„Südtirol hat Onlinehandel unterschätzt“
Amazon baut gerade sein Logistiknetzwerk in ganz Italien aus, auch in Südtirol. Unter anderem soll eine Lagerhalle beim Unternehmen Durst in Brixen angemietet werden, weitere sind in Bozen und im Burggrafenamt geplant. Wo stehen zurzeit die Verhandlungen?
Josef Lazzari: Der Standort in Brixen ist schon aktiv. Seit ungefähr einem Monat treffen Fernlaster mit Paketen ein. Diese werden bereits am nächsten Tag über mehrere Kleintransporter von Brixen ins Eissacktal, Wipptal, Pustertal und Gröden zugestellt. Die Südtiroler Standorte sind jedoch als reine Verteilungszentren vorgesehen.
Das heißt?
Die großen Amazon-Logistikzentren haben normalerweise eine Größe von ungefähr 70.000 Quadratmetern und beschäftigen ungefähr 1.500 Vollzeitmitarbeiter. Ein solches haben wir in Italien zum Beispiel in Piacenza. Dort werden die Waren zusätzlich zusammengestellt und verpackt. In Südtirol werden die Pakete nur verteilt.
Wie wirkt sich der neue Amazon Standort auf den Arbeitsmarkt aus?
In Brixen beschäftigt Amazon 20 fixe Mitarbeiter direkt. Aber auch indirekt schafft Amazon Arbeit, denn die Auslieferung wird von bereits aktiven lokalen Fuhrunternehmen erledigt werden. So, wie es auch bei anderen Logistikunternehmen der Fall ist, zum Beispiel bei DHL.
Südtiroler Verbraucherinnen und Verbraucher haben Amazon jetzt quasi vor der Haustüre. Was ändert sich dadurch?
Die Taktik von Amazon ist es ja, dass die Pakete immer schneller ankommen, die Wartezeit immer kürzer wird. Seit das Zentrum in Brixen eröffnet wurde, werden die Pakete auch sonntags zugestellt, und das nicht nur in den großen Städten wie Meran oder Bozen. Seit kurzem kommt das Amazon-Paket auch in Sterzing oder Bruneck an einem Sonntag an. Aus diesem Grund war Brixen als Standort für Amazon zentral, weil es Zugang bietet zu wichtigen Tälern, wie Pustertal, Gröden oder Wipptal. Natürlich haben online Anbieter hier einen großen Vorteil gegenüber lokalen Anbietern, die am Sonntag großteils geschlossen sind.
Womit wir bei den Nachteilen wären, die der Amazon-Standort für die Region bringt.
Amazon fungiert ja als Plattform, das heißt, jeder kleine Anbieter kann sich über Amazon einen Markt aufbauen. Man bestellt ja auch nicht direkt bei Amazon, sondern beim Anbieter, der über die Plattform seine Produkte an den Mann bringen will. Amazon gibt es nicht erst seit gestern. Und der Südtiroler Einzelhandel hat hier das Onlinegeschäft vielleicht ein bisschen unterschätzt.
Können Sie die negative Reaktion lokaler Kaufleute nachvollziehen?
Ich kann sie bis zu einem gewissen Punkt verstehen. Andererseits, ob das Paket von Trient oder von Brixen aus geliefert wird – dadurch ändern sich die Lieferzeiten nicht so stark. Abgesehen von der Sonntagszustellung. Das Problem ist, dass man Amazon nicht unbedingt als ein gewerkschaftsfreundliches Unternehmen bezeichnen kann.
Was genau beschäftigt den Gewerkschaftsbund in diesem Zusammenhang?
