Sind die Stadtfeste bald Geschichte?

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Wer organisiert Südtirols Großveranstaltungen? Wer profitiert davon? Und warum erhalten manche Events deutlich mehr öffentliche Gelder als andere, obwohl sie vergleichbar sind? Diese Fragen beschäftigen Alex Ploner. Der Landtagsabgeordnete vom Team K sieht die Südtiroler Eventszene in einer Schieflage. Aus seiner Sicht ist die Förderpolitik des Landes intransparent, das Zusammenspiel von Ehrenamt, Tourismusinteressen und professionellen Veranstaltern unzureichend geregelt – und die viel beschworene „Festkultur“ droht zu verkümmern.
Bereits vor einem Jahr brachte Ploner, Mitbegründer des International Mountain Summit und Gründungspräsident des Eventdienstleisters im hds, einen Beschlussantrag ein: Die Landesregierung solle eine umfassende Eventstrategie für Südtirol erarbeiten, unter Einbindung aller relevanten Akteure – Landesverwaltung, Wirtschaft, Eventbranche, Ehrenamt und sogenannte Lead-Events. Der Antrag wurde abgelehnt. Nun plant Ploner einen neuen Anlauf. Ploner stellt die grundsätzliche Frage: Was genau ist ein „Lead-Event“ und warum? Die Kriterien dafür seien bislang nicht nachvollziehbar. „Es gibt keine landesweite Strategie, keine objektiven Maßstäbe, was ein Lead-Event eigentlich ausmacht“, kritisiert er. Förderentscheidungen würden dadurch willkürlich: So könne ein Radrennen 80.000 Euro erhalten, während eine vergleichbare Veranstaltung im Pustertal mit der Hälfte auskommen müsse.
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Besonders prekär wird die Lage, wo Vereine an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Viele Großveranstaltungen beruhen noch immer auf freiwilligem Engagement – bei Aufbau, Logistik oder Ausschank. Doch dieser Pfeiler beginnt zu bröckeln: „Es wird immer schwieriger, Vereine zu finden, die mithelfen. Der Aufwand ist schlicht zu groß geworden“, sagt Ploner. Auch beim Stadtfest Bruneck blieben auffallend viele große, mitgliederstarke Vereine fern – trotz des Anspruchs, ein Fest „von der Bevölkerung für die Bevölkerung“ zu sein. Ein strukturelles Problem sieht Ploner in der engen Auslegung der Ehrenamtsförderung: Ehrenamtliche Organisationen dürfen keinen Gewinn erzielen, selbst wenn dieser reinvestiert würde. Wirtschaftliches Denken sei faktisch ausgeschlossen. „Wenn du Gewinn machst, hast du bei der nächsten Fördervergabe ein Problem.“ Für Ploner ist das ein Anachronismus, der Innovation verhindert und Ehrenamtliche demotiviert. Ein zentrales Anliegen des Abgeordneten: Die Verbindung von professionellen Strukturen und ehrenamtlicher Beteiligung müsse neu gedacht werden. Er verweist auf ein Schweizer Modell: Ein privater Veranstalter organisiert Infrastruktur, Technik, Sicherheit und Musik – und vergibt Standplätze an Vereine und Betriebe. Die Vereine können sich kreativ einbringen – und auch wirtschaftlich profitieren. „Diese Kombination schafft Qualität, Vielfalt und Motivation“, so der Landtagspolitiker.
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Plädoyer für eine neue Förderlogik
Ploner fordert eine grundlegende Reform der Veranstaltungsförderung. Zentrale Forderung: klare, überprüfbare Kriterien für Lead-Events. Stadtfeste in Bruneck, Brixen oder Meran sollten als kulturelle Markenzeichen Südtirols positioniert und beworben werden – ähnlich wie die Weihnachtsmärkte. Nicht nur wegen ihres touristischen Werts, sondern auch wegen ihrer sozialen und kulturellen Bedeutung. „Diese Feste sind Treffpunkte für Einheimische, Plattformen für Nachwuchsbands – ein wichtiges Stück regionaler Identität.“ Er schlägt ein Kriterienraster vor: Green-Event-Standards, Qualität, Nachwuchsförderung, Kinderprogramme, Einbindung lokaler Kulturschaffender. Öffentliche Gelder soll es nur geben, wenn solche Standards erfüllt und überprüft werden. Die derzeitige Praxis sei inkonsequent: „Manche Veranstalter führen das Green-Event-Label, haben aber kein funktionierendes System.“ Ohne praktikable Lösungen wie Mehrwegbecher oder Spülmaschinen bleibe oft nur der Rückgriff auf Einwegplastik – trotz „grüner“ Auszeichnung.
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Ein Investitionsprogramm für die Festkultur
Ploner spricht von einer notwendigen Investition in die Festkultur. Es brauche Mittel, um Veranstaltern nachhaltige Infrastruktur bereitzustellen – etwa Bühnentechnik oder mobile Sanitäranlagen. Denkbar sei auch ein landesweiter Ressourcenpool, auf den Gemeinden bei Großveranstaltungen zurückgreifen können. „Wenn wir wollen, dass unsere Feste überleben, dürfen wir sie nicht ausbluten lassen – und nicht länger so tun, als wäre das alles ehrenamtlich zu stemmen.“ Die Signale aus der Praxis seien eindeutig: Das Ehrenamt ist überfordert, professionelle Strukturen fehlen, Förderlogik und Zuständigkeiten bleiben diffus. Wer will, dass Südtirol auch künftig eine vielfältige Veranstaltungskultur behält, muss – so Ploner – endlich ehrlich Bilanz ziehen und den Mut haben, alte Modelle zu hinterfragen.
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