Politik | Gemeinderat Meran

Friedenskaffee nach Bettenstreit?

Brückenbau, Kindergarten, neue Gästebetten: Der Meraner Gemeinderat tagte mit voller Agenda – und debattierte rege über Tourismus und Wohnraum.
Meraner Gemeinderat
Foto: DO/Salto
  • Der Meraner Gemeinderat tagte am gestern, am 2. September mit voller Agenda: Mit der Entscheidung zum Neubau des Kindergartens „Sissi“, der geplanten Neuausrichtung der Passerbrücke und der Ernennung der neuen Raum- und Landkommission standen mehrere zentrale Themen auf dem Programm. Für rege Diskussion sorgte die Zuweisung der 296 Gäste bzw. „Vorschussbetten” – ein Thema, das die Fraktionen spürbar spaltete und die Debatte um Tourismus, Wohnraum und die Zukunft der Stadt erneut anheizte – Mit „schlichtendem“ Plädoyer von Vize-Bürgermeister Nerio Zaccharia.

  • 296 neue Gästebetten für Meran – Streit um Verteilung

    Heiß diskutiert wurde auch das Sommerthema der „Vorschussbetten“ für Meran. Stadträtin Barbara Hölzl stellte die neue Verordnung zur Zuweisung der 296 Gästebetten vor, die im Meran im Zuge der Bettenstopp-Verordnung vom 13. März 2022 zugewiesen wurden: Meran erhält insgesamt 296 Betten – 266 für Hotels, 30 für Urlaub auf dem Bauernhof. Für die Privatzimmervermietung sind keine neuen Betten vorgesehen. Die Vergabe soll in den kommenden zehn Jahren jährlich über den Gemeindeausschuss erfolgen.

    Die Grünen kritisierten, die Stadtgemeinde habe nicht die Größe, innezuhalten und zuerst das überparteilich angestrebte nachhaltige Entwicklungskonzept für den Meraner Tourismus auszuarbeiten. Merans Stadtregierung könne hier mit gutem Beispiel vorangehen und auf die 296 Betten verzichten, forderten die Grünen. Sabine Kiem sprach einen zentralen Faktor an: Die touristische Belastung gehe weniger von den Gästebetten, sondern vom starken Zustrom an Tagestouristen aus den Nachbargemeinden aus.

     

    kurzsichtig, illiberal, klassenorientiert und lobbygesteuert

     

    Für scharfe Kritik sorgte die Regelung bei Civica per Merano. Fraktionssprecherin Beatrice Calligione bezeichnete den Ausschluss der Privatzimmervermietung als „kurzsichtig, illiberal, klassenorientiert und lobbygesteuert“. Im Rahmen ihres Änderungsantrags schlägt La Civica mehrere Anpassungen an der Gästebetten-Verordnung vor. So soll zunächst die bisherige Regelung gestrichen werden, die die Vergabe von Lizenzen an Affittacamere innerhalb von Kondominien ausschließt – eine Bestimmung, die laut Antrag verfassungs- und europarechtlich diskriminierend sei. 

    Auch die Verteilung der insgesamt 296 neuen Gästebetten soll neu geregelt werden: Vorgesehen sind 266 Plätze für Hotels, jeweils 15 für Agriturismi und Affittacamere. Für die Privatzimmervermietung will die Civica außerdem ein eigenes Punktesystem einführen, das kleinere Eigentümer und ortsansässige Familien bevorzugt: Vorrang hätten nicht gewerblich geführte Betriebe, Eigentümer mit höchstens zwei Wohnungen neben der Hauptwohnung, ohne weitere Lizenzen und mit Wohnsitz in Meran; auch bei Wohnungen in Kondominien wäre eine Genehmigung möglich, sofern die Hausordnung dies nicht verbietet. Schließlich fordern die Einbringer, die Vergabe neuer Betten für alle Kategorien bis September 2026 auszusetzen.

  • Diese verflixten Vorschussbetten: Vor allem von den Grünen und La Civica kam rege Kritik für die Verordnung zur Zuteilung der Vorschussbetten. Die Stadtregierung will mit der Verordnung vor allem die Privatzimmervermietung bekämpfen, flankiert von Team K: „Das Problem sind nicht diese Betten, sondern die Tagestouristen“. Foto: Pixabay
  • Keine Hoffnung auf Privatzimmerbetten

    Vize-Bürgermeister Nerio Zaccharia relativierte die hitzige Debatte um die Gästebetten und pflichtete Sabine Kiem bei, dass es um lediglich 296 Plätze in den nächsten zehn Jahren gehe – bei insgesamt rund 8.000 bereits bestehenden Betten. Die von La Civica vorgebrachten Zahlen seien fehlleitend, denn Meran verfüge mit 2.400 Betten zur Privatzimmervermietung ohnehin über weit mehr als vergleichbare Städte wie Bozen, wo es nur 1.529 Privatzimmer-Betten bei zweieinhalbfacher Einwohnerzahl gebe. Deshalb liege es nahe, das neue Kontingent vor allem Hotels und in kleinerem Umfang den Agriturismi zuzuteilen, das sei keine lobbygesteuerte Maßnahme, entgegnet der Zaccharia.

