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Reverse Gazes

Noch bis Samstag läuft im Foto Forum Bozen die Ausstellung „Reverse Gazes“ in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen. Zu sehen sind auch Werke von Studierenden.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Reverse Gazes
Foto: Daniel von Johnston
  • Artikel von Jenny Cazzola

     

    Noch bis Samstagmittag ist im Foto Forum in Bozen die Ausstellung Reverse Gazes zu sehen. Die Ausstellung, die eine Zusammenarbeit zwischen der unibz und der Plattform für Fotografie darstellt, zeigt Fotografien der renommierten US-amerikanischen Künstlerin Haley Morris-Cafiero Seite an Seite mit multimedialen Arbeiten der jungen Kunstschaffenden Carmine Auricchio, Pia Deppermann, Sophie Krause und Luca Piscopo. Kuratiert wurde Reverse Gazes von den Dozierenden der unibz Eva Leitolf und Giulia Cordin, sowie Jeva Griskjane vom Foto Forum.

  • Die teilnehmenden Kunstschaffenden der Ausstellung Reverse Gazes Foto: unibz
  • Der umgekehrte Blick

    „Eine Zusammenarbeit zwischen Studio Image und dem Foto Forum liegt nahe: Wir interessieren uns nicht nur für das Medium Fotografie, sondern versuchen dabei auch – durch unterschiedliche Aktivitäten – die Grenzen des Mediums zu untersuchen und kritisch zu hinterfragen. Wir glauben, sowohl das Foto Forum als auch Studio Image profitieren ungemein von dieser Zusammenarbeit und freuen sich über die Synergien, die daraus entstehen“, erklärt Eva Leitolf, die an der Fakultät für Design und Kunst der unibz das Studio Image leitet.

    Reverse Gazes hinterfragt die Politiken des Blicks und zeigt hybride und transdisziplinäre Praktiken von Künstler:innen verschiedener Generationen und sozialer Hintergründe zum Thema des umgekehrten Blicks. Die Gruppenausstellung spiegelt gegenwärtige Wertkonflikte des patriarchalischen Systems im technologisierten Zeitalter medialer Manipulation wider und eröffnet neue Perspektiven auf alternative Lebensentwürfe einer gleichberechtigten und unabhängigeren Koexistenz“, erzählt Leitolf weiter. „Sie wirft Fragen auf: Wer bin ich unter dem Blick der anderen? Wie kann ich unter der allgegenwärtigen Kontrolle des Blicks selbstbestimmt sein? Die Künstler*innen ergründen die Widersprüche einer neokapitalistischen, patriarchal geprägten Gesellschaft, welche narzisstische Verhaltensweisen begünstigt, und setzen sich dabei mit Themen wie Voyeurismus und Sinnesverlust, Kommunikation und Angst, Machtdominanz und Machtlosigkeit, Konsum und Manipulation, Körperlichkeit und Gewalt auseinander. In unserer von Social Media geprägten Zeit avancieren Selbstbetrachtung, Selbstdarstellung und Selbstoptimierung zu vorherrschenden Begierden und Kommunikationsinhalten. Der Körper wird gleichzeitig zur Zielscheibe und zur Waffe, er konsumiert und kann konsumiert werden. Globalisierung und Digitalisierung transformieren den sozialen Raum zu einer Bühne des voyeuristischen Schauspiels, einem prekären Ort, der Not, Wünsche, Ängste und Fetische exponiert.“

  • Zwei der drei Kuratorinnen von Reverse Gazes, Giulia Cordin und Eva Leitolf Foto: Daniel von Johnston
  • Ein junger Blick

