Gesellschaft | Generationen

„Vermehrt Partizipation fordern“

Hans Karl Peterlini spricht über die Generationeneinteilungen, die zukünftige Rolle der OJA und kritisiert das negative Image der Jugend.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Universität Klagenfurt

In der Soziologie teilt man die Bevölkerung in Generationen ein. Die Generationen gelten als grundlegender Indikator, welche Persönlichkeitszüge Menschen entwickeln. Es wird davon ausgegangen, dass historische Ereignisse, technische Neuerungen und gesellschaftliche Veränderungen eine starke Auswirkung auf die jeweiligen Altersklassen haben. Es gibt jedoch auch Kritik an dieser Einteilung. Im Interview mit dem Universitätsprofessor für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Interkulturelle Bildung an der Universität Klagenfurt, Hans Karl Peterlini, wird ein Blick auf Generationeneinteilung, Verunglimpfung der Jugend und die Offene Jugendarbeit geworfen.

salto.bz: Babyboomer, Generation X, Generation Y, Generation Z und die jüngste Generation Alpha – Was hat es mit dieser Generationeneinteilung auf sich?

Hans Karl Peterlini: Die Generationeneinteilung ist ein Versuch Ordnung in die Komplexität der Gesellschaft zu bringen. Erst durch diese Einteilung können Merkmale von Zeiterscheinungen und das Verhalten von Gruppen benannt werden. Zum größten Kritikpunkt dieser Einteilung gehört, dass alle Menschen, die in einer gewissen Zeitspanne geboren werden, in eine Schublade gesteckt werden. Solche Verallgemeinerungen sind immer schwierig.

Sie konnten sich die Sachzwänge des Wirtschaftsystems nicht aussuchen, aber die Bewegung sucht neue Antworten darauf.

Wie sehen Sie gesellschaftliche Bewegungen wie Fridays for Future?

Auch diese Bewegung steht nicht für die gesamten derzeit lebenden Generationen. Es gibt natürlich auch Jugendliche, die in eine ganz andere Richtung gehen, die das ablehnen, so wie es innerhalb der Bewegung solche geben wird, die eher mitlaufen und nicht konsequent durchhalten, was sie fordern. Bei Generationeneinteilungen handelt es sich immer um einen Wechselprozess aus Selbstwahrnehmung und Zuschreibung. Dieser ergibt sich daraus, was jungen Menschen in einer bestimmten Lebensphase zugeschrieben wird (medial, in politischen Diskursen, Kunst und Filmen) und was sie selbst als Lebensgefühl empfinden. Dann gilt aber, was ich oben gesagt habe: Sie konnten sich die Sachzwänge des Wirtschaftsystems nicht aussuchen, aber die Bewegung sucht neue Antworten darauf. Das finde ich unglaublich wichtig, eine positive Überraschung. 

Oft wird die Jugend als unpolitisch bezeichnet, dieses Gefühl teile ich nicht.

Sehr oft wird „die Jugend“ negativ assoziiert.

Oft wird die Jugend als unpolitisch bezeichnet, dieses Gefühl teile ich nicht. So gibt es bei Fridays for Future eine durchaus wache Beteiligung am gesellschaftlichen Prozess, die dann aber von etablierter Seite auch nicht erwünscht ist. Gleichzeitig gibt es Angebote wie Wahlen, wo Beteiligung organisiert ist, welche dennoch nur begrenzt in Anspruch genommen werden. Die Jugendschelte ist manchmal der einfachste Weg auf Vorkommnisse zu reagieren. Sollten wir diese Zeichen nicht vielmehr zum Anlass nehmen, die Institutionen zu hinterfragen? Schließlich kreisen viele demokratische Institutionen in einem selbstgefälligen Leerlauf, wo die Beteiligung oft nur als Alibi dient, um die Institutionen demokratisch zu legitimieren.

 

 

Wie könnte man Jugendliche aktiver in die Gesellschaft einbinden?

Jugendliche sind ein Seismograf der Gesellschaft. Wir sollten uns stärkere in Richtung repräsentative Demokratie bewegen und vermehrt Partizipation fordern. Junge Menschen reagieren feinfühlig darauf, ob ihnen etwas vorgespielt wird oder ob effektiv Möglichkeiten des Handelns angeboten werden.

Wir alle haben sehr unter den Einschränkungen der Pandemie gelitten. Welche Folgen erwarten uns?

Die Pandemie wird Einschnitte auf unser Leben haben: welche und für wen ist noch ungewiss. Ein Teil der Menschen wünscht sich sicher die Vor-Corona-Realität zurück. Es gibt aber hoffentlich auch Lernprozesse, wo diese hinterfragt wird. Es werden viele neue Fragen aufkommen: Wie sichern wir Arbeit? Wie entwickeln wir Zukunftsaussichten? Wird die längst notwendige ökosoziale Korrektur möglich werden? Können wir auf globale Probleme nationalstaatliche Antworten geben? Ich kann mich nur wiederholen: hoffentlich gibt die junge Generation bessere Antworten als die vorherige.

Jugendliche sollen in diese Leere hinein selbst wirken können.

Sprechen wir noch kurz über die Offene Jugendarbeit. Welche Rolle wird sie in Zukunft wahrnehmen müssen?

Wahrscheinlich reagiert die OJA bereits jetzt besser als viele andere auf die Bedürfnisse junger Menschen. In der OJA existiert die notwendige Sensibilität im Umgang mit Jugendlichen. So werden den Jugendlichen Programme nicht aufgedrückt, sondern im Aushandlungsprozess mit ihnen entworfen. Das große Potential liegt darin, Jugendliche nicht nur zum Mitmachen einzuladen, sondern auf ihre Themen und Bedürfnisse einzugehen.

Welchen Prinzipen sind für eine erfolgreiche OJA ausschlaggebend?

Ziel ist es eine offene Situation zu schaffen, in der möglichst wenig vorgegeben ist. Jugendliche sollen in diese Leere hinein selbst wirken können. Leere und offener Spielraum ermöglichen Selbstwirksamkeit, und Jugendliche können für sich selbst erkennen, worin ihre individuellen Interessen liegen, und entscheiden, was sie machen möchten. Hier hat die OJA bereits einen sehr guten Zugang gefunden, indem sie ein offenes Feld schafft, wo Jugendliche selbst Antworten geben können.

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Karl Trojer Mi., 22.09.2021 - 09:50

Ja, Partezipation muss Jugendlichen Mitentscheidung und Mitverantwortung ermöglichen und dafür sollte aber, m.E., die direkte Demokratie stärker ausgebaut werden.

Mi., 22.09.2021 - 09:50 Permalink