Wirtschaft | Ladenöffnungszeiten

Handel: Was bringt uns der offene Sonntag?

Was bringt die Sonntagsöffnung tatsächlich? Ein Jahr nach der kompletten Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten wird italienweit wieder begonnen zurück zu rudern. Doch Südtirols Politik ist hier noch zu träge, findet der Kaufleuteverband.

Einkaufen rund um die Uhr – und das an jedem Tag der Woche. Die Sonntagsöffnung ist in Italien seit der kompletten Liberalisierung der Öffnungszeiten im vergangenen Jahr möglich. Eines der vielen Erbstücke von Mario Monti und seines Salva Italia-Dekrets, das von Beginn an für heiße Diskussionen sorgte. Unternehmerische Freiheit, Service am Konsumenten und Ankurbelung des Konsums versus Gefährdung der Sonntagsruhe, Werteverfall und Ausbeutung von Angestellten: So lauten nur einige der Argumente, die im ideologischen Diskurs um die Sonntagsöffnung vorgebracht werden. Auch hinsichtlich wirtschaftlicher Auswirkungen gehen die Einschätzungen auseinander. Hält Aspiag-Koordinator Robert Hillebrand den offenen Sonntag als einen der umsatzstärksten Tage der Woche hoch, ist er für Laubenkönig Georg Oberrauch eine „reine Augenauswischerei“. Denn wie Oberrauch in einem salto-Interview meinte: „In der Vergangenheit hat sich klar gezeigt, dass sie einen kurzfristigen Vorteil für neue Betriebe darstellt, wenn diese als einzige  geöffnet halten. Doch sobald andere nachziehen, bleibt wenig übrig.“

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Simulation, die im Rahmen des eben erschienen Retail Outlooks 2014 der Schweizer Großbank Credit Suisse durchgeführt wurde. Demnach können die Mehrkosten von ausgedehnten Ladenöffnungszeiten nur dann durch ein entsprechendes Umsatzplus wettgemacht werden, wenn einzelne Unternehmen alleine vorziehen. Sobald alle Läden diese Strategie verfolgen, verpuffe der Effekt allerdings, heißt es in der Studie.  

„In Südtirol verdienen derzeit sicher noch einige wenige recht gut an der Sonntagsöffnung“, meint der Präsident des Handels- und Dienstleistungsverbandes Walter Amort. Er sieht in der Sonntagsliberalisierung nicht zuletzt eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten kleiner Familienbetriebe, die sich weit schwerer tun, sieben Tage die Woche offen zu halten. Größere Betriebe würde die Sonntagsöffnung dagegen dank prekärer Arbeitsverträge vielfach auch noch ohne Aufschläge für die Angestellten hinbekommen. 

Selbstverpflichtung im Liberalisierungsdschungel

Wie viele Betriebe in Südtirol derzeit tatsächlich am Sonntag geöffnet haben, dafür gibt es auch im hds noch keine genauen Daten. Denn die Praxis ändere sich je nach Jahreszeit, touristischer Intensität oder Größe einer Gemeinde. Allerdings hat sich laut Walter Amort im Laufe des vergangenen Jahres eines freiwillige Selbstverpflichtung bewährt, nach der in hds-Ortsausschüssen gemeinsam festgelegt wird, welche Läden an welchen Sonntagen geöffnet halten. Um auch den KundInnen einen entsprechenden Überblick zu geben, wurde vom Verband Kommunikationsmittel bereitgestellt.

Auch wenn damit zumindest ein wenig Ordnung in einen komplett liberalisierten Markt eingezogen ist, hofft man beim Kaufleuteverband nun auf die italienweit wachsenden politischen Bemühungen, die Liberalisierung zumindest teilweise wieder zurückzudrehen. „Dafür gibt es derzeit von einigen Regionen und Provinzen in Rom sehr starken politischen Druck“, sagt Amort.  Der Wunsch? Auf nationaler Ebene sollte zumindest eine gewisse Zahl von Sonntagen wieder verpflichtend geschlossen gehalten werden. Vor allem aber sollten die einzelnen Regionen die Kompetenz erhalten, die Öffnungszeiten darüber hinaus an die lokalen Gegebenheiten anpassen zu können. Wie schnell diese Bemühungen tatsächlich fruchten werden, kann auch der hds-Präsident schwer abschätzen. Klar ist für ihn, dass sich die lokale Politik bislang noch wenig für das Thema engagiert. „Wenn man bedenkt, wie stark die Sonntagsöffnung die Menschen beschäftigt, ist das eigentlich verwunderlich“, so sein Wink mit dem Zaunpfahl. Vielleicht kommt er ja bei einem oder einer der frischgebackenen Landtagsabgeordneten an.