    Politisch sei der Dissens mit der Civica Ausdruck unterschiedlicher Grundhaltungen, augenzwinkernd lud er deren Vorsitzende zu einem „Friedenskaffee“ mit der Bürgermeisterin ein. Grundsätzlich sei Meran seit Jahrzehnten eine Tourismusstadt, das eigentliche Problem liege jedoch weniger in den Bettenzahlen als im massiven Zustrom von Gästen aus den Nachbargemeinden. Entscheidend werde sein, wie es gelingt, im Burggrafenamt zu einer besseren Abstimmung bei Tourismus und Mobilität zu kommen – auch wenn jeder Bürgermeister naturgemäß „das Wasser ins eigene Mühlrad“ lenke. Stadträtin Barbara Hölzl verteidigte die Null-Linie bei neuen Betten für Privatzimmervermietungen mit Verweis auf deren massives Wachstum um 331% in den letzten 10 Jahren und die Notwendigkeit, leistbaren Wohnraum für Einheimische zu sichern. Bestehende Anbieter blieben unangetastet, günstige Unterkünfte gebe es auch im gewerblichen Bereich. Als größeres Problem benannte auch sie den Tagestourismus und kündigte eine bessere Lenkung der Besucherströme – etwa über das geplante Busterminal bei den Thermen – an.

  • Kindergarten „Sissi“: Neubau beschlossen

    Kindergarten Sissi: Nach Gemeindebeschluss können die Arbeiten im kommenden Jahr 2026 starten. Foto: greta_stuffer

    Zu Beginn der Sitzung wurde der Beschluss zum Bauvorhaben des Kindergartens „Sissi“ im Maria-Himmelfahrt-Viertel angenommen. Seit 2019 in Planung, entwickelte sich, unter Federführung von Stadtbaumeister Wolfram Pardatscher, aus dem ehemaligen Vorhaben zur Aufstockung des Kindergartens ein umfassendes Neubauprojekt, das nun mit großer Mehrheit genehmigt wurde.

    Reinhard Bauer erinnerte daran, dass das Projekt unter der Regierung Paul Rösch initiiert und unter Bürgermeister Dario Dal Medico weitergeführt wurde. Nun könne es erfolgreich abgeschlossen werden – ein positives Signal und ein Projekt, das nach Vollendung laut Projektleiter Pardatscher, preiswürdige Ästhetik beweisen würde. Die Grünen äußerten durch Julia Dalsant Bedenken, dass die Turmkonstruktionen im Rundbau – die nach Pardatscher an die Uteri erinnern sollen, denen die Kinder entsprungen sind – die Aufsichtspflicht erschweren könnten.

  • Passerbrücke wird im Zuge der Nordwestumfahrung neu gebaut

    Küchelbergtunnel: Die Nordwestumfahrung macht die Verlegung und Neuausrichtung der Passerbrücke bei Lazag, Richtung Passeiertal notwendig. Die Brücke wird tiefergelegt und mit neuem Radweg ausgestattet. Foto: LPA

    Mit der Eröffnung der neuen Nordwestumfahrung steht auch der Neubau der Passerbrücke an. Die Brücke soll etwas tiefergelegt werden und künftig nicht nur den Verkehr aufnehmen, sondern auch einen Fahrradweg mit direkter Anbindung nach Dorf Tirol bieten. Während die Grünen die Invasivität des Projekts kritisierten, verwies der zuständige Ingenieur Hansjörg Jocher auf die geringere Zahl an Pfeilern im Vergleich zur bestehenden Brücke, was den Eingriff deutlich reduziere. Zudem entstehe mit dem neuen Radweg eine wichtige Verbindung zur Nachbargemeinde. Der Beschlussantrag wurde angenommen.

  • Neue Raum- und Landkommission ernannt

    Ein weiterer Tagesordnungspunkt betraf die Neubesetzung der Gemeindekommission für Raum und Land. Die Stadtregierung legte folgende Vorschläge vor, welchen der Gemeinderat zustimmte:

    • Baukultur: Architektin Kathrin Schiefer; Ersatzmitglied: Architektin Marlene Roner
    • Landwirtschaft und Forstwissenschaften: Dr. Petra Lorenzetto; Ersatzmitglied: Dr. Marianne Erlacher
    • Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: Dr. Luisa Battiani und Rechtsanwältin Veronica Azzali
    • Raumplanung: Architekt Maurizio Giuliani; Ersatzmitglied: Architekt Nicola Quercio
    • Landschaft: Dr. Alberto Ghedina; Ersatzmitglied: Dr. Fabio Palmieri
    • Naturgefahren: Dr. Andrea Raise und Dr. Nicola Marangoni