Journalistische Unabängigkeit bedroht

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Es ist in der Branche seit Jahren bekannt und er ist nicht der einzige Fall: Journalist Bruno Canali ist für die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde Leifers zuständig und ebenso freier Mitarbeiter der Tageszeitung Alto Adige, seit 2016 mehrheitlich im Besitz von Athesia, und schreibt dort ausschließlich über Leifers. „Canali hat regulär an der Ausschreibung teilgenommen und ist für die Pressearbeit der Stadt Leifers verantwortlich. Eventuelle Unvereinbarkeiten wurden von der Generalsekretärin nicht gemeldet“, erklärt der Bürgermeister von Leifers, Giovanni Seppi (SVP).
Canali ist seit 1987 im Berufsregister der Publizisten eingetragen und arbeitet seit mehr als 20 Jahren für den Alto Adige. Laut den Richtlinien der nationalen Berufskammer ist es untersagt, als Journalist oder Publizistin Tätigkeiten auszuüben, die im Widerspruch zur journalistischen Arbeit stehen (Carta Informazione e Pubblicità, 1988). Im einheitlichen Dokument der Richtlinien wird das auch für die Öffentlichkeitsarbeit in Artikel 14 festgehalten.
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Medien in der Krise?
„Die gleichzeitige Arbeit für ein politisches Gremium wie die Gemeinde Leifers und für eine Zeitung widerspricht absolut den deontologischen Richtlinien. Leider Gottes wird die journalistische Tätigkeit immer öfter mit Werbung und Öffentlichkeitsarbeit vermischt“, erklärt Hartwig Mumelter, ORF-Journalist und Präsident des Disziplinarrats der Journalistenkammer Trentino-Südtirol. Alleine in der Region gebe es mehrere Fälle – und das wohl nicht ohne Grund.
Journalistinnen und Journalisten stehen zunehemend unter ökonomischen Druck, wie auch der italienische Karikaturist Emanuele Del Rosso auf dem diesjährigen Journalismusfest in Innsbruck betonte. Das liege auch daran, dass das Publikum heute kostenlose Inhalte erwarte „und das ist mit gutem Journalismus nicht vereinbar“, so Del Rosso. Im Vergleich zum Vorjahr ist Italien in der Rangliste 2025 von Reporter ohne Grenzen um drei Plätze auf Rang 49 zurückgefallen.
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