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Foto: Othmar Seehauser
Wirtschaft | Kommentar

Mieses Bauern(bund)theater

Das Schmierentheater in Sachen Covid-19-Tests für Erntehelfer macht deutlich, dass Arroganz und Hochmut an der Spitze des Südtiroler Bauernbundes keine Grenzen kennen.
Der Hochsommer ist die Zeit der Freilichtspiele. Heuer haben die  traditionellen Bühnen des Landes dabei unerwartete Konkurrenz bekommen.
Denn Südtirols Öffentlichkeit konnte in den vergangenen zwei Wochen einen Bauernschwank miterleben, mit dem eine neue Laientruppe die Bühne betreten hat.
Das Südtiroler Bauerbundtheater führte das tragikomische Stück „Covidtest für Erntehelfer auf.
In der Hauptrolle: Leo Tiefenthaler. In den Nebenrollen: Thomas Widmann, Arnold Schuler und Arno Kompatscher.  Und am Regiepult: Siegfried Rinner.
 

1.Akt: Auftritt des Obmannes

 
Am 24. Juli tritt eine Bestimmung in Kraft, die besagt, dass Bürger aus Staaten wie Rumänien und Bulgarien in Italien einen 14-tägige Quarantäne einhalten müssen, bevor sie in Italien arbeiten dürfen. Bei der Apfelernte und der Weinlese werden in Südtirol rund 16.000 ausländische Erntehelfer eingesetzt. Der Großteil davon kommt aus diesen Ländern. Der Südtiroler Bauerbund schlägt Alarm: Damit sei Südtirols Ernte in Gefahr.
 
„Ich glaube auch, dass es im öffentlichen Interesse ist, dass wir die Erntehelfer flächendeckend testen, um natürlich einen Infektionsherd von vornherein auszuschließen.“
Leo Tiefenthaler, Bauernbund-Obmann
 
RAI Südtirol-Redakteur Hannes Peitner interviewt am Montag, den 27. Juli den Obmann des SBB Leo Tiefenthaler. Dieser erklärt, dass man eine „Betriebsquarantäne“ für die Erntehelfer anstrebe. Zum anderen wolle man alle Erntehelfer testen. Diese PCR-Tests soll der Sanitätsbetrieb durchführen und auch vollständig bezahlen. Peinter fragt Tiefenthaler, warum der Bauerbund diese Tests - oder wie im Tourismus zumindest einen Teil davon -  nicht selbst zahlt.
Tiefenthalers Antwort: „Also es werden ja PCR-Tests durchgeführt, und die kann die öffentliche Hand, also die Sanitätseinheit übernehmen. Das war auch das Angebot der Sanitätseinheit, die diesbezüglich... Und ich glaube auch, dass es im öffentlichen Interesse ist, dass wir die Erntehelfer flächendeckend testen, um natürlich einen Infektionsherd von vorneherein auszuschließen.
 

2.Akt: Auftritt der Landesregierung

 
Einen Tag später erklärt der zuständige Landesrat Arnold Schuler (von Beruf Bauer und damit selbst betroffen) im RAI-Morgentelefon, dass er die Idee der Betriebsquarantäne für eine gute Idee halten, dass man in der Landesregierung aber anstrebe, dass die Erntehelfer den Test bereits in ihrem Herkunftsland machen und mit einen negativen Ergebnis nach Südtirol kommen.
Schuler erklärt, dass im Tourismusbereich serologische Tests mitfinanziert wurden, die aber nur einen Bruchteil der PCR-Tests kosten. Der Landesrat für Landwirtschaft schließt auf Nachfrage kategorisch aus, dass das Land die Kosten - rund 1,5 Millionen Euro - für die Test übernehmen wird. Der Landesrat:. „In diesem Fall muss jeder Einzelne auch mit seinen Arbeitern vereinbaren, wer die Kosten für diese Tests trägt“. Schuler sagt auch, dass ein PCR-Test in Rumänien etwa 70 Euro kostet.
 
