Wirtschaft | Mobilität

Wasserstoffbetriebene Stadtbusse

In Bozen sieht man immer wieder Busse mit der Aufschrift „wasserstoffbetrieben“. Aber kaum jemand macht sich dabei Gedanken darüber, wie dieser Treibstoff entsteht.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Bus idrogeno
Foto: Fabio Petrini Cgil-Agb

Recherchiert man im Internet, wird sehr schnell klar, dass Südtirol eine Art Vorreiterrolle in Italien innehat und, dass außer in Bozen, nur noch in Mailand einige wasserstoffbetriebene Stadtbusse eingesetzt werden. Dies wohl auch, weil es immer noch unklar ist, ob es sich um eine zukunftsträchtige Technologie handelt oder nicht.

Grundsätzlich stellt sich natürlich die Frage, wie Wasserstoff hergestellt wird, wo er zur Anwendung kommen kann und mit welchen Sicherheitsrisiken die Herstellung und der Verbrauch verbunden sind. Auch diskutiert man, ob Wasserstoff zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen kann, wie er gelagert werden muss, wie er transportiert werden kann und ob er als Energieträger vom Staat und von der EU gefördert werden muss.

Durch die Produktion, den Vertrieb und die Forschung in diese Richtung, könnten qualitativ hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden. Welches sind also die Vor- und Nachteile?

Wichtig ist festzuhalten, dass Wasserstoff keine Energiequelle, sondern ein Energieträger ist, mit dessen Hilfe man Energie speichern und transportieren kann. Wasserstoff ist somit eine Sekundärenergie, da zur Herstellung zunächst Primärenergie aufgewendet werden muss.

Eine umweltfreundliche Produktion von Wasserstoff findet erst dann statt, wenn dieser mit erneuerbaren grünen Energiequellen erzeugt wird. Dies bedeutet, dass nur grüner Wasserstoff der zentrale Baustein für eine Energiewirtschaft mit massiv reduzierten Treibhausgasemissionen sein kann.

Noch wird Wasserstoff fast ausschließlich aus Erdgas hergestellt und damit ist er nicht gerade klimafreundlich, da CO² freigesetzt wird. Wasserstoff kann also prinzipiell sehr wohl zum Erreichen der erst kürzlich von den Regierungschefs der festgelegten Reduzierung der CO² Emissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber 1990 beitragen. Voraussetzung ist aber die Verfügbarkeit umweltverträglicher Energiequellen.

Die Meinungen gehen derzeit noch weit auseinander, wenn es um den Anwendungsbereich von Wasserstoff geht, wie z. B. dessen Einsatz in der Automobilindustrie. Einige vertreten die Meinung, der Einsatz im Pkw-Bereich sei klimapolitisch ein Irrweg und man sollte ihn in diesem Bereich nicht einsetzen.

Andere sehen darin wiederum eine Alternative zu den E-Autos, da bei diesen die umweltschädliche Herstellung der Batterien und das Entsorgungsproblem noch nicht gelöst werden konnte. Auch hat ein wasserstoffbetriebenes Fahrzeug eine Reichweite von bis zu 800 km und ist in 2 Minuten betankt.

Das Problem ist allerdings das Fehlen von Infrastrukturen. Es braucht ein Netz von Tankstellen (in Südtirol steht die einzige frei zugängliche Wasserstofftankstelle Italiens) und geeignete Lagerstätten, da Wasserstoff explosiv ist. Sinnvoller scheint eine Nutzung dieses Energieträgers bei Lastkraftwagen, Zügen, Stadtbussen, Schiffen, kleineren Flugzeugen, oder, wie zuletzt von der Firma Prinoth aus Sterzing vorgestellt, bei Pistenfahrzeugen.

Aber auch die Landwirtschaft in Südtirol könnte daran interessiert sein. Großes Potenzial bietet die Verwendung von Wasserstoff hingegen in der Stahlherstellung, für Südtirol sicher nicht ein primäres Anwendungsfeld, aber gesamtstaatlich gesehen von großer Bedeutung, da sich rund 95 Prozent der CO² Emissionen gegenüber der konventionellen Hochofenmethode einsparen ließen.

Viele europäische Staaten haben die Möglichkeiten, die der Wasserstoff bietet erkannt und fördern Investitionen in die Infrastrukturen zum Ausbau der Produktion, den Transport und die Lieferung. Deutschland investiert 40 Milliarden und Holland 6 Milliarden für grünen Wasserstoff. Italien hat hingegen bis 2024 keine Investitionen vorgesehen und die für den nationalen Plan zur wirtschaftlichen Erholung und Belastbarkeit (PNRR) nach 2024 vorgesehenen Mittel, sind viel zu gering.

Nicht nur der Umwelt zuliebe sollte man mehr Ressourcen zur Verfügung stellen. Es stehen auch bis zu 1.500.000 neue Arbeitsplätze auf dem Spiel, die durch Investitionen in diesen Sektor entstehen könnten. Da es aber hauptsächlich spezialisierte Arbeiter/innen braucht, muss man mit der Ausbildung derselben sofort beginnen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, wenn die Investitionen getätigt werden.

