Environment | Raumordnung

Der Ausputz

Die neue Landesregierung will die Landeskommission für Raum und Landschaft mit externen Experten besetzen. Es ist ein offener Misstrauensantrag gegen die eigenen Beamten.
Urbanistik
Foto: LPA/Peter Daldos
  • Es ist ein unscheinbarer Satz im Regierungsprogramm für die Legislaturperiode 2024–2028.  Er steht im Koalitionsprogramm in Kapitel 16 unter „Landschaftsschutz und Raumordnung“. Dort heißt es: „Die Landeskommission für Raum und Landschaft wird weitestgehend mit externen Experten und Expertinnen besetzt“. 
    In diesem Satz ist ein politische Bombe versteckt. Denn dahinter steht auch eine politische Kehrtwende, die deutlich macht, wo die Schwerpunkte der neuen Landesregierung in Sachen Natur und Raumordnung liegen. „Man will hier den Einfluss der Landesämter exemplarisch zurückdrängen“, nimmt sich ein Amtsdirektor kein Blatt vor den Mund.
    Aufgefallen ist der Satz den Südtiroler Grünen. Madeleine Rohrer, Brigitte Foppa und Zeno Oberkofler haben bereits Ende Jänner 2024 eine Anfrage im Landtag dazu eingebracht. „Warum will die Landesregierung die Mitglieder der Kommission durch externe Personen besetzen?heißt es in der Anfrage. Man darf gespannt sein, was Arno Kompatscher & Co auf diese einfache Frage antworten werden.

  • Südtiroler Grüne Fraktion: Anfrage im Landtag Foto: Seehauserfoto
  • Die Neubestellung

    Die Kommission für Raum und Landschaft hat insgesamt acht Mitglieder. Wobei für jedes Mitglied auch ein Ersatzmitglied ernannt wird. 2020 von der Landesregierung ernannt, gehören dem Gremium derzeit folgende Mitglieder an: Den Vorsitz führt Virna Bussadori, Direktorin der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung. Weitere Mitglieder sind die Amtsdirektorin Carlotta Polo (Amt für Gemeindeplanung) als Expertin für Raumordnung, Amtsdirektor Peter Kasal (Amt für Landschaftsplanung) als Experte für Landschaftsökologie, der Direktor der Abteilung Forstwirtschaft Günther Unterthiner als Sachverständiger für Forstwirtschaft und der Direktor des Amtes für bäuerliches Eigentum Werner Hintner als Experte für Landwirtschaftswissenschaften. Dazu kommen noch als externe Sachverständige Marianne Erlacher (vom Rat der Gemeinden vorgeschlagen), Giorgio Gottardi (Naturwissenschaften) und Stefanie Calabrò (Sozial- und Wirtschaftswissenschaften). 
    Bei den acht Ersatzmitgliedern ist die Verteilung zwischen Landesvertretern und externen Fachleuten deckungsgleich.

  • Abteilungsdirektorin Virna Bussadori: Vorsitzende der Kommission für Raum und Landschaft. Foto: LPA/Silvia Fabbi
  • Die amtierende Kommission für Raum und Landschaft verfällt mit dem Ende der Legislatur. Innerhalb von 45 Tagen muss die neue Landesregierung auch eine neue Kommission ernennen. 
    Mit dem Satz im Koalitionsprogramm wird klar, dass man jetzt bei der Neuernennung, die Gewichtung zwischen Landesbeamten und externen Experten auf den Kopf stellen will. 

  • Die Vorgabe

    Laut dem Gesetz für Raum und Landschaft müssen nur die Direktorin der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung als Vorsitzende, sowie eine Vertreterin/ein Vertreter der Abteilung Forstwirtschaft der Kommission angehören. Sie sind damit die einzigen beiden Landesbeamten, die von Amts wegen dem Gremium angehören. Dazu kommen noch jeweils eine Sachverständige oder ein Sachverständiger für Raumplanung, für Landschaftsökologie, für Landwirtschaftswissenschaft, für Naturwissenschaften und für Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften. Ebenso ein Mitglied, das vom Rat der Gemeinden ernannt wird.
    Diese Sachverständigen müssen aus eine Verzeichnis der Sachverständigen für Raumordnung, Natur, Landschaft, Baukultur, Wirtschaft, Soziales, Landwirtschafts- und Forstwissenschaften und Naturgefahren ausgewählt werden, das bei der Abteilung für Natur, Landschaft und Raumentwicklung eingerichtet wird.

  • Unscheinbarer Satz im Koalitionsprogramm: Politische Kursänderung. Foto: SALTO
  • Während die Bediensteten des Landes ihre Tätigkeit während ihrer Arbeitszeit verrichten und keine Entschädigung für die Arbeit in der Kommission erhalten, müssen die externen Sachverständigen für die Sitzungen bezahlt werden. 
    Geht die Landesregierung von einer Kostensteigerung durch die Besetzung mit externen Experten aus? Wenn ja, wie viel wird für das Jahr 2024 budgetiert?“, haken deshalb auch die Südtiroler Grünen in ihrer Landtagsanfrage nach.

  • Lästige Beamte

    Die politische Absicht scheint jetzt eine Art Ausputz zu sein. Der Kommission sollen nur mehr zwei oder höchstens drei Beamte angehören. Die restlichen Plätze sollen von externen Sachverständigen besetzt werden. 
    Die Frage ist, warum man eine lang bewährte Zusammensetzung jetzt plötzlich abändern will.
    Auch dafür gibt es eine klare Antwort. Die Politik hat zunehmend Schwierigkeiten mit den Entscheidungen dieses wichtigsten Gremium in der Raumordnung.

  • Landesrat Peter Brunner: Als Gemeindeverwalter schlechte Erfahrungen gemacht? Foto: Seehauserfoto
  • An den Sitzungen der Kommission nimmt jeweils auch eine Person in Vertretung der gebietsmäßig betroffenen Gemeinde mit Stimmrecht teil. Das ist meistens der Bürgermeister oder der Bauassessor. Immer wieder beklagen sich dabei die Gemeindeverwalter, dass von ihnen forcierte Projekte von der Kommission abgelehnt werden. Es dürfte kein Zufall sein, dass einer, der diese Gangart teilt, ausgerechnet der ehemalige Brixner Bürgermeister und neue Raumordnunglandesrat Peter Brunner ist.

     

    „Die lästigen Beamten sollen durch externe Fachleute ersetzt werden, die pflegeleichter sind.“

     

    Der Plan ist durchschaubar. Die lästigen Beamten sollen durch externe Fachleute ersetzt werden, die pflegeleichter sind. Damit sollen Projekte, die von der Gemeinde- oder von der Landespolitik gewünscht sind, per Mehrheitsbeschluss leichter durch die Kommission gebracht werden.
    Dabei kann die Landesregierung jede Entscheidung der Kommission für Raum und Landschaft sowieso auf den Kopf stellen. Eine Maßnahme, die noch unter Luis Durnwalder zur Tagesordnung gehörte. Arno Kompatscher war vor zehn Jahren aber mit dem Versprechen angetreten, dass sich die neue Landesregierung an die Gutachten der zuständigen Ämter und Beamten halten werde. 
    Mit der Neuausrichtung nimmt man jetzt hier ein klare Kurskorrektur vor. 
    Sitzen in dieser Kommission (fast) keine Beamten mehr, wird es auch nicht mehr offensichtlich, wenn die Landespolitik gegen die Gutachten der eigenen Beamten stimmt.