Gesellschaft | Aus dem Netz: Der Freitag

Wann ist ein Mann ein Monster?

Ein Mann erzählt seine Geschichte. Und die, seiner Frau. Die erwürgt und vergewaltigt wurde. Ein Monster, muss es gewesen sein, oder?

Meine Frau Jill Meagher wurde am 22. September 2012 auf ihrem Nachhauseweg von einem Pub in einem Vorort von Melbourne überfallen, vergewaltigt und erwürgt. Sechs Tage später wurde ihre Leiche 50 Kilometer entfernt vergraben gefunden. Drei Tage nachdem Jills Leiche entdeckt worden war, nahmen 30.000 Menschen an einem Trauermarsch entlang der Hauptstraße unseres Wohnorts teil. Ich sah im Fernsehen, wie all diese Menschen auf das, was Jill angetan worden war, mit Mitgefühl reagierten. Wie sie Anteil nahmen.

Ich hatte mir eingeredet, dass dieser Mann kein Mensch war, sondern das personifizierte Böse. Doch etwas an seiner Fähigkeit, Wörter zu sinnvollen Sätzen zu verbinden, zwang mich nun dazu, meine Sichtweise zu hinterfragen. (...) Ich verließ das Gericht an jenem Tag mit dem Wissen, dass ich mir ein neues Bild vom gesellschaftlichen, institutionellen und kulturellen Kontext machen musste, in dem ein Mann wie er sozialisiert wird und lebt.

Dadurch, dass der Mörder meiner Frau wirklich den Archetyp eines „Monsters“ darstellte, gab er dem weitverbreiteten Mythos Nahrung, wonach Männer, die Frauen vergewaltigen, gewalttätige Fremde sind, die ihren Opfern nachstellen und zuschlagen, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet. Dieser Mythos verzerrt die Wirklichkeit. Er betont die seltenste Form von Vergewaltigung und ignoriert die ganze Bandbreite an nicht einvernehmlichem Sex, der täglich stattfindet. Er dient dazu, den Grund für Vergewaltigungen eher im Verhalten des Opfers zu suchen als beim Täter.

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