In den letzten Tagen (vor allem seit der Demonstration in Rom, die sich gegen die geltenden Vorschriften zur umfassenden Einführung des so genannten "Green Pass" richtete) war viel vom Faschismus die Rede. Das ist nichts Neues. Das Thema Faschismus taucht immer wieder im öffentlichen Diskurs auf, wir können es als “ever black” definieren. Wenn dieses Thema angesprochen wird, wird fast immer eine der folgenden paradigmatischen Haltungen eingenommen. Die erste Haltung, die von der überwiegenden Mehrheit der Menschen geteilt wird, ist die einer relativen Gleichgültigkeit: Man will nicht über den Faschismus reden oder versteht nicht, warum man immer wieder über ihn redet, es gibt ohnehin viel dringendere Probleme, mit denen man sich beschäftigen muss. Die zweite Haltung, die vor allem unter den Linken und dort vornehmlich unter den Mitgliedern der A.N.P.I. vertreten wird, steht im Gegensatz zur ersten: Über den Faschismus muss immer gesprochen werden, weil diese politische Vergangenheit nie wirklich aufgearbeitet wurde und immer noch schädlich auf die Gegenwart einwirkt. Dann gibt es noch eine dritte Haltung, ebenfalls eine Minderheitenhaltung, die sich im Gegensatz zur zweiten entwickelt: Der Faschismus war eine glückliche Ära, in der alles funktionierte (die Züge kamen pünktlich), Italien hatte ein Imperium, und es wäre gut, wenn ein weiterer Mussolini zurückkäme (die Idioten, die z. B. den Sitz der CGIL angegriffen haben, identifizieren sich mit dieser Position). Schließlich gibt es noch eine andere Haltung, die vielleicht nicht so mehrheitsfähig wie die erste, aber doch recht verbreitet ist und einige Elemente der dritten Position enthält: Der Faschismus ist Geschichte, er kann zwar verurteilt werden, aber er unterscheidet sich nicht von anderen totalitären Bewegungen (z.B. dem Kommunismus), und deshalb muss man, wenn man den Faschismus angreift, gleichzeitig auch alle diese Bewegungen verurteilen (normalerweise werden diejenigen, die diese Position vertreten, an einem bestimmten Punkt der Diskussion fragen: “E allora le foibe, e allora Draghi?”).
Ein anderes Narrativ andenken
Ich will hier nicht bewerten, welche dieser Haltungen die vernünftigste (oder die sinnloseste) ist. Jeder sollte das tun, was er für richtig hält. Aber wenn wir schon vom Faschismus reden, dann fällt mir, um auf näherliegende Dinge zu sprechen zu kommen, ein Artikel ein, der vor einigen Wochen in der Wochenzeitung “ff” veröffentlicht wurde und einen sehr überraschenden Titel trug: “Nicht alles war schlecht”. Der von Alexandra Aschbacher verfasste Artikel basiert auf den Überlegungen von Annemarie Augschöll, einer Bildungshistorikerin, die einen Großteil ihrer Forschungen genau dem Verständnis der faschistischen Schule in Südtirol gewidmet hat (also von der Lex Corbino - eigentlich von 1921 - bis zum Sturz des Regimes im Jahr 1943). Ich werde hier nicht ins Detail gehen, sondern möchte nur den Kern der Argumentation skizzieren. Um zu beurteilen, was die faschistische Schule in Südtirol war, ist es laut Augschöll nicht nur (ich betone: nur) notwendig, sich auf die kollektive politische Erzählung von ihr zu stützen, sondern es ist auch notwendig, sich in die verschiedenen Aspekte der gelebten Erfahrungen derjenigen zu begeben, die sie besucht haben, um so zu versuchen, ein differenzierteres Bild zu erhalten. Hier ein erhellendes Zitat: «Zeitzeugen, die positive Erlebnisse hatten, fällt es heute oft schwer darüber zu erzählen. Eben weil solche Geschichten nicht in das passen, was wir im Sinne einer vereinfachten, eindimensionalen Erzählung von der Schule im Faschismus festgehalten haben». Das sind, wie gesagt, überraschende Aussagen, weil sie an einem scheinbar unumstößlichen Tabu kratzen. War der Faschismus dann nicht ausschließlich ein Projekt der Demütigung und Auslöschung der lokalen Kultur? Ist es sinnvoll, noch zu überprüfen, ob irgendetwas von dieser Tragödie “anders gedacht” werden kann? In Wirklichkeit ist die Intention der Wissenschaftlerin nicht “revisionistisch” (zumindest nicht in dem negativen Sinne, den wir im Allgemeinen mit diesem Begriff verbinden), und noch weniger zielt sie darauf ab, den Faschismus und seine Bildungspolitik zu beschönigen oder zu rehabilitieren. Nach Augschöll - und das ist der eigentliche Punkt - muss die Erfahrung des Faschismus in all ihren Nuancen betrachtet werden, denn nur so können wir auch die Knoten entwirren und jene psychologischen Blockaden überwinden, die noch immer sein Überleben ermöglichen. Kurz gesagt, es handelt sich um einen Prozess, der noch entwickelt werden muss, damit eine echte Aufarbeitung der Vergangenheit und damit eine bessere Gestaltung unserer Zukunft stattfinden kann.