Ein Land geht getrennte Wege
Es ist dasselbe Land – Südtirol –, es sind dieselben Bedürfnisse der Eltern – ihre Kinder während der Arbeitszeit gut und sicher betreuen zu lassen –, es ist dasselbe Landesgesetz – vorgelegt von SVP und Lega – und doch gehen die deutsche und die italienische Bildungswelt getrennte Wege.
Kaum Nachfrage und noch Fragen
Am Mittwoch konnten sich Eltern, die die Voraussetzungen erfüllen, für den kostenlosen Notdienst in Kindergarten und Grundschule anmelden. Laut dem vor einer Woche verabschiedeten Landesgesetz zum “Südtiroler Weg” ist dieser ab Montag, 18. Mai bis zum Ende des Bildungsjahres am 16. Juni möglich. Nur wenige Anmeldungen sind eingegangen: Insgesamt werden ab kommender Woche rund 2.180 Kinder in 646 Gruppen in den deutsch- und ladinischsprachigen Kindergärten und Grundschulen sowie 64 Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung aller Schulstufen von Montag bis Freitag von 8 bis 12.30 Uhr betreut. Das Angebot ist ein reiner Betreuungsdienst, es findet kein Unterricht statt.
Vorangegangen ist ein hartes Ringen mit den Gewerkschaften, die die Sicherheit des Personals und ihrer Schützlinge nicht ausreichend gewährleistet sahen. Aber auch Eltern sorgten sich, gar einige sahen von einer Anmeldung ab. “Die angebotenen Zeiten der Notdienstbetreuung gehen am Bedarf der Eltern vorbei”, kritisieren Allianz für Familie und Katholischer Familienverband. Sie schlagen eine Anpassung an eine realistische Arbeitszeit von mindestens 7 bis 13 Uhr vor. Außerdem seien die Modalitäten der Einschreibung vielen nicht klar gewesen und hätten zu Unstimmigkeiten bei der Anmeldung geführt: “Es war nicht klar definiert, dass auch Eltern mit zeitweiser Home-Office-Option und zeitweiser Anwesenheitspflicht im Betrieb ansuchen können”, bemängeln Christa Ladurner (Allianz für Familie) und Angelika Mitterrutzner (KFS).
Bildungslandesrat Philipp Achammer versucht zu beschwichtigen: Der nun startende Notdienst sei nur ein erster Schritt: “Wir müssen jetzt starten, um zu zeigen, was möglich ist.” Er beteuert: “Mit den vereinbarten Sicherheitsmaßnahmen können wir den Schutz der Kinder, Schüler sowie aller pädagogischen Fach- und Lehrkräfte gewährleisten.”
Die via altoatesina
Völlig anderer Meinung ist man in der italienischen Bildungsdirektion. Dort sieht man die Sicherheit nicht gewährleistet und wird die Notbetreuung gar nicht erst starten. Das teilt Bildungsdirektor Vincenzo Gullotta am frühen Donnerstag Abend mit. In einer ersten Aussendung der Landespresseagentur wird er mit der Aussage zitiert: “Wir sind der Ansicht, dass nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen für den gänzlichen Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Kinder und des Personals nicht gegeben sind.” Konkret bedeutet das: Laut Gullotta reicht das Landesgesetz, an dem auch sein Landesrat Giuliano Vettorato mitgearbeitet hat, nicht aus, um Kinder und Personal zu schützen. Keine Stunde später wird eine überarbeitete Version der LPA-Aussendung verschickt. Dort ist von gesetzlichen Mängeln keine Rede mehr. Die Entscheidung aber bleibt dieselbe: Bis 16. Juni wird die italienische Schule mit Fernunterricht fortfahren und keine Notbetreuung einführen. 6 Prozent der Kindergartenkinder (200) und 2 Prozent der Grundschüler (100) waren dafür angemeldet worden.
Damit stellt sich die italienische Bildungsdirektion – nach Rücksprache und auf Druck der Schulführungskräfte – gegen die der drei Bildungslandesräte vorgegebene Linie. “Ich nehme es zur Kenntnis, dass der Dienst nicht starten wird”, meint Landesrat Vettorato knapp. “Und es tut mir ehrlich Leid, weil ich mich sehr dafür eingesetzt habe, den Eltern entgegenzukommen. Aber ich gebe niemandem eine Schuld, es ist eben so gelaufen”,
Ist das der Schatten vom
Ist das der Schatten vom alten Zelger?
Zweiklassengesellschaft.
Zweiklassengesellschaft.
Man kann alles steuern,man muss nur die Messlatte hoch genug ansetzen.
Wie Achammer gesagt hat man kann immer nachbessern,und sich als bürgernahen Landrat zu profilieren.
Wenn die Zeiten nicht mit den Arbeitszeiten zusammen passen ,dann hilft die ganze Betreuung nichts.
Es geht nicht nur um die
Es geht nicht nur um die "Bedürfnisse der Eltern – ihre Kinder während der Arbeitszeit gut und sicher betreuen zu lassen" sondern auch um die Bedürfnisse der Kinder nach sozialen Kontakten, welche für ihre Entwicklung, ihre psycho-soziale Gesundheit und somit ihr Immunsystem immens wichtig sind. Warum sorgen sich die italienische Bildungsdirektion als Arbeitgeber und Gewerkschaften um Sicherheit des Personals und ihrer Schützlinge, nicht aber um jene der Großeltern (immerhin werden auch die Rentner in der Gewerkschaft sowie im Amt für Senioren vertreten), welche in den meisten Fällen die Kinder betreuen (müssen)? Wenn Home Office ein Ausschließungsgrund für die Inanspruchnahme der Notbetreuung ist, muß im Umkehrschluss die Mitnahme von Kindern ins Büro ab sofort erlaubt sein. Bei den Eltern, welche das Bildungssystem der anderen Sprachgruppe nutzen um ihren Kindern einen guten Start ins Leben diese Landes zu geben, wird diese Praxis jetzt besonders gut ankommen.