Kampf gegen Windmühlen?
Er ist der Dauerbrenner in Brixen – und sorgt nach Jahren weiterhin für helle Aufregung. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Rede ist vom Hofburggarten, für den der österreichische Multimedia- und Aktionskünstler André Heller an Land gezogen wurde. Zum Missfallen der einen, die “nichts gegen Heller”, aber sehr wohl etwas dagegen haben, wie in diesem Falle “mit öffentlichem Raum und Geld umgegangen wird”. Während einer, gegen den sich die Kritik richtet, diese an sich abprallen lässt – und am Ende auf Don Quijote verweist.
Mehr als ein Brixner Garten
“Noch ist es nicht zu spät”, glaubt Hans Heiss. Der ehemalige Grüne Landtagsabgeordnete und gebürtige Brixner ist einer, der an vorderster Front gegen den Heller-Garten mobil macht. Seit April 2018 engagiert er sich gemeinsam mit zahlreichen anderen Brixner Bürgern in der “Initiativgruppe für einen Offenen Hofburggarten”. Die hat für Dienstag Vormittag zur Pressekonferenz geladen. In Bozen. Denn, davon ist auch Barbara Fuchs überzeugt, der Hofburggarten “ist ein Thema von landespolitischem Interesse, bei dem es um die Frage geht, wofür die Steuergelder der Südtiroler ausgegeben werden sollen”.
Vor genau zwei Monaten, am 23. Mai 2019, hat der neu eingesetzte Museumsbeirat des Landes das Heller-Projekt begutachtet – und eine Förderung durch das Land empfohlen. Allerdings mit einigen Auflagen.
In Brixen wartet man indes darauf, endlich Einblicke in das Hellersche Konzept zu bekommen. “Die Bevölkerung hat erst bei der Präsentation des ersten Exposés, die 2017 vor ausgewähltem Publikum stattgefunden hat, überhaupt davon erfahren, dass André Heller mit der Gestaltung des Hofburggartens beauftragt werden soll”, klagt Fuchs. Zuvor hatte die neue Stadtregierung unter Bürgermeister Peter Brunner das eigentlich schon genehmigte Siegerprojekt eines europäischen Architekturwettbewerbs aus dem Jahre 2015 verworfen. “Dieses Projekt hätte 2,5 bis 3,5 Millionen Euro gekostet und ist im Zuge eines partizipativen Prozesses entstanden”, erinnert Fuchs.
10 Millionen...
Über die eventuellen Kosten für das Heller-Projekt herrschte bisher Stillschweigen. Nun legt Hans Heiss eine Zahl auf den Tisch, die nicht nur der bei der Pressekonferenz anwesenden Präsidentin des Heimatpflegeverbands den Atem verschlagen dürfte: Laut Museumsbeirat belaufen sich die Ausgaben für die Umgestaltung des Hofburggarten à la Heller auf 10 Millionen Euro. “Diese Summe ist mir vollkommen neu, davon höre ich zum ersten Mal”, sagt eine hörbar empörte Claudia Plaikner. Laut der Heimatpflege-Präsidentin stehen diese “Ausgaben für einen Eventgarten in keiner Relation zu dem Budget für das Denkmalamt, das zugleich gekürzt wird”.
Bis zu 80 Prozent der anfallenden Investitionen für den Hofburggarten, der unter Heller zu einem Freilichtmuseum des Diözesanmuseums Hofburg umgestaltet werden soll, kann laut geltendem Museumsgesetz das Land übernehmen, bestätigt Landeshauptmann Arno Kompatscher. “Aber mehr als 80 Prozent der 10 Millionen Euro werden es nicht.” Soll heißen, falls die Kosten noch steigen, wird das Land nicht mehr an Beiträgen locker machen.
...und 12 Steuerzahler
8 Millionen Euro also könnten die Steuerzahler des gesamten Landes zum Brixner Heller-Projekt beisteuern. Den Rest bringt die Gemeinde Brixen auf. “Der Kostenrahmen von 10 Millionen Euro wäre fast das Dreifache des Siegerprojektes von 2015”, zeigt die Initiativgruppe Hofburggarten auf – für sie Grund genug, um den Rechnungshof einzuschalten. Am Montag haben “12 steuerzahlende Bürger ihre Bedenken beim Rechnungshof deponiert”, berichtet Hans Heiss. Ob dieser auf die Eingabe bzw. den Verdacht hin tätig wird, dass der öffentlichen Hand durch das Heller-Projekt ein finanzieller Schaden entstehen könnte, bleibt abzuwarten.
“Jeder kann Eingaben zu allem machen, der Rechnungshof wird entscheiden, ob und wie er vorgeht”, zeigt sich Landeshauptmann Kompatscher, der inzwischen auch als Landesrat für die Museen zuständig ist, unbeeindruckt. Eine Eingabe aber bedeute “keine Bewertung über das Fundament”.
Wird alles anders?
