salto.music | Mini-Serie (5 von 5)

Best of 2023: Electronics / Disco

In einer kleinen, unregelmäßigen Serie blicken wir zurück auf das Jahr 2023 und fassen – stilistisch gebündelt – al das zusammen, was uns in den letzten zwölf Monaten gefallen, überrascht oder begeistert hat.
Zolf / Saturn live im Jump, Eppan (5)
Foto: rhd / salto.music
  • Disclaimer: Für diese Übersicht haben wir die Objektivität zugunsten der Subjektivität etwas in den Hintergrund gerückt. Wir werden uns textlich zurückhalten, aber die Releases und Videos verlinken, damit ihr euch selbst auf Entdeckungsreise machen könnt. Die Redaktion von salto.music erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die Übersicht kann gerne in den Kommentaren ergänzt werden. Die Reihung im Text ist – bis auf die ersten zwei Erwähnungen – keine Wertung, sondern ist dem „flow“ beim Schreiben geschuldet.

    Bevor wir einige unserer Favoriten aus der Welt der hiesigen elektronischen Musik anführen, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass dies nur ein subjektiver Auszug aus dem umfangreichen Schaffen der hiesigen Musikerinnen und Musiker ist. Es ist nicht möglich, alles zu verfolgen. Wir hatten den Eindruck, dass die Aktivitäten in Hinsicht der elektronischen Musik etwas abgenommen haben, was auch damit zu tun haben könnte, dass sich die Szene zu den Events hin verlagert hat und weniger veröffentlicht. Es kann aber auch sein, dass sie uns nicht erreichen, bzw. das sie nicht auf unserem Radar auftauchen.

    Unsere Favoriten für 2023 wollen wir aber auf jeden Fall anführen. (rhd)

    Die gesamte Mini-Serie:
         #1 Best of 2023: Metal & Metalcore
         #2 Best of 2023: HipHop/Rap & Trap
         #3 Best of 2023: Rock/Pop/Songwriter
         #4 Best of 2023: Reggae/Folk/Blues
         #5 Best of 2023: Electronics/Disco

  • Zolf & Saturn: „Forellentanz”

    Wiedererkennbarkeit in der elektronische Musik zu erreichen, dürfte zu den vielleicht schwierigsten Herausforderungen gehören. Manuel Oberkalmsteiner hat diese „Hürde“ mit seinem Projekt Zolf & Saturn erfolgreich genommen. Das belegt sein Album „Forellentanz“ ganz deutlich. Es enthält zwar weniger griffige, kompakte „Songs“ wie das Vorgängeralbum „Peak“ (2020) oder die beiden EP's „Mare“ (2016) und „Monti“ (2016), aber seine Handschrift ist ganz deutlich erkennbar: Ambientsounds, weiche Beats und eine ruhige ausladende, Raum schaffende Atmosphäre in den Stücken.

    Das Video zum Song „Wir bleiben“ stammt übrigens von der Künstlerin Magdalena Penn, die mit „Ego Trip“ als Donna Pate Ende 2023 selbst ein Album mit elektronischer Musik veröffentlicht hat. Und: „Forellentanz“ ist in einer limitierten Auflage als schickes Vinyl zu haben. (rhd)

  • Zolf & Saturn: „Wir bleiben“ (Official Music Video)
    (c) Zolf & Saturn

  • Joachim Planer

    Insgesamt elf (!) Releases sind 2023 von ihm erschienen: Singles, musikalische Skizzen, EP's, die reduzierte, minimalistische Musik mit Klavier oder Auszüge aus Soundtracks für Doku's enthalten, die mit Keyboards eingespielt wurden. Auf diesen Releases finden sich aber auch Songs, die mit Schlagzeug, Bass und Gitarre eingespielt wurden. Der Seiser Musiker Joachim Planer kann also auf ein breites Schaffen verweisen, das ganz besonders jenen ans Herz gelegt sei, die es gern etwas ruhiger und düsterer mögen, abseits des allgemeinen Mainstreams, aber dennoch absolut zugänglich.

    Einige Songs, die wir aus diesem breiten Angebot wählen würden sind: „The Black Painting“, „Schwarzes Leder“ oder Tracks aus den EP's „Pagan II“ und „Quake Revisited“. Aber am besten ist es, sich die Zeit zu nehmen, und in die Musik einfach einzutauchen. Planers Releases finden sich auf Spotify und auf YouTube. (rhd)

  • Joachim Planer: „Level Up“ (Official Audio)
    (c) Joachim Planer

  • The Record Ender: „The Alternative Way“

    Die junge Meraner Industrial-Band The Record Ender verspricht für Februar/März 2024 ihr Debüt-Album „The Alternative Way“, das ein umfangreiches Konzeptalbum werden soll. The Record Ender haben 2023 zwei Demos veröffentlicht, die Industrial, Punk und Elektronik auf relativ rohe Art und Weise zu verbinden versuchten. Dass die Meraner Newcomer in dieser Übersicht auftauchen hat mit den beiden Singles zu tun, die Ende 2023 erschienen sind: „To Go Back To Some Point In Time“ und „Through Flesh“. Beide folgen zwar nachvollziehbar den erwähnten Demos, Punk ist aber bisweilen verzerrten Synthwave-Sounds oder atmosphärischen Keyboards gewichen. (rhd)

  • The Record Ender: „To Go Back To Some Point In Time“ (Official Music Video)
    (c) The Record Ender

  • Drahthaus & {o_o}

    Von beiden Acts hätten wir uns 2023 etwas mehr erwartet, nicht was die Qualität der jeweiligen Single betrifft, sondern die Quantität. Freilich, die Wiener/Vinschgauer Electronic-Band Drahthaus hatte 2022 ein intensives Jahr, und braucht deshalb eine Pause, und soweit wir erfahren konnten, ist auch schon neues Material in Arbeit. Die Single „Eule“, erschienen am 04. August 2023, zeigt die Band, wie sie vielleicht auch 2024 klingen könnte: „clubbig“, fokussierter und zugänglicher.

