Politik | Diciotti

Signal Richtung Salvini

Der zuständige Senats-Ausschuss sagt Nein zur Aufhebung der Immunität von Matteo Salvini. Auch Senator Durnwalder stimmt dagegen – und Ulli Mair kritisiert die SVP.
Matteo Salvini
Foto: Facebook/Matteo Salvini

Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet. Seit kurz vor 16 Uhr ist es fix: Die Mehrheit im Senat ist gegen die Aufhebung der Immunität von Matteo Salvini. Für 13.30 Uhr war die Sitzung des Ausschusses am heutigen Dienstag einberufen, der über die Frage entscheiden musste.

Den Ausgang nahm die Geschichte im August vergangenen Jahres. Weil Salvini als Innenminister dem Rettungsschiff “Diciotti” fünf Tage lang das Anlegen in italienischen Häfen untersagte und 177 Flüchtlinge auf dem Schiff ausharren ließ, hatte das Minister-Tribunal (“tribunale dei ministri”) von Catania beantragt, Salvini vor Gericht zu zitieren, wegen “sequestro di persona aggravato” – erschwerte Freiheitsberaubung.

Als Minister kann Salvini nicht einfach angeklagt werden. Um Straftaten, die in Ausübung des Minister-Amtes begangen werden, strafrechtlich verfolgen zu können, muss das Minister-Tribunal – ein dreiköpfige Richterkollegium ohne jegliche Rechtsprechungsfunktionen – die Aufhebung der parlamentarischen Immunität bei jener Kammer beantragen, dessen Mitglied der jeweilige Minister ist. Gibt diese grünes Licht und ermächtigt zur Strafverfolgung, wird ein ordentlicher Strafprozess vor dem zuständigen Landesgericht eingeleitet.

Im Falle von Salvini ist die so genannte “Giunta delle elezioni e delle immunità parlamentari” des Senats zuständig.
Mitglied in diesem 23-köpfigen Ausschuss ist auch SVP-Senator Meinhard Durnwalder. Er werde gegen die Aufhebung der Immunität stimmen, kündigte Durnwalder im Vorfeld der heutigen Sitzung an. Er sei der Auffassung, dass Salvini im nationalen Interesse gehandelt habe.

 

16 Nein, 6 Ja

Den Movimento 5 Stelle hat die Frage vor eine Zerreißprobe gestellt. Die Grillo-Partei, die stets gegen die parlamentarische Immunität gewettert hatte, hat im Vorfeld eine Online-Befragung unter ihren Aktivisten durchgeführt – und damit die Frage, ob sie für oder gegen die Aufhebung von Salvinis Immunität stimmen soll, ausgelagert. Wie berichtet, hat sich die Mehrheit der Abstimmenden dagegen ausgesprochen. Entsprechend stimmten alle sechs anwesenden 5-Stelle-Senatoren  (eine Senatorin war abwesend, weil sie in der Nacht zuvor ein Kind geboren hat) im Ausschuss am Dienstag Nachmittag mit Nein. Insgesamt stimmten 16 Senatoren gegen die Aufhebung der Immunität und somit gegen die Einleitung eines Strafprozesses gegen Salvini: 5 Stelle, Lega, Forza Italia, Fratelli d’Italia und SVP. Die sechs Ja-Stimmen kamen von PD, Liberi e Uguali und dem Gruppo Misto.

Die Entscheidung ist keine endgültige, aber dennoch richtungsweisend. Innerhalb 24. März muss das Senats-Plenum den heutigen Beschluss des Ausschusses bestätigen bzw. aufheben. Was aber denkbar unwahrscheinlich ist.

 

Drei nicht eins

Für Spannung sorgt die Tatsache, dass Matteo Salvini aller Voraussicht nach straffrei bleibt, nicht nur im Movimento 5 Stelle. Auch die Autonomiegruppe im Senat ist gespalten. Während Dieter Steger wie Meinhard Durnwalder zum Schluss kommt, Salvini habe im Interesse des Staates gehandelt als er der “Diciotti” das Anlegen untersagt hat, sind Gianclaudio Bressa und Julia Unterberger anderer Auffassung. Sie tendiere eher dazu, für die Aufhebung der Immunität des Innenministers zu stimmen, ließ Unterberger verlauten – wofür die SVP-Senatorin nun von den Freiheitlichen scharf attackiert wird. “Die SVP soll geschlossen hinter dem Innenminister stehen”, fordert Ulli Mair ungeniert. Sie wirft Julia Unterberger vor, ihre “grün-linke Gesinnung erneut unter Beweis” zu stellen, sich vom PD dirigieren zu lassen und “eine denkbar schlechte Südtirol-Vertreterin” zu sein.  

“Jegliche Maßnahmen, die im gesetzlichen Rahmen gegen die illegale Masseneinwanderung getroffen werden, sind zu respektieren und sollten auch von Südtirols parlamentarischen Vertretern der SVP geschlossen mitgetragen werden”, schreibt Mair in einer Aussendung, in der die Freiheitliche Landtagsabgeordnete ziemlich abenteuerliche Thesen in die Welt setzt: “Es ist ein ums andere Mal bezeichnend, dass Linkspolitiker wie Emanuel Macron, Matteo Renzi oder auch Julia Unterberger zwar der Bevölkerung die Einwanderung aufdrängen wollen, selbst aber wohl kaum mit Flüchtlingen direkt in Kontakt kommen werden. Glaubwürdigkeit schaut anders aus. Aus diesem Grund wäre es seitens der SVP-Vertreter in Rom angebracht gewesen sich geschlossen gegen die Aufhebung der Immunität des Innenministers auszusprechen. Anscheinend ist der Einfluss des PD auf die Entscheidungen der SVP noch groß, ansonsten gäbe es diese diametral entgegengesetzten Meinungsunterschiede nicht”, meint Mair zu wissen.