An dem Fundament, dem Heller-Projekt soll nicht gerüttelt werden – das zumindest ist der Eindruck bei der Initiativgruppe. Dabei kennen die Brixner Bürger das Projekt nicht einmal. Bürgermeister Brunner habe zugesagt, bis Mai das fertige Exposé vorzulegen, mit dessen Ausarbeitung Heller im Dezember 2017 vom Brixner Gemeinderat beauftragt wurde, “aber es ist nichts passiert”, so die Kritik. Man befürchtet: Der Garten wird einzig als Attraktion für Touristen konzipiert und nicht als Erholungs-, Begegnungs- und Ruheraum für die Brixner.
Er wisse, dass es “sehr viele Wünsche und Sorgen” zum Hofburggarten gebe, gesteht Arno Kompatscher. Auch diverse Landesämter hätten Einwände vorgebracht – und das Projekt sei “längst weiterentwickelt und komplett überarbeitet worden”, verrät der Landeshauptmann. Wie aber wird der 2,3 Hektar große Garten, den sich die Initiativgruppe und viele Brixner als offenen, frei zugänglichen Ort der Ruhe, Kunst und Kultur wünschen, künftig aussehen? Abgesehen davon, dass er überzeugt sei, dass in Sachen Hofburggarten “sehr transparent” vorgegangen werde, werde “die Gemeinde Brixen weitere Informationen liefern”, verspricht Kompatscher. Dazu wird die Gemeindeverwaltung auch vom Museumsbeirat aufgefordert.
Die Punkte, die bei der Sitzung am 23. Mai ebenfalls als Auflagen in Betracht gezogen wurden, sind: der Garten soll den Brixner Bügern auch ohne Zutritt zum Museum zugänglich sein; die weitere Umsetzung muss in engster Abstimmung mit dem Denkmalschutz erfolgen – die Abteilung Denkmalpflege hat bereits ein positives Vorgutachten abgegeben; auch Südtiroler Künstler sollen beim Aufbau der Sammlung bzw. dem Ankauf von Kunstwerken für den Garten berücksichtigt werden; und “die notwendigen Eingriffe müssen die Würde und die Ruhe dieses Ortes berücksichtigen”.
Ein letztes Wort?
Magdalena Fischnaller von der Initiativgruppe bleibt dabei: “Wir brauchen Heller nicht, der den Garten für uns gestaltet.” Und Hans Heiss appelliert an Stadt- und Landesregierung: “Es gibt bereits ein reifes Projekt zum Wohle der Stadt” – auch wenn die Gewinner des Wettbewerbs von 2015 für ihren Verzicht im Mai 2019 bereits finanziell abgegolten wurden.
“Ich respektiere die Meinung aller”, betont Landeshauptmann Kompatscher. Im Falle der Gegner des Heller-Projekts aber habe er den Eindruck, “dass man hier gegen Windmühlen kämpft”. Soll dann wohl heißen: Brixen wird um ein Millionen-Heller-Projekt nicht herumkommen – “während viele Kulturperlen anderswo dem Untergang preisgegeben werden”, zeigt sich Claudia Plaikner entsetzt. Sie hält sich mit ihrer Kritik nicht zurück: “Das ist eine Art von Kulturpolitik, die einer absoluten Revision bedarf.”
Herr Landeshauptmann,wie
Herr Landeshauptmann,wie wollen sie die 8 Millionen Euro für den "Hellergarten" vor dem Südtiroler Steuerzahler rechtfertigen??? Ihre Äusserung(wenn sie von Ihnen kommt) der Windmühlen ist an Arroganz nicht mehr zu überbieten.Sind sie in letzter Zeit der S V P Gott??? um alles niederzuschmettern,nur um der Toristenlobby einen Gefallen zu tun? Vonwegen sie hören sich alle Meinungen an,sie wiedersprechen sich!
... auch wenn die Gewinner
... auch wenn die Gewinner des Wettbewerbs von 2015 für ihren Verzicht im Mai 2019 bereits finanziell abgegolten wurden...”:
Das steht so da, als wäre es das Normalste der Welt: mit öffentlichen Mitteln einen Wettbewerb ausschreiben, und sich dann vom nicht passenden Sieger mit wiederum öffentlichen Mitteln freikaufen... und ist doch bei genauerem Hinsehen krass.
Ob man das dann bei Wettbewerben zur Besetzung von Stellen auch so macht...?
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Zu wenig Ärzte, zu wenig Lehrer, zu wenig Psychologen, zu viele Selbstmorde, kein Inflationsausgleich beim Gehalt, aber das “Colosseum” muss gewaltig und in Betrieb sein...
Kompatschers Vorstellung von
Kompatschers Vorstellung von Transparenz besteht darin, dass man die Bevölkerung ausführlich informiert - nachdem ein unwiderrufbarer Beschluss gefasst wurde.
Wenn das Heller-Projekt
Wenn das Heller-Projekt gegen den Willen der Bevölkerung (nicht nur der Brixner...) durchgeht, darf sich die Volkspartei am stetigen Wählerschwund nicht wundern. Das ist Demokratieabbau vor aller Augen.
Es braucht keine megalomanische Gartengestaltung (hart an der Grenze zum Kitsch/m. Meinung nach) im schönen Städtchen Brixen, ausserdem kann man auch in der Gardaseegegend Hellers botanische Ideen bewundern, wenn man will.
