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Sturm im Wasserglas?

Der Südtiroler Künstlerbund (SKB) lud zu einem ersten Dialogforum. Der Andrang war mäßig, die Diskussion ebenfalls. Es kann nur besser werden.
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Foto: Seehauserfoto
  • Mit dem Betreff "Einladung zur Dialogrunde" verschickte der Südtiroler Künstlerbund (SKB) am Freitag, den 21. Juni, eine Mail an seine Mitglieder. Darin steht unter anderem: „Wie von Dritten zugetragen, gibt es seitens einiger Mitglieder das Bedürfnis nach einem Austausch. Uns ist es wichtig, sicherzustellen, dass jede/r die Möglichkeit hat, sich einzubringen.“ Für die offene Dialogrunde wurde im Schreiben der 1. Juli ins Auge gefasst worden, eine Anmeldung sollte bis zum 27. Juni eingehen. „Wir sind überzeugt, dass ein konstruktiver, ungezwungener Austausch unter den Mitgliedern nur positiv sein kann und negativen, spaltenden Absichten entgegenwirkt“, heißt es im Schreiben weiter, auch dass es Ziel des SKB-Vorstands sei, „gemeinsam Lösungen zu finden und den Verein weiterzuentwickeln“. Man freue sich auf „Ideen, Bedenken, Vorschläge und auch Kritik.“
     

    Neben dem Fall Sterna hatte auch die vor wenigen Monaten eröffnete Ausstellung von Südtiroler Künstler*innen in einem türkischen Badeort für Unmut gesorgt. 


    Gekommen waren vorgestern, am 1. Juli, knapp 30 Mitglieder, und besprochen wurde zunächst natürlich der "Fall Sterna". Der Künstler Thomas Sterna wurde vor kurzem – nach vereinsschädigendem Verhalten – aus dem SKB ausgeschlossen. Er hatte bei seiner Aktion 3500 CENT - Mein Mitgliedsbeitrag für 2024 als Schlüsselwerk während der Eröffnung der neuen Räume zur Ausstellung Schlüsselwerke für Aufsehen gesorgt. War er damit schon zu weit gegangen? 
    Während viele Künstlerinnen und Künstler vordergründig den Kopf in den Sand steckten, brodelte es hinter den Kulissen. Nun soll endlich geredet und nicht nur getuschelt werden. Der Angeklagte (der als Ankläger agierte) dürfe sich aber nicht mehr einbringen. „Ich bin nicht eingeladen“, meinte Sterna auf Anfrage von SALTO und forderte dennoch: „Eine echte Kontroverse und eine ehrliche Bestandsaufnahme würden dem SKB sicher gut tun. Ob es dazu kommt, wage ich zu bezweifeln.“

  • Eröffnung Schlüsselwerke: Großes Interesse an den neuen Räumlichkeiten und an Schlüsselwerken Foto: Seehauserfoto
  • Die Rolle von Thomas Sterna innerhalb des Südtiroler Künstlerbundes war seit langem ein zweischneidiges Schwert gewesen. Sterna saß im Vorstand des Vereins und machte eine provokative Kunstaktion, die ebendiesen Verein an den Pranger stellte. Klar, das kann man machen. Aber man muss auch mit Konsequenzen rechnen. Wie sieht er seine einstige Doppelrolle? „Der Vorstand ist wie eine Wand. Da gibt es schon lange keine inhaltlichen Diskussionen mehr. Tun statt reden, lautet die Devise. Die Vorstellungen von Kunst sind ziemlich festgeschrieben“, beklagt er sich und unterstreicht, dass er „vieles schon lange nicht mehr mitgetragen“ habe. Er habe sich nach der letzten Wahl zum SKB-Präsidenten, bei der er Alexander Zöggeler unterlegen gewesen war, Veränderungen erhofft. Zu solchen war es nie gekommen. Im Gegenteil. 

