Politik | Schlagabtausch

In der Höhle der Bauern

Vor versammeltem Bauernbund watscht Luis Durnwalder die Landesregierung und Arnold Schuler ab. Dieser kontert: “Der Altlandeshauptmann müsste es besser wissen.”
Bauernhof
Foto: Pixabay

Viel Politik, viel Klartext und am Ende eine Wortmeldung, die den zuständigen Landesrat aus heiterem Himmel trifft: Die jüngste Klausurtagung des Südtiroler Bauernbunds lieferte viel Zündstoff. Auch, weil kein geringerer als Altlandeshauptmann Luis Durnwalder ordentlich Dampf abließ.

 

Ansagen hinter verschlossenen Türen

 

Es ist schon Tradition: Anfang Februar lädt der Südtiroler Bauernbund (SBB) zu seiner alljährliche Klausurtagung. Hinter verschlossenen Türen haben die Mitglieder die Möglichkeit, sich direkt mit den politischen (SVP-)Vertretern auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene auszutauschen. “Wir bitten um Verständnis, dass die Veranstaltung nicht öffentlich ist”, wird den Medienvertretern im Vorfeld mitgeteilt. So auch bei der heurigen Klausur, die am Samstag (8. Februar) im Raiffeisensaal in Terlan über die Bühne gegangen ist. In einer Aussendung berichtet der SBB im Anschluss über die brennendsten Anliegen des bäuerlichen Standes oder besser gesagt dessen größter Interessenvertretung. Heuer standen Raumordnung, Großraubwild und Gemeinderatswahlen im Zentrum. Bei all diesen Themen werde sich der Bauernbund “wieder zu Wort melden”, so die Botschaft von SBB-Obmann Leo Tiefenthaler.

Die Gemeinden spielen bei der Umsetzung des neuen Landesgesetzes für Raum und Landschaft, das am 1. Juli in Kraft treten wird, eine wesentliche Rolle – sie müssen etwa die Fachpläne, die Siedlungsgrenzen und die Fachkommissionen bestimmen. Daher sei es “wichtiger denn je, dass die Landwirtschaft gut in den Gemeinden vertreten ist”, so Tiefenthaler. Sein Ziel: Die über 20 Prozent an Gemeinderäten, die der Bauernstand derzeit stellt, zu halten. Entsprechend schwört er die SBB-Funktionäre ein, geeignete Kandidaten für die Gemeinderatswahlen am 3. Mai zu finden. “Bei der Raumordnung sind wir gleich zweifach betroffen: Als Grundeigentümer und als bäuerliche Unternehmer”, betont der SBB-Obmann.

 

Klare Ansagen gibt es auch in Sachen Wolfsmanagement. “Der Südtiroler Bauernbund bleibt bei seiner Maximalforderung nach einem wolfsfreien Südtirol und wird weiter Druck machen”, verspricht Tiefenthaler. “Wenn es sein muss, werden wir wieder auf die Straße gehen, um unsere Forderungen zu unterstreichen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.” Der Herdenschutz sei in Südtirol nicht umsetzbar – darin seien sich alle Anwesenden einig gewesen, heißt es in der Aussendung des SBB.

Doch zumindest einer der Anwesenden dürfte den Justamentstandpunkt des Bauernbunds nicht teilen: Arnold Schuler. Als Landwirtschaftslandesrat ist Schuler bereits des öfteren attackiert worden. Ihm und der gesamten Landesregierung wird vonseiten des SBB Untätigkeit vorgeworfen. Diesen Vorwurf bringt am Samstag auch einer vor, der für einige Teilnehmer überraschend bei der Klausurtagung zugegen war: Altlandeshauptmann Luis Durnwalder.

 

Auf der Abschussliste

 

Nach der Ansprache des Obmannes sind eigentlich Fragen der Teilnehmer an die anwesenden politischen Vertreter – am Podium sitzen EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, Senator Meinhard Durnwalder, die Landesräte Maria Hochgruber Kuenzer und Schuler, die Landtagsabgeordneten Sepp Noggler, Franz Locher und Manfred Vallazza – vorgesehen. “Da ergriff plötzlich Luis Durnwalder das Wort und ließ ein knüppeldickes Donnerwetter los”, berichtet einer der Anwesenden.

 

Trotz der verschlossenen Türen bleibt nicht verborgen, worum es im Rundumschlag des Altlandeshauptmannes geht: unverständlich sei, dass er auch für Murmeltier- und Steinbock-Abschüsse, die nach seiner Zeit von Landesrat Schuler per Dekret genehmigt worden waren, hunderttausende Euro Schadenersatz zahlen müsse; das Wolfsgesetz des Landes – dieses ist übrigens maßgeblich von seinem Neffen, Senator Meinhard Durnwalder, geschrieben und vom Verfassungsgericht für zulässig erklärt worden – und die als Alternative zum Abschuss forcierten Herdenschutzmaßnahmen seien Blödsinn; die aktuelle Landesregierung hätte besser die Autonomie verteidigt und Fragen wie jene der Erlangung der Kompetenzen für die Umwelt und die Jagd gelöst.