    Dasselbe gilt im Prinzip auch für Simon Öggl, der nicht nur Teil von Drahthaus ist und mit Momo Taro ein Techno-Projekt am Laufen hat, sondern Ende 2022 mit {o_o} – sprich: Brackethead– sein Hyper-Pop-Projekt gestartet hat. 2023 sind immerhin vier Singles von {o_o} erschienen: „Mirror“, „Close“, „Far“ und „Upside Down“.

  • Drahthaus: „Eule“ (Official Music Video)
    (c) Drahthaus

  • Discodex: „Greatest Hits“

    Die beiden Bozner Musiker Emanuele Zottino und Andrea Beggio hatten lange Jahre mit ihrem Projekt Controfase elektronische Musik, experimentelle neue Musik, Konzeptkunst und engagierte Thematiken miteinander verbunden. Es war also einigermaßen überraschend, als sie im Mai 2023 mit dem Projekt Discodex gestartet sind. Ihr Album „Greatest Hits“ enthält über 80 Minuten elektronische Musik, die und das ist das Überraschende, immer wieder nicht nur zum Funk, sondern bisweilen zum Disco kippt, wie etwa in „Alfa Gt Junior“, den Discodex auf in ihrem Teaser zitieren. (rhd)

  • Discodex: „Teaser - Electronic Dance Music, Instrumental Disco“ (Official Music Video)
    (c) Discodex

  • Die Rückkehr des Disco

    Auch wenn dieses neue Projekt den Begriff „Disco“ mit Augenzwinkern, aber bestimmt nicht zufällig, im Namen trägt, so ist dieses rein instrumentale Album doch vielseitiger und breiter, wenngleich die Band selbst ihre Musik mit „Electronic Dance Music, Instrumental Disco“ umschreibt.

    Wir nutzen aber die Gelegenheit, um die „Rückkehr des Disco“, also jener Musik, die um das Jahr 1976 die Diskotheken der westlichen Welt fest im Griff hatte, zu belegen.

    Eine der Bands, die auf Funk & Disco zurückgreifen, sind Blackout. Sie haben für 2023 zwar keinen Release vorzuweisen, waren dafür aber live unterwegs und seien deshalb an dieser Stelle angeführt. Blackout stammen aus Brixen und haben u.a. Musiker der Prog-Rock-Band The Laeds in ihren Reihen. Ihr 2022 veröffentlichtes Demo „Live im Tschmpus“ zeigt, dass sie nicht nur überzeugend selbst Material im Neo-Funk/Disco-Style schreiben können („Godfather Of Groove“) sondern Tracks aktueller Neo-Funk-Act wie Ripe im Programm haben, sondern auch Klassiker aus jenen Jahren (KC & The Sunshine Band: „Shake Shake Shake“). (rhd)

  • SōMuch: „SōMuch EP”

    Im Februar 2023 hat die Bozner Funk-Band SōMuch ihre erste EP „SōMuch“ veröffentlicht und zelebriert darauf ohne jeglichen Vorbehalt die funkige Popmusik der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre. Das hat zwei Gründe: Zum einen bestand das Repertoire von The Giggers, der Band, aus der SōMuch hervorgegangen sind, zunehmend aus Disco-Songs, zum anderen konnte die Band mit Ralph Rolle, dem Schlagzeuger von Nile Rodgers and The Chic Organization, in Kontakt treten. Dieser übernahm auch die Produktion der EP, die entsprechend nach 1976 klingt. (rhd)

  • SōMuch: „Glitter In My Pocket“ (Official Music Video)
    (c) SōMuch

  • Das Schattenalbum: Shy Shy Boy/Moira „Unmasking“

    Beschließen wollen wir diesen Teil unseres Rückblicks mit einem rätselhaften Album, einem „Schattenalbum“ und kommen damit noch einmal auf die elektronische Musikk zurück.

    Es war bereits auf Soundcloud als Preview zu hören und es wurde auch schon live aufgeführt/vorgestellt. Und dennoch: Das Album wurde bis heute nicht offiziell veröffentlicht. Zu Beginn des Jahres 2023 hatten noch einige Feinheiten gefehlt, bei einem Track oder zwei, aber das Album ist entweder immer noch nicht final beendet, Shy Shy Boy bzw. Moira, zweifelt noch und hält den Release deshalb zurück. Dabei ist „Unmasking“ – so der noch nicht bestätigte Titel des Albums – ein gewinnendes Stück elektronischer Ambient: Sphärisch, mit mit angenehmen Retro-Nachhall („Shy Shy Boy”), manchmal dort, wo man einen Soundtrack für Videogames vermuten würde („That Part That Died That Day“ und „Always There“) und verschmilzt Ambient mit Drum'n'Bass („The Antihero“) oder stellt die beiden Richtungen einander gegenüber („Sold It“).

    Phiipp Kieser, der Mann hinter Shy Shy Boy/Moira, hat an „Unmasking“ gemeinsam mit Producer Ivan Shopov gearbeitet. Der Releasetermin? Wie gesagt, wir wissen es nicht, warten aber darauf, denn vor allem die ruhigen, elektronischen Ambient-Tracks haben es uns angetan. (rhd)

  • Hält sein Album immer noch zurück: Philipp Kieser, der die hiesige Welt der elektronsichen Musik maßgeblich mit gestaltet, hat mit Shy Shy Boy bzw. Moira sein eigenes musikalische Projekt. Foto: Denise Tratta