  • Neue, alte Räume: Kritik an der neuen Ausstellungsfläche gibt es ebenfalls. Zu altbacken, zu klassisch... Foto: Seehauserfoto
  • Neben dem Fall Sterna hatte auch die vor wenigen Monaten eröffnete Ausstellung von Südtiroler Künstler*innen in einem türkischen Badeort für Unmut gesorgt. Zu unpolitisch die Haltung der Künstler*innen-Vereinigung, zu oberflächlich und beliebig die Auswahl der teilnehmenden Positionen. Diese offensichtliche Kritiklosigkeit und politische Unbekümmertheit war bereits bei der Regierungsbildung der SVP mit mehreren Rechtsparteien ins Auge gefallen. Abgesehen von einem eher fadenscheinigen Instagram-Projekt herrschte von SKB-Seite Schweigen im (Kunst-)Walde. Auch ein Statement. Man flüchtete sich in die Defensive. Defensiv war laut Informationen von SALTO auch die Haltung der SKB-Macher*innen beim Dialogforum am vergangenen Montag gewesen. Sterna und sein SKB-Ausschluss wurden zwar lange besprochen, auch die Sicht auf den SKB von außen. Alles in allem aber verlief diese erste Dialogrunde ruhig und man verständigte sich am Ende darauf, in Zukunft weitere Dialogforen anzubieten, bis zur nächsten Wahl, um dadurch Mitsprache und Kritik zu garantieren – sofern bis dahin nicht alle mit einer gegensätzlichen Meinung zum Vorstand ausgeschlossen werden. Man kann ja nie wissen.

  • Gestikulierendes Schlüsselwerk: Hasenarbeit von Arnold Mario Dall'O Foto: Seehauserfoto
  • Katalog und Preise

    Die erste Ausstellung „Schlüsselwerke“ wurde am 27. 6. 2024 mit einer Finissage beendet. Dabei wurde der zur Ausstellung erschienene Katalog „UpDate“ vorgestellt. Ebenso wurden die Preisträger*innen der Ausstellung verkündet. Eine Jury, bestehend aus 10 Mitgliedern des Südtiroler Künstlerbundes, hat den Preis 6.000 € geteilt und drei Preise vergeben. Prämiert wurden die Werke von Maria Walcher, Hannes Hölzl um dem Kollektiv Charlotte Aurich, Clara Mayr, Laura Pan und Margareth Kaserer. Das Publikum wählte Max Castlunger mit seiner Arbeit „Bella Schlauch“ zum Publikumspreisträger. 

Die Einladung klingt eher wie eine Vorladung und so eine Geisteshaltung scheint auch hinter dem ruppigen Vorgehen des SKB-Vorstandes zu stehen.

Fasse es nach wie vor nicht, dass das unsere künstlerische Elite sein soll! Was sagt das über den Rest der Gesellschaft?

Danke für den süffisanten Schlusssatz, Martin Hanni!

Mi., 03.07.2024 - 17:03 Permalink

Es ist schwierig, sich innerhalb eines Gremiums (Vorstand) aus zu tauschen, das stark polarisiert ist. Die Frage z.B. wie politisch Kunst sein kann bzw. sein darf, ist schon seit 2018 immer wieder aufgekommen, konnte aber nie ausführlich besprochen, geschweige denn geklärt werden. Zuletzt habe ich deshalb eine Vollversammlung gefordert. Ich war es leid im kleinen Kreis, gefühlt, immer wieder auf taube Ohren zu stoßen. (Schließlich gibt es viele Möglichkeiten Gedanken und Vorschläge, die man nicht teilt, kopfschüttelnd ins Leere laufen zu lassen.) Jetzt wird so getan, als wäre ich nie da gewesen. Das stimmt aber nicht. Letzten Mai z. B. gab es ein gecoachtes Tagesseminar an dem ich zusammen mit den restlichen Vorstandsmitgliedern und der Geschäftsführerin teilnahm und in das ich gewisse Hoffnungen setzte, weil eben jemand von außen dabei sein würde. An den, aus meiner Sicht, entscheidenden Stellen gelang aber auch diesem Coach keine öffnende Moderation des Diskurses. Da wurde mir klar, dass intern nichts weiter gehen wird und eine Diskussion strittiger Themen nur von Außen angestoßen werden kann. Hoffen wir, dass es dazu jetzt auch umfassend kommt, denn es gibt aus meiner Sicht viele offene Fragen über die wir Künstler*innen im SKB aber auch außerhalb uns gemeinsam Gedanken machen sollten.

Fr., 05.07.2024 - 17:15 Permalink