag mit der Aussage zitiert, es habe ihn überrascht, wie “humorlos und teilweise aggressiv” manche Teilnehmer des Flashmobs auf die Aktion der Befürworter reagierten. Wiederum auf Facebook bringt sich auch Andreas Hilpold – der EURAC-Mitarbeiter stammt ebenfalls aus Brixen – ein: “Liebe SVP, macht doch einfach ein Referendum über das Heller-Projekt! Das Ganze erinnert stark an das ganze Gemauschel vor dem Seilbahnreferendum. Man hat irgendwie den Eindruck man fürchtet sich vor der Meinung der Bevölkerung. Und die Aktion mit dem Banner in den Fotos ist doch unterste Schublade.”

Dass die Angelegenheit noch nicht gegessen ist, belegt die Ankündigung von Markus Frei, die Sache am Montag Abend im Brixner Gemeinderat ansprechen zu wollen, wie er auf Nachfrage von salto.bz bestätigt.