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Gicht – eine Wohlstandskrankheit?!

Metabolisches Syndrom nennt man das Zusammentreffen verschiedener Krankheiten. Gicht kann eine davon sein.
Gichtanfall im Großzehengrundgelenk
Foto: Freepik

Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes 2 und „entgleiste“ Blutfettwerte: treten mindestens 3 dieser Faktoren zusammen auf, spricht die Medizin vom Metabolische Syndrom. Manchmal kommt noch eine 5. Krankheit dazu – die Gicht. Sie kommt aber nur vor, wenn eine genetische Veranlage vorhanden ist. Der große „Vorteil“ der Gicht ist, dass sie zu 100% heilbar (!) ist, wenn man sich rechtzeitig an die entsprechenden Ernährungsregeln hält.

Was ist der Auslöser für einen Gichtanfall?

Gicht ist das letzte Stadium einer schon länger anhaltenden Hyperurikämie – eines zu hohen Harnsäurespiegels. Dieser liegt im Normalfall unter 6,7mg/dl Blut. In dieser Konzentration liegt die Harnsäure im Blut in gelöster Form vor.

Bei manchen Menschen kann der Körper genetisch bedingt das Harnsäure-Gleichgewicht im Blut nicht richtig regulieren. Die Folge: die Harnsäure, wenn sie über den kritischen Wert steigt, liegt nicht mehr zu 100% in gelöster Form vor. Sie kristallisiert aus.

Diese Harnsäurekristalle „schwimmen“ nun im Blut und an Engstellen verstopfen sie die Blutgefäße. Meist ist das erste Blutgefäß das des Großzehengrundgelenks. Diese „Verstopfung“ hat eine Entzündung, Schwellung, Rötung und vor allem starke Schmerzen zur Folge – der berühmt-berüchtigte Gichtanfall.

Woher kommt die Harnsäure und noch viel wichtiger, was kann man machen, damit nicht zu viel davon im Blut ist?

Harnsäure stammt überwiegend aus dem Abbau von sog. Purinen. Purine sind ein wesentlicher Bestandteil der DNA, dem Informationsträger in allen Zellkernen! Dementsprechend kommen Purine in ALLEN menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zellen vor. Mit jeder Zelle, die wir über die Nahrung essen, nehmen wir Purine zu uns. Überschüssige Purine werden in Harnsäure umgewandelt, die wiederum über den Urin ausgeschieden wird. Haben wir zu viel purinreiche Lebensmittel gegessen, kann sich die daraus entstandene Harnsäure nicht mehr im Blut lösen und kristallisiert aus. Extrem purinreich sind Innereien wie Bries, Nieren und Leber sowie Muskelfleisch und Wurst.

Neben der genetischen Disposition, die immer vorhanden sein muss, gibt es weitere Faktoren, die das Auftreten eines Gichtanfalls stark fördern.

Alkohol vermindert die Harnsäureausscheidung, weil die Abbauprodukte von Alkohol bei der Ausscheidung in Konkurrenz mit der Harnsäure stehen. Exzessiver Alkoholkonsum kann einen Gichtanfall auslösen.

Exzessive Nahrungsaufnahme zum Beispiel bei Festen kann zur Folge, dass der Körper mit dem Überangebot nicht zurechtkommt. Die Purine kristallisieren aus und lösen einen Gichtanfall aus.

Auch gefährlich ist extremes Fasten (Nulldiät) oder eine außergewöhnlich extreme sportliche Betätigung. Der Grund hierfür: in beiden Fällen greift der Körper auf Energiereserven zurückgreift. Bevor die Fettreserven „angegriffen“ werden, wird erst auf die schneller verfügbaren Kohlenhydrat- und Proteinspeicher zurückgegriffen. Beim Abbau der Proteine entstehen Purine und in Folge Harnsäure, die wiederum den Harnsäurespiegel ansteigen lassen.

 

Wenn Sie bereits erhöhte Harnsäurewerte haben oder schon einen Gichtanfall hatten, sollten Sie sich streng purinarm ernähren. Das bedeutet, das Sie pro Woche nicht mehr als 2- oder 3-mal 100g Fleisch oder Wurst oder Fisch essen sollten. Sie sollten Ihren Alkoholkonsum, v.a. den von Bier stark reduzieren. Wenn Sie übergewichtig sind, nehmen Sie moderat ab. Machen Sie Sport, aber nicht von 0 auf 100!

Wussten Sie, …

dass Gicht früher als Wohlstandskrankheit bezeichnet wurde und historische Persönlichkeiten, wie Alexander der Große, Karl der Große, Ludwig XIV und Friedrich der Große davon betroffen waren? Wohlstandskrankheit deshalb, weil sich das arme Volk gar nicht so viel Essen leisten konnte, als dass es zu viel Purine hätte essen können. Auch in Zeiten von Lebensmittelknappheit, wie im Krieg verschwindet die Krankheit Gicht fast zur Gänze.

 

"Diese Harnsäurekristalle „schwimmen“ nun im Blut und an Engstellen verstopfen sie die Blutgefäße. Meist ist das erste Blutgefäß das des Großzehengrundgelenks. Diese „Verstopfung“ hat eine Entzündung, Schwellung, Rötung und vor allem starke Schmerzen zur Folge – der berühmt-berüchtigte Gichtanfall."

Diese Aussage dürfte so nicht ganz stimmen, die Harnsäurekristalle befinden sich in der Gelenksflüssigkeit und können im Polarisationsmikroskop beobachtet werden als leuchtende Stäbchen auf dunklem Hintergrund.
Der letzte Absatz aber stimmt und die Gicht ist eine der wenigen Krankheiten über die sich das arme Volk damals lustig machte und herrliche Karikaturen anfertigte, weil es eben nur die reichen Leute betraf.

Sa., 10.04.2021 - 17:16 Permalink