Politik | Corona und Medien

Corona-Krise - auch eine Medienkrise?

Auf welche Weise haben die Medien die Maßnahmen der Regierungen rund um das Corona-Virus begleitet bzw. begleiten sie es weiterhin?
Einige Gedanken dazu.
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„Eine Pandemie, die keine war. Systematisch haben Seuchenwächter, Medien, Ärzte und Pharmalobby die Welt mit düsteren Katastrophenszenarien eingestimmt. Denn Karrieren, ganze Institutionen und sehr viel Geld hängen daran. Alles, was es jetzt brauchte, um die Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines, mutiertes Virus...“
Wenn man im Archiv des deutschen Nachrichtenmagazins „Spiegel“ stöbert, stößt man bei einer Ausgabe von 2010 (Nr. 10) auf solche Sätze. Ziemlich ähnlich auch die Einschätzung der „Welt“, immer aus dem Jahr 2010, wie unter dieser Adresse nachgelesen werden kann: www.welt.de/gesundheit/article5710912/Der-enorme-Schaden-der-Pandemie-die-keine-war.html.
Die vernichtende Kritik an der Politik bezieht sich auf eine 2009 ausgerufene Pandemie – die Schweinegrippe. Die deutsche Regierung kaufte damals im Wert mehrerer hundert Millionen Euro eilig produzierte Impfstoffe. Diese landeten größtenteils in einer Müllverbrennungsanlage, weil sich die Pandemie inzwischen vertschüsst hatte. Die Regierung vertraute damals auf das RKI (Robert-Koch-Institut) und einen Virologen Namens Professor Christian Drosten. Er lag mit seinen Prognosen von Kranken und Toten ziemlich daneben. Damals.

Wiederholt sich ein Szenario? Nein, natürlich nicht! Diesmal ist alles gaaanz anders, viel wahrhaftiger. Diesmal ist es echt. Sagen nicht nur dieselben Experten, die sich damals getäuscht haben, diesmal sagen es auch – neben dem „Spiegel“ – fast alle Medien, die im deutschen Sprachraum so etwas wie Rang und Namen haben. Und stehen damit dicht an dicht mit der Politik, der Regierung, den ausgesuchten behördlichen Beratern, fast allen Parteien. Ähnliches lässt sich auch für Italien bzw. Südtirol sagen. Es geht um die Frage, welche Rolle Medien – vor allem auch öffentlich-rechtliche, also vom Steuerzahler finanzierte – grundsätzlich innehaben. Sind sie die vielfach proklamierte „vierte Gewalt“ im Staate - neben den klassischen Gewalten der gesetzgebenden (Legislative), der ausführenden (Exekutive) und der richterlichen Gewalt (Judikative)? Ist es also ihre Aufgabe, in kritisch-distanzierter Haltung das Tun der Regierenden zu kommentieren, zu hinterfragen, zu begleiten? Um sie damit auch herauszufordern, sie anzutreiben, sich qualitativ zu verbessern. Oder sind sie, etwas krass ausgedrückt, die Hofberichterstatter, die willfährigen Helfershelfer der Herrschenden? Indem sie Aussagen und Zahlen der Behörden blindlings übernehmen und wiederkäuen. Mein Eindruck beim Thema Corona: Letzteres überwiegt.

Manche Medienleute scheinen sich ihren Mund- und Nasenschutz auch über die Augen gezogen zu haben. So sehen sie nicht, dass in der Bevölkerung Argwohn und Widerstand zunehmen. Etwas beginnt vermehrt auseinanderzuklaffen. Die Großdemonstration von Anfang August in Berlin ist wohl das eindrücklichste Beispiel für die große Kluft, die sich zunehmend auftut (die Berichterstattung zur Demo von Ende August verdiente eine eigene Betrachtung). Schon Tage vor der Demo kündigten die deutschen „Leitmedien“ hellseherisch an, wer alles teilnehmen würde: Extremisten, Coronaleugner, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und Verschwörungsideologen, Homöopathen, Spinner, Radikale, rechte Esoteriker und Grundgesetzträger. Täglich wurden neue Begriffe aus dem Boden gestampft. Von der Siegessäule bis zum Brandenburger Tor drängelten sich dann die Menschenmengen, um den „Tag der Freiheit“ bzw. das „Ende der Pandemie“ zu feiern. Die Medien machten – unter Berufung auf Polizeiangaben – ca. 17.000 bis 20.000 Teilnehmer aus. Organisatoren und soziale Netzwerke sprachen von Hunderttausenden bis zu einer Million und darüber. Die Demo wurde bekanntlich vorzeitig abgebrochen. Begründung: Die Teilnehmer standen zu dicht aneinander und hatten sich keinen Lappen umgebunden.
Mediale Kritik an der Demo prasselte bereits Tage vorher und noch Tage danach von allen Seiten hernieder. Aus den Redaktionsstuben der „Süddeutschen“ etwa war zu vernehmen: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. So steht es im Grundgesetz. Demonstrationen, die maßvolle Vorschriften missachten, sind aber nicht friedlich“ (Heribert Prantl in einer Videokolumne). Die „taz“ bemerkte süffisant: „Wo Schwarz-Rot-Gold neben Reichsflaggen, Russland- und Friedensfahnen getragen wird, hat der Irrsinn es sich meist gemütlich gemacht.“ Wochen zuvor waren weitgehend maskenfreie Massen auf verschiedenen Demos gegen Rassismus aufgetreten (veranlasst durch die brutale Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota). Bei vergleichbarer Gefahrenlage (in Bezug auf Corona) haben die Medien diese Versammlungen hingegen lobend und mit Verständnis begleitet.
Waren die Teilnehmer an der Berlin-Demo nun wirklich allesamt „Covidioten“, wie die Co-Vorsitzende der SPD Saskia Esken urteilte? Oder „lauter nette Leute, Familien mit Kindern, Omis mit Enkelkindern, die friedlich dahinspazierten“, wie ein Teilnehmer meinte?
Tatsache ist: In sozialen Netzwerken und auf privaten TV-Kanälen ist einiges los. Und es besteht Diskussionsbedarf. Dieser treibt Menschen auf die Straßen und Plätze, um auch andere anhören zu können. Jene – vielfach auch anerkannte Fachleute und Experten – die von den Leitmedien geschnitten oder vergessen werden. Das Stuttgarter Bündnis „Querdenken 711“ ist ein Beispiel für eine wachsende Bewegung. „Ärzte für Aufklärung“ ein weiteres. Oder „Eltern stehen auf“. Es gibt mittlerweile Dutzende andere lokale Gruppen. In vernetzter Form ergibt das eine politische Kraft.

Diejenigen, die anders denken als die Andersdenkenden, werden das aushalten müssen. Und die „Leitmedien“ sollten sich langsam bemühen, ihr bislang ziemlich einseitiges Corona-Programm um einige Facetten zu ergänzen. Einiges aber beginnt sich zu bewegen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Österreichs (Ö1) durfte vor wenigen Tagen erstmals eine kritische Stimme zu Wort kommen. Der Link zum Interview mit dem Facharzt Martin Haditsch: https://radiothek.orf.at/oe1/20200903/611326

Alois Spath