Gesellschaft | Aus dem Blog von Stiftung Vital

Pillen statt Vorsorge?

Die Südtiroler Handelskammer hat kürzlich Maßnahmen zur Kostenreduzierung im Sanitätswesen vorgeschlagen und dabei auch auf die Gesundheitsvorsorge hingewiesen. Leider wurde von den meisten Printmedien dieser Teil nicht wiedergegeben.
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Wörtlich schreibt die Handelskammer: „Das Prinzip der Vorsorge statt Nachsorge muss großgeschrieben werden: Herz-Kreislauf sowie psychische Erkrankungen nehmen in unserer modernen Gesellschaft ständig zu.“ Und weiter: „Gerade gegen diese Zivilisationsleiden sind Maßnahmen der Prävention und der Gesundheitsförderung am effektivsten und gleichzeitig am kostengünstigsten… Eine Möglichkeit ist die steuerliche Freistellung von Leistungen des Arbeitsgebers, die darauf abzielen, den allgemeinen Gesundheitszustand der Arbeitnehmer zu verbessern.“

Tatsächlich hat sich das Krankheitspanorama in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren Infektionen die Hauptursache für Erkrankung und vorzeitigen Tod, und auch Kriege, miserable Lebens- und Arbeitsbedingungen trugen mit dazu bei, dass die Lebenserwartung deutlich niedriger war. Heute sind chronische nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen neben Unfällen und Suiziden die Hauptgründe für vorzeitig verlorene Lebensjahre.

Auch bezüglich Krankheitslast stehen die chronischen nichtübertragbaren Krankheiten an erster Stelle: Sie erfordern eine hohe Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, verschlechtern die Lebensqualität, führen zu frühzeitiger Verrentung und sind damit hauptverantwortlich für die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Das ist die schlechte Nachricht; die gute Nachricht ist, dass laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Krankheiten mit einem gesunden Lebensstil und gesundheitsförderlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen um bis zu 50 Prozent vermeidbar wären.

Das ist der Punkt, an dem eine zukunftsweisende Gesundheitspolitik ansetzen muss: Wenn sie die Leistungsfähigkeit der modernen  Medizin auch in Zukunft gewährleisten will, dann muss sie die  Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung politisch stärken und in allen Politikbereichen verankern.

Die Anregung der Handelskammer, steuerliche Anreize für Arbeitgeber zu schaffen, die den Gesundheitszustand der Belegschaft verbessern, ist in anderen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, bereits Realität. Bundesdeutsche Arbeitgeber können pro Jahr einen Steuerfreibetrag von 500 Euro pro Mitarbeiter/-in für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung geltend machen. Und der österreichische Gesundheitsminister Alois Stöger sagte kürzlich in einem Interview: „Die Rahmengesundheitsziele, die sich ja alle an Kriterien der Gesundheitsförderung orientieren, müssen in der Planung für das gesamte Gesundheitswesen berücksichtigt werden.“  Soviel Erneuerung möchte man sich auch von der neuen Südtiroler Landesregierung wünschen.

Mag. Franz Plörer MPH
Direktor der Stiftung Vital

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