 

Einer schießt zurück

 

Für seine wortgewaltigen Auftritt habe Luis Durnwalder laut Teilnehmern tosenden Applaus erhalten. Und auch wenn er keinen am Podium persönlich attackiert hat, ist es für viele kein Geheimnis, wem das Gepoltere gilt. “Allerspätestens als es um die Abschüsse ging und er meinte, dass die angeblich 300.000 Euro, die vom Rechnungshof nachgelassen worden sind, nun wohl der Schuler zahlen müsse, war es klar”, sagt Arnold Schuler. Er ist dann auch der einzige, der kontert.

“Man kann über alles reden”, schickt der Landesrat voraus. Aber einen solchen Frontalangriff, dazu noch vor den versammelten SBB-Funktionären und seinen Parteikollegen, habe er nicht auf sich sitzen lassen können, bestätigt er auf Nachfrage von salto.bz. Zum einen seien seine Abschuss-Dekrete hieb- und stichfest gewesen, wie auch das Verwaltungsgericht bestätigt habe. Zum anderen habe Luis Durnwalder genug Zeit gehabt, die Zuständigkeit für die Umwelt und damit mehr Autonomie nach Südtirol zu holen. “Er hatte viele Jahre Zeit, das zu regeln. Wir versuchen es jetzt Schritt für Schritt über Durchführungsbestimmungen – und es gelingt uns auch.” Schuler lässt den Vorwurf der Untätigkeit nicht so stehen. Er fühlt sich vom Altlandeshauptmann zu Unrecht abgewatscht: “Wir würden uns auch mehr Zuständigkeiten wünschen. Aber dass das nicht so einfach ist, müsste er schon wissen.

 

Nicht so einfach ist auch der Umgang mit dem Wolf, wo der Bauernbund weiter Druck macht. Bei allem Verständnis für die Forderung nach einem “wolfsfreien Südtirol”, müsse man auf dem Boden der Tatsachen bleiben, meint Schuler. “Wir können keine Realitätsverweigerung betreiben und sagen, wir wollen den Wolf nicht und die Politik muss dafür sorgen, dass er verschwindet. Das geht nicht. Wir wissen, dass wir den Wolf im Alpenraum nicht mehr ausrotten können und müssen eben schauen, wie wir mit der Situation umgehen. Aber ich bin der erste der sagt, dass es eine Regulierung braucht.” Daher werde es in Kürze auch ein weiteres Treffen mit dem Bauernbund in Sachen Wolf geben.

 

Ein Bauer ohne Lobby

 

Obwohl selbst Landwirt, hat Schuler nie die Unterstützung des Bauernbunds gesucht und ist zuletzt wegen der Neuregelung des Urlaub auf dem Bauernhof ins Schussfeld des SBB geraten. Wie sieht der Landesrat das starke politische Engagement der mächtigen Bauernorganisation, die sich dagegen verwehrt, “eine okkulte Lobbyorganisation” zu sein, sondern sich vielmehr als “‘Gewerkschaft’ der bäuerlichen Familien und des ländlichen Raums in Südtirol” sieht? “Sie verweisen immer wieder auf ihre Satzung, wo festgehalten ist, dass sich der Bauernbund politisch einzusetzen hat. Und wir wissen, dass die Mobilisierung bei den Wahlen funktioniert”, meint Schuler flüchtig.

Mit Luis Durnwalder hat er seit der Klausurtagung am Samstag übrigens nicht mehr gesprochen. Er selbst habe nach der Sitzung noch einige Gespräche und Interviews mit den Journalisten, die vor dem Saal gewartet haben, geführt, so Schuler. “Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.”

....Machtverlust ist schmerzhaft und nicht jeder verkraftet dies! Der nutzlose Aufschrei produziert höchstens eine Schlagzeile im Tagblatt der Südtiroler.

Mo., 10.02.2020 - 07:42 Permalink

wenn man den Dr. Rinner im Radio anhört, dann klingt es so als ob es mehr Kuhe im Tal gibt die auf die Alm sollten, als Touristen. Woher nehmen sie denn plötzlich die ganzen kühe um den weiteren massiven Verbau der Almlandschaften voranzutreiben???

