Politik | USA

Von Lincoln zu Trump

Der Wandel der Republikanischen Partei.
In Zusammenarbeit mit Maximilian Thaler.
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Foto: Twitter White House

Seit mehr als 166 Jahren gibt es nun in den Vereinigten Staaten die „Grand Old Party“ (GOP), besser bekannt als die Republikanische Partei. 1854 noch als Koalition gegen die Ausdehnung der Sklaverei auf westliche Territorien gegründet, kämpften die Republikaner für den Schutz der Rechte der Afroamerikaner nach dem Bürgerkrieg. Heute gilt die Partei als erzkonservativ und wirtschaftsliberal, ihre Wähler sind vor allem weiße Protestanten.

Doch wie kam dieser Wandel? Wie konnte sich eine einst liberale Kraft zur erzkonservativen Partei von heute verändern? Wie fand der Übergang von Lincoln auf Trump statt?

Sklavenfrage und Gründung

In der Mitte des 19. Jahrhunderts trennte die Sklavenfrage und ihre Ausdehnung auf neue Staaten die Nation. Als 1854 durch den Kansas-Nebraska-Act die Einführung von Sklaverei auch in den neuen Territorien möglich gemacht werden sollte, formierten sich ehemalige, hauptsächlich aus dem Norden stammende, Anhänger der Whigs und Demokraten zur Republikanischen Partei.

Das ursprüngliche Ziel war es nicht, die Sklaverei im Süden abzuschaffen, sondern viel mehr, ihre Expansion in den Westen zu verhindern, da man einen größeren Machteinfluss der Südstaaten in die nationale Politik fürchtete.

Bei den Präsidentschaftswahlen von 1860 verhalf die Spaltung innerhalb der Demokratischen Partei über die Sklavenfrage dem Republikanischen Kandidaten Abraham Lincoln zum Sieg, jedoch sprachen sich noch vor seiner Vereidigung sieben Südstaaten von der Union los. Nur ein Jahr später entbrannte daraus ein blutiger Bürgerkrieg, welcher über 600.000 Menschen das Leben kosten sollte.

Reconstruction

Im Verlauf des Krieges begannen Lincoln und andere Republikaner die Abschaffung der Sklaverei als strategischen Schritt zu sehen, der ihnen helfen sollte, den Bürgerkrieg zu gewinnen. Mit dem 13. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung wurde auf dem gesamten Gebiet der USA die Sklaverei und Zwangsarbeit abgeschafft. In den Jahren nach dem Krieg sorgte die republikanische Mehrheit für die Einführung verschiedener Gesetze zum Schutz afroamerikanischer Rechte, unter anderem auch des Wahlrechts.

Diese Wiederaufbaupolitik festigte die Loyalität der weißen Südstaaten zur Demokratischen Partei, die Republikaner entwickelten sich zu einer Partei des Nordens.

Während des Wiederaufbaus entwickelte die Republikanische Partei eine Bande mit Industriellen und Finanzieren, welche vom Krieg profitierten. Diese standen im Laufe der Jahre immer mehr im Fokus der Partei, die afroamerikanische Bevölkerung geriet in Vergessenheit und die damals konservative Demokratische Partei machte die Errungenschaften des Wiederaufbaus im Süden zu Ungunsten der farbigen Bevölkerung im Süden zunichte.

Progressive Ära und die Große Depression

Aufgrund ihrer Verbindung zur Wirtschaft wurde die Republikanische Partei zu Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend als Partei der Upper-Class wahrgenommen.

Mit dem Aufkommen der Progressiven Bewegung, welche versuchte, das Leben der Amerikaner der Arbeiterklasse zu verbessern und protestantische Werte wie Mäßigung zu fördern (was 1919 zur Prohibition führte), befürworteten einige Republikaner progressive, soziale, wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Reformen.

Die Republikaner profitierten vom Wohlstand der 1920er Jahre, aber nachdem der Börsencrash von 1929 die Große Depression eingeläutet hatte, gaben viele Amerikaner ihnen die Schuld für die Krise. Ihr Widerstand, den AmerikanerInnen durch einen starken Staat aus der Krise zu helfen, sorgte für eine dermaßen hohe Unzufriedenheit, dass der Demokratische Präsidentschaftskandidat Franklin D. Roosevelt im Jahre 1932 seinen Kontrahenten Herbert Hoover mit Leichtigkeit bezwang. Die republikanische Philosophie des „small government“ (nach der sich die Regierung so wenig als möglich in den Alltag der amerikanischen Bevölkerung einmischen sollte) führte auch zu einer klaren demokratischen Mehrheit im Kongress.

