Umwelt | Alpen

„McDonalds der Berge“

Südtiroler Interessensverbände machen mobil gegen die touristische Inszenierung der Bergwelt. Im Fadenkreuz: Verbauungen und Installationen in alpinen Landschaften.
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Foto: AVS

Geht es nach Vertretern von Alpenverein, Heimatpflegeverband und Dachverband für Natur- und Umweltschutz, verkommt die alpine Berglandschaft immer mehr zur Kulisse für jahrmarktähnliche Attraktionen: Aussichtsplattformen, Panoramaterrassen, Klettersteige und dergleichen, gefährden laut den Verbänden „die Reize, die die alpine Landschaft zu bieten hat.“

Anlass für die jüngsten, gemeinsamen Bemühungen um Sensibilisierung wegen zunehmender Inszenierung und Eventisierung der Alpen gaben nicht zuletzt die Eröffnung der Aussichtsplattform Iceman Ötzi Peak auf dem Gipfel der Grawand im Schnalstal, sowie die geplante Errichtung eines Spaß-Klettersteigs, im Zieltal, Naturpark Texelgruppe.

Südtirol ist mit über 70 Klettersteigen bestens versorgt. Und dann wird in einem Naturpark ein Klettersteig gebaut, der erstens, nirgends hinführt und zudem mit drei Hängebrücken über einem hydrologischen Denkmal bestückt ist. Ohne Einwand der Behörden, die zum Schutz des Naturparks zuständig wären. Der Grundgedanke eines Naturparks wird dabei mit Füßen getreten.

Georg Simeoni 

Dabei suchten Touristen in Südtirol gerade attraktive und unberührte Landschaften, so die Vorsitzende des Heimatpflegeverbandes, Claudia Plaikner, mit Berufung auf die Eurac-Studie „Zukunft Tourismus Südtirol 2030“. Diesen Gästen stünden aber „immer brachialere und exponiertere Eingriffe für Erlebnisinstallationen zugunsten kurzfristiger Gewinnmaximierung entgegen.“ Unter diesen Eingriffen leide schlussendlich nicht nur die Wohnbevölkerung. Auf lange Sicht beraube man sich auch im Tourismus seiner wichtigsten Grundlage, heißt es von Seiten Plaikners.  

 

AVS-Präsident Georg Simeoni spricht mittlerweile von einer Dynamik, die sich verselbständigt habe, an der die Alpenvereine allerdings nicht unwesentlich Anteil haben. „Die Alpenvereine sind eigentlich diejenigen, die ursprünglich schuldig sind für die ganze touristische Entwicklung in den Alpen. Wir waren die ersten, die den Tourismus in die Alpentäler gebracht haben. Leider hat sich die Entwicklung in der letzten Zeit verselbstständigt. Nun ist es wieder an uns, dort Einhalt zu gebieten.“

2012 hatten sich die Alpenvereine aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Slowenien und der Schweiz auf ein gemeinsames Grundsatzpapier im Hinblick auf Erlebnisinstallationen im Alpenraum geeinigt.  Sie verpflichteten sich damals zu „größtmögliche Zurückhaltung“ bei technischen Eingriffen in den Naturhaushalt und beim Bau neuer Infrastrukturen.

Rezente Bauvorhaben wie der Glasturm am Rosengarten oder bereits durchgeführte Erschließungen und Umstrukturierungen von Wanderwegen zu „Forstautobahnen“ zeigen allerdings eine gegenläufige Entwicklung auf. „Diese Dynamik führt nur zum Schaden von Natur und Umwelt, und zum Schaden der Einheimischen Bevölkerung und des Tourismus“, meint Simeoni.

Die alpine Landschaft ist ein Allgemeingut. Das macht sie für alle nutzbar, birgt aber die Gefahr der Übernutzung.

Klauspeter Dissinger 

Klauspeter Dissinger zieht einen kulinarischen Vergleich heran, um die Thematik zu beschreiben: „So wie in der historischen Altstadt kein McDonalds hineinpasst, so passt auch diese Inszenierung nicht in Berge. Diese Inszenierungen sind das McDonalds der Berge. Der Vorsitzende des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz fordert stattdessen Investitionen in die Menschen, die Bergführer, Wanderleiter, Ranger und vielen Ehrenamtlichen der zahlreichen Vereine. Unterstützung bekommt er hierbei vom ehemaligen Präsidenten des IDM, Thomas Aichner, der sich mit einer Videobotschaft zu Wort meldet: „Es geht heute nicht mehr nur um das Erleben, sondern um das Erfahren. Und dazu braucht es kompetente Menschen, die Wissen vermitteln können. Darin müssen wir investieren.“