 
„Ich finde es richtig, dass eben auch die öffentliche Gesundheit dafür sorgt, dass diese Leute getestet werden.“
Gesundheitslandesrat  und Ex-Bauernbund-Direktor Thomas Widmann
 
Noch am selben Tag sagt Gesundheitslandesrat Thomas Widmann genau das Gegenteil. Widmann (von Beruf Nebenerwerbsbauer und damit selbst betroffen) bestätigt die Übernahme der Kosten der Corona-Tests von Erntehelfern aus dem Ausland durch das Südtiroler Gesundheitswesen.
Wenn es um die Gesundheit der lokalen Bevölkerung geht, dann finde ich, ist es richtig, dass eben auch die öffentliche Gesundheit dafür sorgt, dass diese Leute getestet werden. Sonst würde vielleicht ein Erntehelfer sagen, ich habe keine Lust, das Geld auszugeben“, sagt Widmann, der sechs Jahre lang Direktor des Südtiroler Bauernbundes war, zu Rai Südtirol.

3.Akt: Auftritt des Direktors.

 
Erst als Landeshauptmann Arno Kompatscher ein Machtwort spricht und unmissverständlich erklärt, dass die öffentliche Hand auf keinen Fall die Kosten für die Test übernehme, nimmt der Bauernbundschwank eine überraschende Wende.
Zuerst echauffiert sich Leo Tiefenthaler öffentlich über die „Falschmeldung“ von RAI-Südtirol. Tiefenthalers Argumentation: Der Bauernbund habe nie die Bezahlung der Test eingefordert, sondern das Angebot kam vom Südtiroler Sanitätsbetrieb.
Jetzt aber legt Bauernbunddirektor Siegfried Rinner in einem Gastkommentar (Rubrik: Meine Meinung) in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung Dolomiten noch einmal ordentlich nach.
Unter dem Titel „Die Verantwortung der Medien“ erklärt Rinner noch einmal: „Der Bauernbund hat nie kostenlose Tests verlangt; das war eine glatte Falschmeldung der RAI, die wieder einmal Neid und Streit schürt, anstatt objektiv zu berichten.
 
 
„Entscheiden in Zukunft die Internetschreiber und die RAI auch, wer das Krankenhaus oder die Krebs-OP selbst bezahlen muss?
Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner.
 
Der Vorsitzende des SVP-Landwirtschaftsausschusses schreibt sich gleichzeitig in Rage.
Einige wörtliche Auszüge:
 
  • Jeden Tag werden derzeit ca. 1000 PCR-Test in Südtirol gemacht und wir hören jeden Tag die Testergebnisse. Hat bisher irgendjemand nachgefragt, wer getestet wurde und ob er den Test selbst bezahlen musste?
  • Und jetzt bricht der Sturm der Entrüstung über die Kosten der Tests los? Was kommt als nächstes? Entscheiden in Zukunft die Internetschreiber und die RAI auch, wer das Krankenhaus oder die Krebs-OP selbst bezahlen muss?
  • Wenn das Volk und die RAI meint, das Protokoll der Sanität zu den Tests, die seit Beginn der Krise kostenlos gemacht werden, müsse jetzt geändert werden, dann soll die Politik entscheiden.
  • All jene, die sich über diese Helfer und die Kosten der Tests aufregen, können sich ruhig unter Agrijobs.it anmelden und arbeiten, anstatt sich die Finger wund zu schreiben und das Maul zu zerreißen.
Damit scheint die Klimax im Theaterstück erreicht zu sein.

Nach dem Vorhang

 
Spätestens damit dürfte der Vorhang im Schauspiel der Bauernbundbühne gefallen sein.
Herausgekommen ist ein Schmierentheater der übelsten Sorte. Das deutlich macht, dass die Arroganz und der Hochmut der aktuellen Spitze des Bauernbundes anscheinend keine Grenzen kennen.
Aber vielleicht suchen Leo Tiefenthaler, Siegfried Sinner & Co ja auch noch beim Kulturassessorat um einen Beitrag an.
Für das miesestes Sommertheater ever.