Für uns stehen die arbeitsrechtlichen Aspekte im Vordergrund. Für uns sind wichtig: Die Arbeitsverträge, eine gerechte Entlohnung, Sozialabgaben, dass Überstunden bezahlt werden, dass die Angestellten unfallversichert sind, dass ihre Ferien garantiert sind, und ihre Sicherheit am Arbeitsplatz. Dazu gehört für uns auch, dass eine Gewerkschaftsvertretung gewährleistet ist. In Alabama, dem Hauptsitz von Amazon, ist die Wahl einer Gewerkschaftsvertretung an den Arbeitern selbst gescheitert. Der große Standort in Piacenza hat hingegen eine gewerkschaftliche Vertretung gewählt. Das ist für uns ein wichtiger Präzedenzfall. Natürlich hat Italien auch eine ganz andere Geschichte was die Gewerkschaften angeht als Amerika.
Unter anderem die Arbeiter der Post AG beschäftigt die Ankunft von Amazon. Warum?
Seit Amazon 2018 ein Abkommen mit der italienischen Post AG abgeschlossen hat, wurde auch in der Provinz Bozen die gesamte Zustellungsorganisation der Post auf Amazon ausgerichtet. Das heißt man ging immer mehr hin zur Paketzustellung und weg von der Postzustellung. Heutzutage schreibt ja auch kaum mehr jemand Briefe. Um dem Kunden Amazon gerecht zu werden – denn es musste ja immer schneller gehen, Amazon ist ein sehr kritischer Kunde – wurden Investitionen in Millionenhöhe gemacht. Jetzt haben sich besorge Arbeiter an uns gewandt, weil seit einiger Zeit nur mehr ganz wenige Amazon Pakete über die Post geliefert werden.
Woher kommt das?
Wir warten noch auf einer Antwort aus Rom, ob sich am Vertrag mit Amazon etwas geändert hat. Natürlich wird auf römischer Ebene immer sehr vorsichtig vorgegangen, denn mit Amazon will man es sich nicht vertun. Unsere Sorge ist, dass sich die Situation auf die Arbeitsplätze der Post auswirken könnte. Denn wenn wir 20 Arbeitsplätze bei Amazon schaffen, dafür aber 20 Stellen bei der Post verloren gehen, dann ist das ein Nullsummenspiel.
Was könnte eine mögliche Lösung sein?
Es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass die kleinen Ortschaften in den Tälern weiterhin von der Post beliefert werden, nachdem die Briefträger überall hinkommen, während die Hauptorte mehr oder weniger über Amazon beliefert werden. So war es bisher sowieso immer, dass Kurierdienste die Pakete bei den Briefträgern abgegeben haben, um nicht mehrere Kilometer bis zum abgelegenen Hof machen zu müssen.
Was werden die nächsten Schritte im Umgang mit Amazon sein?
Wir behalten die Entwicklung der Standorte in Südtirol auf jeden Fall im Auge. Wir stehen in Kontakt mit der nationalen Gewerkschaft, die eine eigene Amazon-Abteilung eingerichtet hat, mit Hinblick auf Piacenza, wo wir ja von tausend Arbeitsplätzen sprechen. Da haben wir sicherlich einen guten Rückhalt und kompetenten Ansprechpartner. In Südtirol ist alles noch am Anfang, und wir müssen schauen, wie genau das mit den Lieferungen vorgehen wird, bevor wir unsere Aktivitäten danach ausrichten.
Es gibt noch viel mehr zu
Es gibt noch viel mehr zu unterschätzen.
"denn mit Amazon will man es
"denn mit Amazon will man es sich nicht vertun."
Ja genau, wen interessiert da schon Arbeitsrecht, Kollektivvertrag, und andere "unwichtige" Rechte der Angestellten, so es überhaupt Angestellte geben wird, und nicht nur Leiharbeiter auf Sklavenniveau.
in 10 Jahren kommen die
in 10 Jahren kommen die Pakete per Drohne, 24/7/365 - so leid es mir für die Zusteller tut. da wird nur mehr ein Amazon-Männchen die liegen gebliebenen Drohnen einsammeln gehen an statt dass 20 Ausfahrer herumtigern.
Antwort auf in 10 Jahren kommen die von Michl T.
Dann müssen die 20 Ausfahrer
Dann müssen die 20 Ausfahrer halt auf Drohnenpilot umschulen.