    Einer der in der Ausstellung vertretenen Kunstschaffenden, Carmine Auricchio. Er ist Kunststudent im letzten Jahr an der unibz und verwendet häufig die Medien Foto und Video in seinen Werken. „Nell’ultimo anno, grazie anche al sostegno di diversi professori e mentori, ho capito come gestire la mia sensibilità verso specifiche circostanze e dinamiche soprattutto di carattere socioculturale e politico. La mia produzione risulta spesso intrisa di una forte emotività di cui a volte quasi mi sento vittima e risultato del periodo storico in cui sono cresciuto (ovvero il primo ventennio del nuovo millennio) e dell’ambiente culturale che ha impresso caratteristiche identitarie alla mia persona. La mia provenienza (il sud Italia, nello specifico la provincia di Napoli) e l’identità culturale di questi luoghi sono sicuramente una caratteristica percepibile della mia produzione, sia nella loro specificità culturale sia anche come esempi sintetici di una coscienza globale”, erklärt er. Für ihn ist Reverse Gazes die erste Ausstellung außerhalb der Universität. „Alla fine dello scorso semestre, quando il lavoro, poi esposto a Foto Forum, era ancora in una fase embrionale, Eva e Giulia mi hanno proposto di prender parte alla mostra e in realtà sul momento quasi non potevo crederci. Conoscevo già la galleria e sapevo di importanti artisti che avevano esposto lì. Quindi direi che sul momento la cosa abbia generato in me molto entusiasmo e gratitudine ma anche un forte senso di responsabilità e paura di non soddisfare le aspettative. In questo sono state fondamentali le mie insegnanti, riuscendo a infondermi sicurezza e a valorizzare la mia pratica. Questa difatti è stata la mia prima mostra fuori dal contesto universitario e se da un lato ciò equivale a un’opportunità per mettere i primi passi nel mondo dell’arte, dall’altro è anche un momento di forte vulnerabilità e quindi di crescita. L’organizzazione e messa in piedi della mostra è stata un’esperienza sicuramente formativa dal punto di vista logistico ma anche creativo, pensare a cosa esporre, dove farlo e come farlo è stato un processo coinvolgente e sono grato per il fatto che le curatrici, nonché mie insegnati, abbiano sempre considerato le mie opinioni e preferenze riguardo alla presentazione del mio lavoro, aiutandomi anche nel fare delle scelte.”

  • In seinem Werk Padre Padrone (Figli d‘Adamo) setzt Carmine Auricchio sich mit den Auswirkungen patriarchaler Strukturen auseinander Foto: Daniel von Johnston
  • Für den 25jährigen Luca Piscopo ist es hingegen schon die dritte Ausstellung von Leitolf und Cordin, zu der er etwas beisteuert. Sein Werk Candy Oscuro: Apocalypse & Genesis war beispielsweise schon letztes Jahr in der Ausstellung Shoot & Think in Wien vertreten (Salto hat hier über die Ausstellung berichtet). Trotzdem hat er auch bei dieser Ausstellung noch etwas dazu gelernt: „Ogni volta è sempre un’esperienza nuova che mi forma e mi fa capire nuove cose sui miei stessi lavori. La sfida più grande per me è stato impaginare la pubblicazione del mio lavoro, perché sapevo che avrebbe significato una sorta di ‘chiusura’ rispetto al progetto quindi l’ho procrastinato per 3 anni.” Piscopo kennt außerdem das Foto Forum sehr gut: “Frequento il Foto Forum da quando ho 18 anni. Quindi sette anni dopo esporre lì è stato un mini-sogno che si avvera. È stato molto surreale e sono molto grato a tutte le persone che lo hanno reso possibile.”

  • Candy Oscuro ist ein Alter Ego von Luca Piscopo. Das Werk und die Kunstfigur entstanden während der Covid-19 Pandemie Foto: Daniel von Johnston
  • Blick hinein

    Nicht nur für Studierende sind Ausstellungen wie Reverse Gazes wichtige Lernerfahrungen. „Innerhalb unserer Lehre, aber auch der Forschungsaktivitäten von Studio Image, sind Ausstellungsprojekte ungemein wichtig. Sie erlauben uns als Kuratorinnen, Forschungsinhalte sichtbar zu machen: in diesem Fall zum Beispiel die Frage, inwiefern der Blick immer politisch ist“, so Eva Leitolf. „Für die teilnehmenden jungen Künstler:innen ist es eine großartige Möglichkeit ihre Arbeiten in Bezug zu setzen: zum Raum, zu den anderen Arbeiten der Ausstellung und zum Publikum. Der räumliche Umgang mit der eigenen Arbeit führt zu unmittelbarem Erkenntnisgewinn. Wir nutzen unsere Ausstellungen intensiv für didaktische Aktivitäten. Studierenden erfahren zeitgenössisches Kunstschaffen von Gleichaltrigen dabei als wichtige, ernstzunehmende Ausdrucksform jenseits Sozialer Medien, räumlich erlebbar, sie unmittelbar angehend. Für Lehrende bietet sich die Möglichkeit emanzipatorische Formen von Austausch anzubieten, die kein frontales Weitergeben von Lehrinhalten zum Ziel hat, sondern die Schaffung von Situationen, die einen gleichberechtigten kritischen Austausch ermöglichen. Alter und Position spielen in unseren Diskussionen mit Studierenden dabei keine Rolle. Wichtig ist einzig das genaue Hinsehen und das kritische Hinterfragen. Beides lässt sich hervorragend in Ausstellungen wie diesen üben.“