Entstehung des neuen Konservatismus

Die Hilfsprogramme, die in FDRs New Deal enthalten sind, erhielten überwältigende öffentliche Zustimmung und läuteten eine Ära demokratischer Dominanz ein, die für das knappe nächste halbe Jahrhundert andauern sollte.

Zwischen 1932 und 1976 gewannen die Republikaner nur vier Präsidentschaftswahlen und hatten nur vier Jahre lang eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses (je von 1946 bis 1948 und von 1952 bis 1954).

Obwohl der Republikaner Dwight D. Eisenhower, der von 1953 bis 1961 Präsident war, aktiv die Gleichberechtigung von Frauen und Afroamerikanern unterstützte, führte ein konservatives Wiederaufleben zu Barry Goldwaters Nominierung als Präsidentschaftskandidat der GOP 1964, welches sich mit Richard Nixons unglücklicher Präsidentschaft (1969-1974) fortsetzte und mit der Wahl des erzkonservativen Ronald Reagan 1980 seinen Höhepunkt fand.

Der Süden erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg einen großen politischen Wandel: viele weiße Südstaatler wanderten aufgrund ihres Widerstandes gegen einen starken Staat, die Gewerkschaften und die demokratische Unterstützung für Bürgerrechte in die GOP.

In der Zwischenzeit begannen viele schwarze Wähler, die der Republikanischen Partei seit dem Bürgerkrieg treu geblieben waren, nach der Depression, dem New Deal und eben jener Unterstützung für Bürgerrechte demokratisch zu wählen.

Republikaner von Reagan zu Trump

Nachdem er eine wesentliche Reduzierung des staatlichen Wirkens erzielte (“Government is not the solution to our problem, government is the problem”), erhöhte Reagan Militärausgaben, führte riesige Steuersenkungen ein und verteidigte den freien Markt mit Politiken, die als Reaganomics bekannt wurden.

Als die Wirtschaft zu schwächeln begann, half die wachsende Staatsverschuldung, die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Reagans Nachfolger, George H. W. Bush, zu fördern – auch, weil sich Konservative gegen die dadurch notwendig gewordenen Steuererhöhungen 1990 aussprachen. Bush Senior verlor 1992 schließlich gegen den aus dem Süden stammenden Demokraten Bill Clinton.

Die GOP eroberte das Weiße Haus — nach acht Jahren Abstinenz — im Jahr 2000 mit dem umstrittenen Sieg von Bushs Sohn George W. über Clintons Vizepräsident Al Gore zurück. Obwohl zunächst populär, vor allem nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, verlor die Bush-Administration ihre Unterstützung dank der wachsenden Opposition gegen den Krieg im Irak und die ins Stocken geratene Wirtschaft während der Großen Rezession.

Die amerikanische Bevölkerung ächzte nach Wandel, weshalb 2008 der Demokrat Barack Obama zum US-Präsidenten gewählt wurde. Ein kleiner Kreis schloss sich dabei: Obama stammt aus demselben Bundesstaat wie Abraham Lincoln — Illinois — und wurde zum ersten afroamerikanischen Präsidenten der USA, eine Errungenschaft, deren ersten Schritt Lincoln und seine Republikaner all die Jahre zuvor mit der Abschaffung der Sklaverei setzten.

Doch die republikanische Minderheit machte Obama von Anfang an das Leben in Washington, D.C., schwer und nutzte den Aufstieg der populistischen Tea Party-Bewegung, welche aus Widerstand gegen Obamas Wirtschafts- und Sozialreformpolitik geboren war, um im Rahmen von historischen Kongresswahlen 2010 das Repräsentantenhaus und 2014 den Senat zurückzuerobern.

Bei den bis dato letzten Präsidentschaftswahlen 2016, bei welchen Donald Trump überraschenderweise Hilary Clinton besiegen konnte, gewannen die Republikaner nicht nur das Weiße Haus, sondern hielten zudem auch ihre Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses.

Trumps Weg ins Weiße Haus im Jahre 2016 könnte dabei nicht unterschiedlicher sein als jener, den Lincoln 156 Jahre vor ihm nahm: Ein Blick auf die Wahlergebnisse der einzelnen Bundesstaaten, der sogenannten Electoral Map, zeigt, dass Trump im Norden, wie etwa in New England — wo die einzelnen States heute als deutlich liberaler gelten und Lincoln einst zum Wahlsieg verhalfen — nicht viel zum Jubeln hatte, aber sämtliche Südstaaten für sich entscheiden konnte und damit deren heutigen Status als republikanische Strongholds zementierte.

Der komplette Wandel der GOP von liberal zu konservativ scheint somit vollendet.

Maximilian Thaler ist Student der Politikwissenschaften an der Uni Innsbruck und schreibt zurzeit seine Bachelorarbeit über Wahlen in den USA.