"Das Land Südtirol ist halt keine Startup-Firma"
Beim letzten Gespräch hielt er sich gerade am anderen Ende der Welt auf, wo er gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen der Wiener Startup-Firma journi einige Wochen direkt im Herzen des Silicon Valley arbeitete. Dieses Mal hat salto.bz Stefan Raffeiner dort getroffen, wo er derzeit an seinen Ideen tüftelt: an der Technischen Universität Wien. Vor genau einer Woche, am 9. Oktober, hat der junge Meraner sein digitales Klassenbuch Informatiklandesrätin Waltraud Deeg in Bozen vorgestellt.
Stefan, wie ist es zum Treffen mit LR Deeg gekommen?
Stefan Raffeiner: Den Termin habe ich durch die Vermittlung des hds bekommen. Dieser war vor einigen Wochen auf mich und meine Situation aufmerksam geworden und hat sich um das Treffen gekümmert.
Wie ist das Treffen verlaufen?
Ich habe Frau Deeg mein Programm präsentiert, ihr gezeigt, wie es funktioniert. Gleichzeitig habe ich ihr auch meine Situation erklärt. Dabei hatte ich jedoch nicht den Eindruck, als würde meine Anwesenheit große Begeisterung auslösen.
Es war auch ein Zusammenkommen mit dem Projektteam des Landes geplant. Ist dieses zustande gekommen?
Ja, am Tag vorher habe ich einige der Leute getroffen, die am Online-Klassenbuch des Landes arbeiten. Sie haben mir einige Fragen gestellt, aber das war's dann auch schon.
Zusammenarbeit ist Dir keine angeboten worden?
Nein. Ich denke, man wollte einfach zeigen, dass meine Ideen gehört werden, aber das Projekt des Landes ist mittlerweile derartig aufgebauscht, dass sich wohl nur schwerlich etwas am Entwicklungsprozess ändern lassen würde.
Hat sich das Projektteam des Landes in die Karten blicken lassen?
Über den derzeitigen Stand wollte man mir nichts sagen. Ich habe erfahren, dass für nächstes Schuljahr eine Testversion an einigen Schulen zum Einsatz kommen soll. Aber da bin ich skeptisch, es hat schon mehrmals geheißen, in einigen Monaten wird das Projekt abgeschlossen sein und zur Umsetzung ausgeschrieben werden. Aber der Termin ist dann immer nach hinten verschoben worden.
Ich versuche, mir Gründe vorzustellen, aus denen Dein digitales Klassenregister nicht landesweit und schulübergreifend zum Einsatz kommen sollte. Wie sieht es mit der Sicherheit der eingegebenen Daten, wie zum Beispiel Schulnoten, Absenzen, Kompetenzbewertungen aus?
Jeder, der zum Zugriff berechtigt ist - Lehrer, Schüler, Eltern - bekommt ein eigenes Passwort und kann nur jene Daten einsehen, für die er freigeschalten wurde. Ein Schüler hat zwar Zugriff auf das Klassenregister, sieht aber - im Gegensatz zum Register in Papierform - nur seine eigenen Absenzen. Außerdem kann über das Handy ein zweiter Code angefordert werden. Das heißt, auch wenn jemand dein Passwort weiß, kann er trotzdem nicht auf deine Daten zugreifen.
Wie steht es um die Dreisprachigkeit des Programmes? Das Online-Register soll ja in ausnahmslos allen Schulen Südtirols zur Anwendung kommen.
Zur Zeit ist das digitale Klassenregister nur in deutscher Sprache programmiert - es war ja anfänglich nur für meine Schule, das Wisslyz Meran, gedacht. Aber es dürfte wohl gar kein Problem sein, das Programm zu übersetzen.
Könnte die fehlende Kompatibilität ein Hindernis sein? Also, dass Daten, die in Dein Programm eingegeben werden, von anderen Programmen - etwa jenen des Landes - nicht gelesen werden können?
Das Land hat hier die Möglichkeit, Schnittstellen zu schaffen, offene Dateiformate, auf die die Schule über das jeweilige Programm zugreift. So würden die strategischen Daten im Haus bleiben - wie das das Land gerne möchte - aber die Schulen hätten die freie Wahl des Programmes. Ein Vergleich könnte hier mit den E-Mails hergestellt werden. Diese sind auch "irgendwo" gespeichert, aber der Zugriff kann entweder über den Browser, mit Outlook oder auf dem Handy erfolgen. Es werden also Programme von unterschiedlichen Anbietern verwendet, um auf einmalig erstellte Daten zuzugreifen.
Aktuell wird Dein digitales Register bereits an mehreren Schulen verwendet. Hat es bisher Probleme oder Schwierigkeiten gegeben?
Ich stehe in ständigem Kontakt mit ein, zwei Administratoren an jeder Schule. Durch den Austausch und das Feedback arbeiten wir daran, das Programm weiter zu entwickeln und zu verbessern. Außerdem gebe ich Fortbildungen für Lehrpersonen, die das Register zum ersten Mal verwenden. Und diese geben ihr Wissen an die Kollegen und Kolleginnen weiter.
Was ist Dein Erfolgsgeheimnis?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, mit einem einfachen, kleinen Produkt zu starten. Dann schaut man, wie es verwendet wird, ob es bei den Benutzern ankommt, welchen Bedarf die Leute haben. Und entwickelt das Produkt dementsprechend weiter. Ist doch besser, als gleich mit einem großen, fertigen Produkt zu starten und es den Leuten dann "aufdrückt" ohne zu wissen, wie es diese verwenden würden.
Diesen Eindruck könnte man vom Vorgehen des Landes im Falle des Online-Registers haben?
Aus Verwaltungssicht ist dieser Weg sicherlich nachvollziehbar, aber nicht aus der Sicht einer Startup-Firma. Als ich in Kalifornien war, habe ich eindrucksvoll bewiesen bekommen, worauf es bei Startups ankommt. Man redet offen über seine Ideen, tauscht sich aus, bietet seine Hilfe an, wo es nur geht. Es herrscht kein Konkurrenzdenken in dem Milieu und die jungen Leute sind optimistischer. Aber das Land Südtirol ist nun mal keine Startup-Firma.