Gesellschaft | Kampagne

Was will man sagen?

Eine neue Kampagne des Landes erntet Kritik. Mit den Bildern werde Hoffnungslosigkeit und Angst vermittelt, heißt es von mehreren Seiten.
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Foto: APB

“Wer ist in Südtirol eigentlich verantwortlich für die desaströse Kommunikation? Mit Conny und Covy dachte ich eigentlich, müsste der Tiefpunkt erreicht sein. Nein. Es geht eindeutig noch tiefer.” Diese Zeilen schreibt der Schauspieler und Kabarettist Lukas Lobis am Mittwoch Abend in einem Facebook-Post. Er ist nicht der einzige, der die Bilder, mit denen das Land an die Einhaltung der Corona-Regeln erinnern will, gesehen hat. Und dem sie gar nicht gefallen.

Ein verzweifelter Barbetreiber, der vor seinem geschlossenen Lokal hockt, ein Kind, das seine Großmutter nur durch eine Glasscheibe begrüßen kann, eine Ärztin, der die Strapazen der Corona-Einsätze ins Gesicht geschrieben stehen. Das sind nur einige der Motive der Kampagne “Bevor es zu spät ist!” - “Prima che sia troppo tardi!” - “Denant che al sides massa tert!”

 

Es sind beklemmende Bilder, die laut Ulrich Stofner, Ressortdirektor von Arno Kompatscher, notwendig sind. “Gerade jetzt braucht es die klare Ansage, dass wir alle die Sicherheitsregeln einhalten müssen, sonst ist es zu spät”, verteidigt Stofner im Gespräch mit der Südtiroler Tageszeitung die visuelle Kommunikationsstrategie des Landes.

“In Zeiten wie diesen eine derart deprimierende und Hoffnungslosigkeit kommunizierende Kampagne zu lancieren, erfüllt den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung”, entgegnet Lukas Lobis. Er fragt sich: “Sind die noch bei Trost? Wissen die, wie hoch die psychische Belastung bei vielen gerade ist? Wie nahe am Abgrund viele stehen? Wie wichtig jetzt Zuversicht, Gemeinsamkeit, Hoffnung und Zusammengehörigkeit sind?” Auch Christa Ladurner, Koordinatorin der Fachstelle Familie im Forum Prävention, Vorsitzende der Allianz für Familie und SVP-Gemeindeassessorin in Tscherms, blickt kritisch auf die Bilder der neuen Kampagne: “Ich habe sie einer Gruppe von jungen und älteren Menschen gezeigt. Düster, traurig und negativ waren die Assoziationen. Ist es wirklich das, was wir in Krisen brauchen?

 

Grüne und Team K haben Anfragen im Landtag eingereicht, um die Überlegungen, Beauftragungen und Kosten hinter der Kampagne in Erfahrung zu bringen. “Für autoritäre Botschaften habe ich ein sensibles Gespür. Und diese Kampagne ist bedrückend, verleitet zu Hoffnungslosigkeit und Resignation – und sie ist autoritär. Im Sinne ‘wenn ihr nicht folgt, werdet ihr bestraft’. Das geht gar nicht”, sagt die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa.

“Langsam reicht es wirklich: Kümmert euch endlich um Digitalisierung der Verfahren und um korrekten Datenfluss im Sanitätsbetrieb und erspart uns diese negativen Bilder. Gebt das Geld den Menschen, die nicht wissen, wie sie morgen ihre Lebensmittel bezahlen sollen”, wettert Maria Elisabeth Rieder vom Team K. Ihr Parteikollege Alex Ploner ergänzt: “Wenn ich eines in meiner langen Zeit als Kommunikationstrainer gelernt habe, ist es, wie mächtig Sprache und die Bildsprache ist und wie manipulativ und falsch sie eingesetzt werden kann. In der jetzigen Situation soll Sprache, sollen Bilder motivieren, beruhigen, Angst nehmen – aber nicht Hoffnungslosigkeit und Leere vermitteln, Angst schüren.

 

Die fünf aktuellen Motive sind Teil einer breit angelegten Bewusstseinskampagne, in deren Rahmen zuvor bereits Aufnahmen aus dem Lockdown vom Frühjahr verwendet wurden, die leere Plätze und Straßen zeigen. Laut Stofner wird eine dritte Phase folgen, in der Zusammenhalt und Solidarität vermittelt werden soll. Die Kampagnen werden über Inserate in Tageszeitungen, auf Plakatwänden und online verbreitet. Gekostet haben soll sie knapp 89.000 Euro.