    Aber auch das Publikum kann von der Ausstellung viel mitnehmen, meint Leitolf: „Junge Künstler:innen setzen sich intensiv und überraschend mit Themen auseinander, die uns alle angehen. Die Qualität, der für das Foto Forum ausgewählten Arbeiten, kann sich mit der Qualität der eingeladenen etablierten Position messen. Das war uns wichtig. Eines unserer wichtigsten Qualitätskriterien resultiert aus der Frage, wie überzeugend die jeweilige Arbeit zu einer kritischen Auseinandersetzung mit relevanten zeitgenössischen Themen beiträgt. Dabei spielt das Alter der Künstler:innen eine untergeordnete Rolle.“

    In einer Ausstellung entstehen Diskurse. Diese Diskurse zu führen und zu der eigenen Position zu stehen, ist Teil der Kunststudiums an der unibz. Das hat auch Carmine Auricchio gemerkt: „Inizialmente ero molto agitato al pensiero che persone a me completamente estranee vedessero il mio lavoro e sicuramente mi spaventava la loro reazione o possibile giudizio, ma credo sia qualcosa che devo imparare a gestire se voglio continuare in questo campo. Direi che l’esperienza, per quanto ne so, sia andata bene e mi ha fatto molto piacere ovviamente ricevere complimenti, commenti e soprattutto domande a riguardo. Mi interessa particolarmente conoscere quelli che sono pensieri e le riflessioni che magari il mio lavoro può suscitare negli spettatori, poiché questo apre la porta a conversazioni stimolanti e a una comprensione più profonda della mia stessa pratica artistica.”, berichtet er über seine Erfahrungen. “A prescindere poi dalla mia esperienza personale, sia in relazione alla mostra che al lavoro da me personalmente prodotto, credo che il tema Reverse Gazes fosse particolarmente importante e necessario. Difatti è per me un onore poter aggiungere un qualcosa a questo discorso così attuale e delicato, sperando di riuscire a cambiare l'ordine delle cose per le future generazioni.”

  • Besuchende der Ausstellung Reverse Gazes Foto: unibz
  • Blick in die Zukunft

    Reverse Gazes ist außerdem der Auftakt einer Reihe von Ausstellungen mit dem Titel Joints, die alle in den nächsten Jahren in Zusammenarbeit zwischen dem Studio Image der Freien Universität Bozen und dem Foto Forum entstehen werden. „Ziel ist es, einen diskursiven Raum zwischen jungen und etablierten künstlerischen Praktiken zu schaffen. In jeder der Ausstellungen werden Werke junger Künstler:innen mit einer Arbeit oder einer Serie einer:s etablierten Künstler:in konfrontiert, um eine Diskussion über einen sozialen oder politischen Themenbereich, über Materialien und Methoden anzuregen. Das Projekt versucht außerdem, die fließenden Grenzen des Mediums Fotografie zu untersuchen und sich für hybride und transdisziplinärer Praktiken zu öffnen, die sich auf zeitgenössische fotografische Diskurse beziehen. Von dieser spannenden Zusammenarbeit können sowohl das Publikum als auch unsere Studierenden profitieren. Zusätzlich denken wir, dass von diesem Austausch auch die Institutionen, wir als Fakultät aber auch das Foto Forum, weiterführende Erkenntnisse für unsere Arbeit ziehen können“, so Leitolf.

     

  • Weitere Infos zur Ausstellung gibt es hier: https://foto-forum.it/en-next-opening-reverse-gazes-haley-morris-cafiero-carmine-auricchio-pia-deppermann-sophie-krause-luca-piscopo/

    Wer hingegen zum Studio Image auf dem Laufenden bleiben will, ist eingeladen @unibz_studioimage auf Instagram zu folgen.