Umwelt | Luftpolitik

Verschobene Prioritäten

Das neue Dieselfahrverbot wird um ein halbes Jahr aufgeschoben. Umweltschützer kritisieren die Landesregierung für ihre “mutlose, rückwärts gewandte Politik ohne Visionen”.
Fahrverbot
Foto: Pixabay

Das Coronavirus mit all seinen Begleit- und Folgeerscheinungen hat vieles bisher sicher Geglaubtes durcheinander gewirbelt oder gar in Frage gestellt. Auch die Südtiroler Landesregierung hat ihre Prioritäten neu geordnet. Allerdings schaut sie dabei in die falsche Richtung, nämlich rückwärts, kritisieren Umwelt- und Naturschützer.

Denn am Dienstag wurden in der Landesregierung eine “Änderung des Programms zur Reduzierung der NO2-Belastung” beschlossen. “Aufgrund des Covid-19-Notstands und der veränderten Wirtschaftslage werden die Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxid-Emissionen (NO2) in Südtirol angepasst”, so die Meldung im Anschluss an die Regierungssitzung. Unter anderem wird das für Bozen geplanten Fahrverbot für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 4 verschoben. Ursprünglich sollte es – nach ersten Fahrbeschränkungen für Fahrzeuge niedrigerer Schadstoffkategorien, die bereits seit heuer gelten – am 1. Jänner 2021 in Kraft treten. Nun wird es um ein halbes Jahr, bis 30. Juni 2021 aufgeschoben.

Den Aufschub hatte unter anderem der Landesverband der Handwerker lvh Anfang Mai gefordert. “Das Handwerk investiert derzeit seine ganze Kraft und Energie in den Wiederaufbau und den Neustart. Auch wenn nachhaltige Umweltmaßnahmen sehr wichtig sind, wäre die Verpflichtung, nun auch noch den Fuhrpark erneuern zu müssen, eine zu große Belastung”, so lvh-Vizepräsident Hannes Mussak. Dieser Befürchtung hat die Landesregierung mit ihrem Beschluss Rechnung getragen.

 

Wirtschaft vor Umwelt?

 

“Die Stilllegung des öffentlichen Lebens, um die weitere Verbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen, hat große Auswirkungen auf die Südtiroler Wirtschaft. In dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, Wirtschaftstreibende und Bürger bestmöglich zu unterstützen. Aus diesem Grund beabsichtigen wir, einige Maßnahmen zur Verkehrsbeschränkung wie etwa die Fahrverbote für Euro-4-Fahrzeuge zu verschieben”, erklärt Umweltlandesrat Giuliano Vettorato die Entscheidung – und handelt sich damit gemeinsam mit seinen Kollegen der Landesregierung harsche Kritik vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz ein.

Gesundheit und Umweltschutz kommen wieder einmal erst an zweiter Stelle.
(Klauspeter Dissinger und Andreas Riedl)

 

Dessen Präsident und Geschäftsführer Klauspeter Dissinger und Andreas Riedl bemängeln die “kurzsichtige” und “einseitige” Umweltpolitik. Dabei verweisen sie auf diverse wissenschaftliche Studien – eine jüngste ist erst vor wenigen Tagen erschienen –, die einen kausalen Zusammenhang zwischen chronisch hoher Luftverschmutzung und einer hohen Anzahl an Covid-19-Erkrankungen nahelegen. “Dort, wo die Menschen bereits durch schlechte Luft vorbelastet sind, erkranken sie auch leichter an Covid-19. Trauriges Beispiel dafür sind die Ballungsräume in der Lombardei”, meinen Dissinger und Riedl. “Und unseren Politikern fällt nichts Besseres ein, als bereits beschlossene Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung erstmal auf Eis zu legen – der Wirtschaft zuliebe. Gesundheit und Umweltschutz kommen also wieder einmal erst an zweiter Stelle.”

“Dabei sind wir seit mittlerweile zehn Jahren säumig, was die Einhaltung der europaweiten gesundheitlichen Grenzwerte für NO2 anbelangt – die wären nämlich bereits 2010 einzuhalten gewesen”, fahren Dissinger und Riedl fort.

In dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, Wirtschaftstreibende und Bürger bestmöglich zu unterstützen.
(Giuliano Vettorato)

Ja, an verkehrsreichen Straßen in den Städten und entlang der A22 komme es immer noch zu Überschreitungen dieser Grenzwerte, weiß auch Landesrat Vettorato. Aber er versichert zugleich: “Wir wollen weiterhin die 2018 vereinbarten Luftqualitätsziele erreichen, darunter die Senkung der Stickstoffdioxid-Emissionen und die Einhaltung des gesetzlich vorgeschrieben Grenzwerts von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt.”
Der Kritik des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz tut diese Beteuerung keinen Abbruch: “Eine mutlose, rückwärts gewandte Politik ohne Visionen ist das letzte, was unsere Gesellschaft, inklusive der Wirtschaft, in dieser Phase der tiefgreifenden Umwälzungen durch die Corona- und Klimakrise braucht. Von den vielen Möglichkeiten, die Wirtschaft bestmöglich auf die Vielzahl an neuen Herausforderungen vorzubereiten, ist diese jüngste Entscheidung der Südtiroler Landesregierung gegen Gesundheits- und Klimaschutz die kurzsichtigste und einseitigste.”

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Johann Georg B… Mi., 27.05.2020 - 19:36

Liebe Umweltschützer,hört doch endlich auf mit dem Blödsinn,euch glaubt kein normaler Mensch mehr. Die Luftverschutzung ist Schuld an den ganzen Corona Erkrankungen, wer glaubt euch das. Moderne Autos stoßen wenig NO2 aus,brauchen weniger Treibstoff und belasten die Umwelt nicht . wenn ich die alten Dreckschleudern von den Umweltschützer sehe, muss ich nur den kopf schütteln, andere Vorschriftern machen und selbst die grössten Umweltverschmutzer sein. An alle Umweltschützer und Weltverbesserer ihr schadet die Familien und die Wirtschaft , denkt einmal nach welchen Schaden Ihr in den letzten Jahren verursacht habt. Lasst uns endlich in Ruhe.

Mi., 27.05.2020 - 19:36 Permalink
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Claudio Campedelli Mi., 27.05.2020 - 19:49

Antwort auf von Johann Georg B…

Gentile Sig. Bernhart,
vorrei farle notare che il valore limite non è determinato dagli ambientalisti ma dal legislatore (unione europea, stato italiano).
Gli amministratori politici, al pari delle cittadine e dei cittadini, sono tenuti al rispetto delle leggi.

La riduzione della libertà di movimento motorizzato nei mesi scorsi ha dimostrato una stretta relazione tra NOx e transiti.

Gli NOx sono causa di molte morti premature (ca. 80 per anno solo in Alto Adige) e varie patologie che provocano costi sanitari elevatissimi.

Mi potrebbe spiegare quale danno alle famiglie e all'economia creerebbe il rispetto della legge?

Potrebbe darci un'indicazione di come dovremmo affrontare gli imminenti cambiamenti climatici (di cui gli NOx sono corresponsabili)?

Mi., 27.05.2020 - 19:49 Permalink
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Johann Georg B… Mi., 27.05.2020 - 20:06

Antwort auf von Claudio Campedelli

Herr Claudio,bei uns im Land und in den Tälern leben die Bürger noch gesund, viele haben einen Garten und sind zum großteil fast Selbstversorger.
Wir im Land haben gesunde Wälder und Seitentäler,wir betreiben Landwirtschaft . Es ist nicht Sinnvoll wie die Grünen alles in Frage stellen was die normalen Bauern machen,ob Obstbauer oder Viehbauern. jeder Landwirt schützt seine Felder. Zum Autoverkehr,es ist so,dass moderne Autos weniger NO2 ausstossen,die modernen Autos sind sicher umweltfreundlicher als früher. Wenn die Grünen Umweltschützer etwas gutes tun wollen ,dann sollen sie es vorleben und das in den Grossstädten,

Mi., 27.05.2020 - 20:06 Permalink
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Peter Gasser Mi., 27.05.2020 - 20:17

