Politik | Kartendienste

Die Länder, die sein sollten

Kosovo und Palästina werden von Kartendiensten nicht anerkannt. Wie Entscheidungen von Google Maps, Apple Maps und Co politische Diskussionen wieder ankurbeln.
Karte Balkan Apple Maps
Foto: Apple Maps

Wenn es um Unabhängigkeit geht, schlägt das Herz vieler Südtiroler schneller. Die Autonomie, wie wir sie haben, ist ein Gut, das man sonst auf der Erde nicht oft findet. In vielen anderen Regionen, auch innerhalb Europas, gibt es konstant Streit, um eine Unabhängigkeit zu erwerben.

2008 hat Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien proklamiert und ist von 114 der 193 UN-Mitgliedsstaaten UN anerkannt worden. Unter den 114 Ländern findet man auch die USA, somit eigentlich ein großer Beistand für Kosovo.

 

Über Apple und Co.

 

Jedoch ist dies für den Riesenkonzern Apple zu wenig. Beim Verwenden der betriebseigenen App „Apple Maps“ findet man nicht nur die Städte Kosovos in serbischer Sprache (nur etwa 5% der Bevölkerung Kosovos bedient sich dieser), sondern der Staat Kosovo ist an sich nicht eingezeichnet. Er scheint immer noch als Teil Serbiens auf, dazwischen liegt keine sonst übliche Ländergrenze.

 

Apple ist jedoch kein Einzeltäter. Google Maps stellt Kosovo ebenfalls nicht vollständig von Serbien getrennt dar. Auch andere Programme, wie Bing Maps von Microsoft zeichnen keine vollständige Ländergrenze zwischen Serbien und Kosovo ein. Der Grund dafür ist nicht klar. Tatsache ist: Kosovo wird von einer Mehrheit der Kartendienste nicht als unabhängiger Staat eingezeichnet.

Würden Apple oder Google wollen, könnten sie diese Grenze mit einem Klick ändern. (Christoph Moar, Informatiker und IT- Unternehmer)

Für das nächste Beispiel müssen wir raus aus Europa, in ein anderes Land, dessen Unabhängigkeitskampf auch viel Aufmerksamkeit erregt hat: Palästina. Wie Kosovo ist auch Palästina ein Land, das erst seit ein paar Jahrzehnten die Unabhängigkeit proklamiert hat. Um genau zu sein seit 1988, anerkannt nach dem jetzigen Stand von 138 UN-Staaten. Auch Palästina hat eine wacklige Unabhängigkeitsgeschichte, das Land ist bis heute in kriegerische Aktivitäten verwickelt, die teilweise mit dessen Unabhängigkeit zu tun haben. Ein vielleicht bedeutender Unterschied zu Kosovo ist, dass die USA eines der 55 Länder ist, die Palästina nicht als Staat anerkannt haben.

Ein weiterer zu nennender Kartendienst ist OpenStreetMap (OSM). Dieses Programm verwendet frei zur Verfügung stehende Daten für die Kartierung. OSM ist einer der Dienste, die Kosovo und Palästina als eigene Staaten darstellen. Dadurch, dass die Karten von OSM frei verwendbar sind, verwenden andere Maps, darunter auch Apple und Google, OpenStreetMap als Teilquelle.

 

Woher kommt die andere Darstellung?

 

„Sämtliche Kartendienste besorgen sich ihre Kartengrunddaten aus zahlreichen Quellen“, erklärt der Informatiker und IT- Unternehmer Christoph Moar. „Somit werden sowohl private Informationsdienste wie TomTom als auch öffentliche Quellen, wie zum Beispiel Open-Source-Daten von Staaten selbst oder von OSM verwendet. Diese Datenblöcke werden dann übereinandergeschoben bzw. miteinander kombiniert und ergeben so das endgültige Bild. Die Liste der verwendeten Daten ist lang, komplex und ändert sich ständig. So schaffen die Kartendienste es, ihre Mappen dauernd mit möglichst aktuellen Daten aufzubauen.“ Moar äußert die Vermutung, dass einer oder mehrere dieser Datenblöcke bei Apple und Google im Falle von Kosovo und Palästina die Grenzen als nicht vollwertig eingestuft und somit das Endprodukt verändert haben könnten. Dies kann mitunter daran liegen, dass diese Länder nicht vollständig akzeptiert wurden. Die Konzerne haben „den Fehler“ dann nicht bemerkt bzw. wollten ihn nicht bemerken.

 

In den Social Medias findet man sowohl Aufrufe an Google bzw. Apple als auch Aufrufe an Datenanbieter wie TomTom, Kosovo bzw. Palästina in die Karten einzuzeichnen. TomTom spielt in diesem Geschehen insofern eine Rolle, als dass der niederländische Anbieter von Geodaten den meisten Kartenanbietern einen Großteil der für die Mappen verwendeten Daten liefert. Eine Richtlinie bei TomTom würde somit die dargestellte Information bei den meisten Karten beeinflussen. Jedoch haben die Kartendienste alle Rechte, die erlangten Daten im Nachhinein zu bearbeiten, wie sie wollen. So kann TomTom keiner größeren Verantwortung beschuldigt werden. Christoph Moar: „Würden Apple oder Google wollen, könnten sie diese Grenzen mit einem Klick ändern.“

 

Reaktionen im Netz

 

Die Frage, wieso solche Konzerne Länder dieser Art nicht anerkennen, bleibt somit vorerst offen. Petitionen wurden in beiden Fällen gestartet. Bei Change.org erlangte die Petition „Put Kosovo on Apple Maps“ bis jetzt über 165.000 Unterschriften (Stand: 25.Juli 9 Uhr). Allerdings findet man dazu auch eine Gegenpetition „Don’t put Kosovo on Apple Maps“, bei der bislang über 38.000 Personen unterschrieben haben (Stand: 25. Juli 9 Uhr). Man sieht, dass diese Aktion auch die politische Diskussion wieder entfacht, die sich schon seit langem zwischen Serben und Kosovaren dahinzieht. Auch zu Palästina findet man eine Petition auf change.org, allerdings eher nichtig im Vergleich zu den Aufrufen bei Kosovo, sie liegt im Moment bei knapp 700 Unterschriften (Stand: 25. Juli, 9 Uhr).

Auch wenn das Thema immer mehr Aufsehen in verschiedenen Social-Media-Kanälen erlangt, blieben bis jetzt alle Versuche ohne Erfolg. Es bleibt somit abzuwarten und zu hoffen auf ein offizielles Statement von einem der Konzerne, das dann mehr Licht ins Dunkel bringen könnte.