Es bleibt die Hoffnung, dass in Südtirol die politischen Verantwortungsträger dort weitermachen, wo sie angefangen haben und das Projekt Wasserstoff weiterführen. Klar ist allerdings, dass der Wasserstoff nicht die Lösung all unserer Probleme sein kann. In den Städten müssen zusätzlich neue Mobilitätskonzepte erstellt werden, um sie vom Verkehr zu entlasten.

Nur durch einen Umstieg vom Privatauto auf öffentliche Verkehrsmittel kann man dieses Ziel erreichen. Durch besser getaktete Fahrpläne und günstigere Preise könnte man wohl so manchen Pendler vom Auto auf die Schiene bringen.

Josef Lazzari

 

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Jürgen Theiner Mo., 18.01.2021 - 14:46

Ergänzend zu den Wasserstoff-Fahrzeugen sei angemerkt:

Auch ein Wasserstoff-Fahrzeug benötigt einen (in den Augen vieler umweltschädlichen) Akku als Pufferbatterie für den Elektro-Motor. Somit ist ein Wasserstoff-Fahrzeug auch ein (technisch wesentlich komplexeres - ergo teureres) Elektro-Fahrzeug - mit dem Unterschied, dass der Strom durch das "Verbrennen" des Wasserstoffs entsteht.

Der Gesamt-Wirkungsgrad (Strom für die Erzeugung des Wasserstoffs - Verbrennen des Wasserstoffs für die Erzeugung von Strom) ist leider unbefriedigend.

Und die Diskussionen über "brennende Fahrzeuge" dürfte bei 6 kg hochexplosiven Wasserstoffs in einem Fahrzeug lustig werden ;-)

Mo., 18.01.2021 - 14:46 Permalink
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Michele De Luca Mo., 18.01.2021 - 23:09

Ich habe mich mehrmals über die H2-Projekte in Südtirol geäußert, letztlich über die hohen Kosten, weiter über das Projekt H2 2030 (wo Unklarheit über Kosten und dessen tatsächlichen Realisierung im Rahmen des Öpnv herrscht).
Zitat: "Es bleibt die Hoffnung, dass in Südtirol die politischen Verantwortungsträger dort weitermachen, wo sie angefangen haben und das Projekt Wasserstoff weiterführen. (...)" Na ja, man könnte und sollte über den Anfang mal diskutieren, weil z.B. die Prognosen der letzten Jahre über die E-Mobilität aus Bozen Süd teilweise danebengeraten sind. Ganz zu schweigen von der Verbreitung der H2-Mobilität... darüber habe ich mich kürzlich befasst. Ergebnis: leider kein Kommentar mit der üblichen Funkstille.
Zitat: "In den Städten müssen zusätzlich neue Mobilitätskonzepte erstellt werden, um sie vom Verkehr zu entlasten." Ach ja? Mit Projekten die immer mehr Verkehr anziehen werden oder z.B. mit dem Parkplatz am Siegesplatz mit der fast Verdoppelung der Parkplätze mit der Begründung der Nähe zum Ötzi-Museum und des zukünftigen Bibliothekenzentrum? Super, da soll man bequem bis fast ins Stadtzentrum mit dem Privat-Kfz fahren und dann in der neuen Tiefgarage parken... das sind - leider - alle verkehrsanziehende Projekte.
Seit über zehn Jahren habe ich um eine öffentliche Debatte über diese Themen gefragt, nichts ist aber passiert. Hat man irgendwie Angst sich über diese Themen zu konfrontieren? Scheinbar ist es so. Und mit dem H2-Gelderegen aus Brüssel wird man wahrscheinlich wenig Lust haben, sich mit Fragen auseinanderzusetzen.
Mal sehen, ob Cgil-Agb eine Debatte über diese Themen fördern kann. Es gäbe in der Tat viel zu erörtern.

Mo., 18.01.2021 - 23:09 Permalink
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Brenner Flo Di., 19.01.2021 - 09:57

" da bei diesen die umweltschädliche Herstellung der Batterien...." - diese Herstellung ist nicht viel umweltschädlicher als sonstige Industrieproduktion oder bspw. Verbrennungsmotoren.
"...und das Entsorgungsproblem noch nicht gelöst werden konnte." - stimmt doch nicht.
"Auch hat ein wasserstoffbetriebenes Fahrzeug eine Reichweite von bis zu 800 km und ist in 2 Minuten betankt." - das sind frei erfundene Hausnummern. Mit Mühe schaffen neueste Wasserstoffautos vielleicht 600 km und damit nicht viel mehr als ein E-Auto. Zudem dauert das Tanken nicht 2, sondern mit der aktuellen Infrastruktur bis zu 15 min und mehr.

Di., 19.01.2021 - 09:57 Permalink