Antwort auf von Johann Georg B…

"Zum Autoverkehr,es ist so,dass moderne Autos weniger NO2 ausstossen, die modernen Autos sind sicher umweltfreundlicher als früher":
Ich möchte hier meine Erfahrung einbringen:
Ich habe einen A-Klasse-Mercedes Baujahr 2000, Euro-3-Diesel, Verbrauch 5 Liter auf 100 km. 90.000 km, also fast Neuwert als Diesel.
Ein neuer sehr giftiger Euro-5-SUV hat im Stadtverkehr einen Verbrauch von 15 Liter auf 100 km.
Wer glauben Sie, fährt umweltschonender durch Bozen?
(Die Frage zeigt auch mein Unverständnis für die Politik, welche den giftigeren SUV fahren lässt, und es dem umweltschonenderen "Altwagen" verbietet. Bedenken Sie zudem den Ressourcen- und Energieverbrauch bei der Erzeugung des neuen SUV).

Mi., 27.05.2020 - 20:17 Permalink
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Martin Koellen… Mi., 27.05.2020 - 19:48

Wer nur um irgendwelche Grenzwerte einzuhalten funktionierende Autos wegschmeißen will, um sie durch neue zu ersetzen, ist kein Umweltschützer sondern spielt das Spiel der Autoindustrie mit.

Mi., 27.05.2020 - 19:48 Permalink
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Klemens Riegler So., 31.05.2020 - 12:15

Antwort auf von Elisabeth Garber

Stimme ebenfalls 100%ig zu!
- älterer, guter PKW ist CO2-schonender (Ressourcen) als einen neuen kaufen.
- ein Kleinwagen immer besser als ein SUV
- ... und zumal wir uns auf die Angaben der Autohersteller eh nicht mehr verlassen können ?!?
- Steuer-Fördergeld für Verschrottung ist sowieso Umweltverschmutzung!

So., 31.05.2020 - 12:15 Permalink
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m s Mi., 27.05.2020 - 22:20

Die Luftverschmutzung besonders im Bozner Talkessel ist ein Problem. Dass diese generell das Immunsystem schwächt und auch die Covid19-Erkrankung verstärkt, klingt für mich plausibel (siehe Artikel Spiegel online, Telepolis). Norditalien war und ist diesbezüglich bekanntermaßen ein Hotspot. Bezüglich des Fahrverbots älterer Auto bin ich allerdings auch nicht unbedingt vollends überzeugt. Mir käme es sinnvoller und gerechter vor zumindest bei Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte den Verkehr für alle Fahrzeuge einzuschränken (gerade/ungerade Kenntafel) und in den Städten endlich den Rad- und Fußgängerverkehr verstärkt strukturell zu fördern (z.B. Ausweitung der Fußgängerzone in Bozen mit Ausnahme des Öpnv usw.)

Mi., 27.05.2020 - 22:20 Permalink
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Johann Georg B… Do., 28.05.2020 - 10:57

Der Bozner wird bestraft, die Autobahn durch Bozen ist das Problem, was fährt da alles durch , wenn Bozen die Tram nicht will und die anderen Offis nicht ausreichen?? was soll der Pendler machen??

Do., 28.05.2020 - 10:57 Permalink
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Karl Trojer Fr., 29.05.2020 - 09:26

Meines Erachtens dürfen, Wirtschaft und Arbeitsplätze nicht gegen den Klimaschutz ausgespielt werden; dabei verlieren beide. Wir brauchen dringend einen Bewusstseinwandel, der zu mehr Lebensqualität für Menschen und Umwelt führt. Fragen wir uns doch, was wesentlich für künftige Generationen ist und treffen wir unsere Entscheidungen dementsprechend. Die enormen Müllberge, unser Wegwerf-Konsum, die Gier nach immer mehr und immer schneller, der Casino-Betrieb der hohen Finanzwirtschaft, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich zerstören unsere beschränkten Resourcen maßgeblich. Kohle, Erdöl und Gas sind rasch durch sinnvoll vernetzte, erneuerbare Energien und allgemeine sowie persönliche Energie-Sparmaßnahmen zu ersetzen, für den Personenverkehr müssen die Transportmittel effizienter und kurztacktiger werden, den Fahrradverkehr gilt es zu optimieren, die Möglichkeiten dafür sind gegeben, wir müssen sie politisch und persönlich wollen !

Fr., 29.05.2020 - 09:26 Permalink