Die Aufstockung der Gelder im sozialen, schulischen und sanitären Bereich hingegen wäre notwendig.
Und weil wir bei Kunst und Kultur sind: das Denkmalamt - nicht millionenschwere Projekte mit weltbekannten Künstlern - sollte Priorität geniessen. Denn es gilt *gewachsene* Kulturgüter zu erhalten oder zu retten - ebenso wäre die Förderung verdienter und/oder vielversprechender südtiroler Bildhauer ein Gebot der Stunde!
Was passiert denn als nächstes? Lässt das Land eine Kuh in Formaldehyd von Damien Hirst auf dem Waltherplatz aufstellen?
Woher "unser" Landeshauptmann
Woher unser Landeshauptmann die Überzeugung ableitet, dass "in Sachen Hofburggarten 'sehr transparent' vorgegangen werde" bleibt ein Rätsel. Tatsache ist, dass nie eine offene Bürgerversammlung von den Verantwortlichen veranstaltet wurde, dass der BM bei dem von der Initiativgruppe organisierten Bürgerforum am 27. März eine Projektpräsentation innerhalb Mai versprochen hat, und wir jetzt Ende Juli immer noch auf eine Vorstellung des Projektes der Gemeindeverwaltung warten.
Das, was der Landeshauptmann
Das, was der Landeshauptmann als Kampf gegen die Windmühlen bezeichnet, ist der couragierte Versuch einer Initiativgruppe, welche mit ihren Mitteln abzuwenden versucht, was viele Brixner und Südtiroler als bereits beschlossene Sache von der Gemeindeführung und den Medien aufgetischt bekommen haben.
Ein gutes Beispiel dazu war ein Bericht von Südtirol heute am 9.7.2019 zu einer spritzigen Aktion von jungen Brixnern. Wie üblich wurde die prominente Gegenseite auch befragt. Dabei erklärte der BM Brunner, dass er vom Votum des Gemeinderats (mit Betonung ohne Gegenstimmen) beauftragt ist und zeigte der Journalistin die alten Bilder des Exposés (Stand November 2017).
Das Irre daran ist, dass dieses Exposé nur eine schön aufbereitete Idee des Künstlers war, welche die meisten Gemeinderäte nur kurz vorher präsentiert bekamen und von der jetzt, wenn man das Vorgutachten (vom 3.02.2019 auf Basis des Entwicklungsstandes vom 28.01.2019) und das Protokoll des Museumsbeirats (23.05.2019) betrachtet, fast nichts übrig geblieben ist.
Wie groß die informierte Öffentlichkeit war, sieht man in dem Video des Landespresseamtes, welches die Vorstellung am 25.11.2017 mit Interviews (wirklich sehenswert) dokumentierte.
Zur Vorgeschichte der entscheidenden Gemeinderatssitzung (ich war dabei) ein Beitrag auf der homepage der Windmühlenkämpfer.
Antwort auf Das, was der Landeshauptmann von Franz Linter
Weil ich das Datum vom
Weil ich das Datum vom Vorgutachten falsch eingetragen habe (richtig ist 11.03.2019) liefere ich gleich die Dokumente mit, damit sie jeder lesen kann und mit irgendwelchen Aussagen in der Presse vergleichen kann:
Vorgutachten, Protokoll des Museumsbeirats
Und wer hat was davon? In
Und wer hat was davon? In Brixen gibt es eine Tourismusgenossenschaft, die der Auffassung ist, dass viel zu wenig Besucher in die Altstadt kommen, wo ja noch so viel Platz ist, im Vergleich zu den Bewohnern. So nachzulesen im A.A., 01.06.2019. Zum Glück hat sie von der Gemeindeverwaltung den Auftrag, Abhilfe zu schaffen. Stadtmarketing heißt das. Sie macht das sehr gut und legt sich mit allen Mitteln der bewährte Eventisierung ins Zeug. Mit dem prioritären Projekt (auch A.A., 15.06.2019) Marke Heller (der Brixner 351) gibt es neuen Wind in die alten Segel: Die Hofburggarten wird als touristische Attraktion aufgewertet, Brixner dürfen kontrolliert auch 'rein (Landtag.bz.org, 14.05.2019), die Altstadt darf sich auf neue Besucherströme freuen, die dazu beitragen werden, dass der leere Platz mit Besuchern angefüllt wird und dass die Bettenauslastungsbilanzen nach oben aktualisiert werden. Das Häuflein verbliebener Brixner BewohnerInnen im Altstadtkern wird weiter schrumpfen und gewiss keine Ansprüche stellen auf einen Hofburggarten, der der Belebung der Altstadt mit Bewohnern dient. Das offizielle Brixner Leitbild mit seiner Vision von der Aufwertung der Altstadt als Wohnviertel darf in den Archiven verstauben.
Eigentlich müsste so ein
'Eigentlich' müsste so ein sensibler und kritischer Geist wie André Heller angesichts der Fakten und Meinungen (nachzulesen auf Salto.bz) von sich aus zum Brixner Projekt "Adieu" sagen und sich auf die Seite der Kritiker schlagen...aber Geld stinkt eben nicht.