"Berg Heil!“ oder nicht?
Herr Hölzl, wie sieht es mit der Statistik der Bergrettungseinsätze aus?
Von den klassischen alpinen Kletterunfällen gibt es relativ wenige pro Jahr. In Südtirol finden davon etwa um 15 bis 20 Ereignisse im Durchschnitt statt, Unfälle im Hochgebirge. Die Vorfälle in Klettergärten werden nicht eingerechnet. Insgesamt sind von den 936 Rettungseinsätzen, die letztes Jahr nötig waren, rund 403 einfache Wanderunfälle. Dabei handelt es sich meist um Verletzungen wie Verstauchungen des Sprunggelenks oder unterschiedliche Frakturen. Diese Einsätze konnten wir großteils zu Fuß machen. Die Verletzten werden von den Bergrettungskräften zu einem tiefer gelegenen Ort verlegt, von wo aus sie dann durch die Erste Hilfe oder anderweitig ins nächstgelege Hospital gebracht werden.
Ist die Anzahl der Unfälle in den letzten Jahren gestiegen?
Natürlich nahm insgesamt die Anzahl an Bergunfällen in den letzten Jahren zu. Diese Zahlen sollten aber immer im Verhältnis zu der zunehmenden Anzahl an Personen gesehen werden, die das Hochgebirge besuchen. Die Freizeitmöglichkeiten im alpinen Bereich nehmen ständig zu. In den Siebzigern und Achtzigern gab es praktisch keine Zwischenfälle mit Mountainbikes. Gleichzeitig haben sich auch die infrastrukturellen Möglichkeiten verbessert. Neue Seilbahnen und Straßen haben zunächst unzugängliche Gebirgsregionen erschlossen. Es liegt in der Natur der Dinge, dass die absolute Anzahl an Unfällen steigt.
Auch in Klettersteigen?
Also zunächst gilt da zu erwähnen, dass Rettungseinsätzen in Klettersteigen meist nicht aufgrund der unzureichenden Ausrüstung nötig sind. Auch Stürze ins Stahlseil kommen selten vor. Meist handelt es sich bei diesen um Einsätze, bei denen sich die Personen verausgabt haben. Sie überschätzen sich selbst und trauen sich zu viel zu. Da wir in Südtirol normalerweise warmes Wetter haben, kommt es zusätzlich leichter zu einer Überanstrengung. Wenn das inmitten des Steiges passiert, ist dies natürlich ein Problem. Wir helfen selbstverständlich auch hier mit allen nötigen Mitteln.
Auch mit dem Rettungshubschrauber?
Es kommt drauf an. Wir müssen immer von Fall zu Fall unterscheiden. Wie ist die konditionelle Verfassung des Patienten, wie sehen die Gegebenheiten am Notfallort aus, ist das Unfallopfer zu weit abgelegen um den Einsatz zu Fuß zu gewährleisten, oder wie sieht das Wetter aus? Bei stark bewölktem Wetter ist die Hubschrauberrettung natürlich nicht möglich. Der traditionelle Weg ist dabei jedoch immer noch zu Fuß. Zwei Drittel der gesamten Bergrettungseinsätze werden ohne Hubschrauber durchgeführt. Das wissen viele nicht.
Gibt es Klettersteige bei denen sie besonders häufig im Einsatz sind?
Klarerweise gibt es Klettersteige, die gut genutzt werden und bei denen es auch häufiger zu Rettungseinsätzen kommt. Ein Beispiel wäre der Pisciadùsteig in Gröden, der sehr beliebt ist. An sonnigen Tagen gibt es hier sogar Schlangen von Menschen, die vor dem Steig anstehen. Dort sind dann auch die absoluten Unfallzahlen höher.
Wie sieht es in diesem Sommer aus? Habt ihr bei diesem Wetter mehr oder weniger Rettungseinsätze?
Tendenziell haben wir trotz des schlechten Wetters schon viele Einsätze bewältigt. Im Frühjahr hatten wir einen Höhepunkt. Da das Wetter um Pfingsten besser war und es sich zudem um den Anfang der Urlaubszeit handelte, merkte man eine Zunahme der Einsätze. Bei der schlechten Wetterlage, die dann einzog, relativierte es sich. In den kurzen sommerlichen Unterbrechungen spürten wir sofort, dass die Einsatzzeiten wieder zunahmen. Ein Klassiker. Da dieses Wochenende nach langer Zeit wieder eine Wetterbesserung prognostiziert wird, bereiten wir uns wieder auf mehr Einsätze vor.
Sind die Bergrettungsstellen während der Ferragostowochen also stärker besetzt?
Die Bergrettungsstellen sind immer so stark besetzt, damit das Rettungsaufkommen gewährleistet werden kann. Es muss hierbei der Einsatzauftrag, den wir vom Land Südtirol erhalten haben, flächendeckend erfüllt werden. Dieser richtet sich nach den vermuteten Einsatzaufkommen, die zwischen den Dienststellen abgesprochen werden. Da Ferragosto zu den Hauptferienzeiten zählt, ist der Bereitschaftsdienst natürlich stärker besetzt.
Wie sieht es mit den Pilzesammlern aus? Man hört vermehrt Berichte über Rettungseinsätze, die damit in Verbindung stehen.
(lacht) Ja, man merkt dass die „Schwammln“ kommen. Bei den Pilzesammlern ist es meist so, dass sie sich mit dem Blick auf den Waldboden irgendwann verlaufen und sie uns dann erschrocken kontaktieren. Wir helfen auch ihnen in diesen Situationen. Diese Fälle begrenzen sich auf zehn bis fünfzehn pro Jahr.