Mo., 10.02.2020 - 09:38 Permalink

Wer poltert, erhält Applaus, das ist wie beim manchem Schlagzeug: einer wirbelt die Pauken, haut auf die Trommel und schon rasseln die "Tschinellen" und der Höllenlärm ist perfekt... und das bedeutet dann "der Polterer hat recht"... Gibt es Parallelen im Verhalten von "Benedikt gegen Franziskus" und "Alt- gegen Jung-Landeshauptmann" ? Unsere Welt ist so zerbrechlich.... wer Verantwortung für das Gemeinwohl getragen hat und trägt, muss diese Zerbrechlichkeit beachten und schonen !!!

Mo., 10.02.2020 - 10:00 Permalink

Die SVP war einmal eine Volkspartei - das heißt als sie um die gesamten Interessen des Volkes noch bemüht war und sich dafür auch eingesetzt hat.Und dies in der Zeit des Aufbaus und der noch jungen Autonomie.Und was ist jetzt daraus geworden, wo Wir inhaltich vor ganz neuen Themen stehen - und dies in den verschiedensten Bereichen - ob dies in der Urbanistik , dem Verkehrswesen, der Wirtschaft oder der Sanität !Denn wenn man als Beispiel die Urbanistik und damit zusammenhängend das Verkehrswesen sich vor Augen führt , dann könnte die SVP - in offensichtlich einseitiger Vereinnahmung dieser Bereiche seitens des Bauernbundes oder der Tourismus Vereinigung , sich ruhig mit einem neuen Parteizeichen ziehren !? Nämlich BTP - sprich Bauern - und Tourismuspartei , statt weiterhin Volkspartei.

Mo., 10.02.2020 - 10:57 Permalink
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rotaderga

Eminenzen mit einer datierten Lebenszeit haben sicher die Pflicht den Jungen, in Ehrlichkeit und uneigennütziger Absicht, beratend und helfend beizustehen. Rat- Schläge in der Öffentlichkeit sind Schläge - ob angebracht oder vermessen.
Luis, wenn wersch du "gscheider", muasch du erst zwomol vierzig werdn?

Mo., 10.02.2020 - 12:31 Permalink

Wenn man einem Außenstehenden, also einem völlig Unbeteiligten, den heiklen italienischen Gag "Vaccaland" einmal anschaulich erläutern möchte, dann war das gestrige Südtiroler Bauernbund-Theater in Terlan hierfür enorm hilfreich.

Mo., 10.02.2020 - 20:59 Permalink

Bravo Harry, und nicht nur Vaccaland ....... auch Disneyland, Gardaland im Sinne von Achterbahn, Mafialand und wenn du willst ITALIA'90, weil man damals die italienische Mannschaft als Weltmeister sah und dann wurde es doch Deutschland. Es wird alles getan im Paradies Südtirol, den Engeln die Flügel gestutzt, dem Petrus in das Höschen gegriffen, praktisch Vogelschaukampf, zudem, und das ist wohl das Schlimmste, dem Volk auf den Kopf geschissen. Ich schreibe dass Wort bewusst aus, weil die Sache ist schmutzig und würde durch die Pünktchen ..... nicht sauberer. Aber wenn Tiefenthalers einen SBB führen, kann dass eben nur eine Talfahrt sein. Der Vinschger Rebell ist ohne Rebellion dort angekommen, wo er hinwollte und der Wolf wird ihn auch nicht fressen. Der mag keine bartige Rebellen. Nur wundert mich immer, dass der Weinbergweg so hellhörig auf den Wolf ist, in der Gegend müssen diese Störenfriede ganz besonders bissig sein. Habe Durnwalder oft nicht verstanden. Jetzt verstehe ich ihn. Er wird es bitter bereuen, den Schülmers so angegangen zu sein, wie er viele seiner Landtagskollegen angegangen ist. Unterschätzung des Gegners ist einer der gröbsten Fehler in der Taktik der Kriegsführung und gilt auch in Friedenszeiten. Aber Jäger machen eben auch Fehlschüsse, selbst den besten passiert es. Dass ein Durnwalder aber beim Zuschauen müssen, wie jahrelang herumgemergelt wird bei Angelegenheiten, die er in fünf Minuten entschieden hätte, richtig leidet und die Faust in der Hosentasche macht, das leuchtet mir ein. Das nervt, nervt jeden, der sich nur ein bisschen für die Politik interessiert. Aber die Rache schläft nicht. Die Fäden werden gespannt, nach Rom zum Namensvetter, zur SAD, in den Weinbergweg. Eines verstehe ich nicht in diesem Versteckspiel, die Rolle der Lega. Einerseits ein Bettvorleger der SVP in der Landesregierung, so scheint es, andererseits eine willkommener Partner für den Vogel. Sind Rollenspiele im Gang, um die Rollen neu zu vergeben, im himmlischen Theater des Pardieses Südtirol?

Mi., 12.02.2020 - 10:33 Permalink