Wirtschaft | Landwirtschaft

Vinschger Friedenspfeife?

Um den “respektvollen Umgang” und das “friedliche Miteinander” von biologischer und integrierter Landwirtschaft im Vinschgau zu fördern, gibt es nun ein Abkommen.
Ausbringung Pflanzenschutzmittel
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

“Wir haben eine gute Form des Neben- und Miteinanders zwischen dem Bio-Anbau und dem Integrierten Obstanbau gefunden.” Das Fazit von Arnold Schuler nach dem Treffen diese Woche fällt positiv aus. Der Landwirtschaftslandesrat hat es geschafft, Vertreter der integrierten und der biologischen Landwirtschaft an einen Tisch zu holen. Nicht selten ist das Klima zwischen den unterschiedlichen Anbauweisen verfgiftet – Stichwort Mals, Giftattacken und die alle Jahre wiederkehrende Diskussion über die Abdrift.

Nun haben der Verband der Vinschger Produzenten für Obst und Gemüse (VI.P) und die drei Bioverbände – Bioland Südtirol, Bund Alternativer Anbauer und die Arbeitsgemeinschaft für die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise – mit dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau, dem Versuchszentrum Laimburg und dem Landesrat selbst dein Abkommen unterzeichnet. In der “Vereinbarung für gute Nachbarschaft” sind Maßnahmen enthalten, die im Grenzbereich zwischen biologisch bewirtschafteten Grünland-, Acker-, Beeren- und Gemüseanbauflächen und integriert bewirtschafteten Obstflächen zum Greifen kommen sollen.

Das Ziel des Abkommens: die Abdrift auf Bio-Flächen im Vinschgau zu vermeiden. Als Abdrift wird der Anteil der ausgebrachten Pflanzenschutzmittelmenge bezeichnet, der während der Ausbringung nicht innerhalb des behandelten Bereichs angelagert wird. Einfacher gesagt: Pflanzenschutzmittel, die auf Flächen landen, die nicht damit behandelt werden sollen.

 

Abdriftarme Technik und persönliche Absprachen

Konkret setzt man in dem nun unterzeichneten Abkommen auf Prävention und Kommunikation.

Zum einen muss bei den Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln in den integriert bewirtschafteten Obstflächen, die an biologisch bewirtschaftete Futter-, Gemüse-, Getreide-, Beeren- oder Kräuteranbauflächen grenzen, ein Sprühgerät mit einem Abdeckblech eingesetzt werden. Außerdem müssen auf allen Düsenpositionen Injektor-Flachstrahldüsen verwendet werden, mit denen die Abdrift vermindert wird.
Zum anderen unterzeichnen Bauern mit direkt aneinander angrenzenden Flächen eine persönliche Vereinbarung. Auch besteht eine Verpflichtung zur gemeinsamen Absprache einige Wochen vor der Ernte – etwa vor dem Mähen von Gras – auf den Bioflächen, um den Anwendern der integriert bewirtschafteten Obstflächen die Möglichkeit zu geben, auf die Ausbringung von biologischen Pflanzenschutzmitteln umzusteigen oder in dieser Zeit auf die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln vollständig zu verzichten bzw. die notwendigen Pflanzenschutzmaßnahmen optimal zu planen.

“Ein friedliches Nebeneinander der verschiedenen Bewirtschaftungsweisen ist sehr wichtig”, betont Landesrat Schuler. “Ein respektvoller Umgang miteinander ist dabei die Basis.” Und dazu leiste dieses Abkommen seinen Beitrag. Auch die Vertreter der Bio-Verbände sind sich einig: Dieses Abkommen “ist eine wichtige Grundlage für ein funktionierendes Nebeneinander der biologischen und der integrierten Wirtschaftsweise”.
Es gilt vorerst für ein Jahr und soll in Zukunft in eine mehrjährige Vereinbarung umgewandelt werden.

 

Verbesserung im Versuchszentrum

In Italien und somit auch in Südtirol gelten für biologisch wirtschaftende Betriebe sehr strenge Grenzwerte. Wenn ein Lebensmittel als “biologisch produziert” eingestuft werden soll, zählt nicht nur die Wirtschaftsweise. Bei Bio-Produkten oder biologischen Futtermitteln dürfen die Rückstände von konventionellen Betriebsmitteln den Grenzwert von 0,01 Milligramm pro Kilogramm nicht überschreiten.

Trotz dieser strengen Vorschriften entwickle sich die Produktion von biologischen Lebensmitteln in Südtirol gut, hieß es nicht zuletzt Mitte November vergangenen Jahres als die “Bio-Offensive” von Landwirtschaftsressort, Bauernbund und Bio-Anbauern präsentiert wurde.

Allein die biologisch bewirtschaftete Kernobstfläche beträgt mittlerweile 10,5 Prozent der Gesamtfläche von 18.522 Hektar. Im Kernobstbereich wurden bereits vor einigen Jahren Maßnahmen gegen die direkte Abdrift gemeinsam mit dem integrierten Obstbau definiert. Auf Grundlage wissenschaftlicher Daten wurde nun auch für die Flächenkulturen eine Regelung gefunden. Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg ist es, Lösungen für die Praxis auf Basis von soliden wissenschaftlichen Daten zu erarbeiten. “Als wissenschaftlicher Partner dieses Abkommens überprüfen wir die Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen und leiten aus den erhobenen Daten Jahr für Jahr Verbesserungsvorschläge für die Zukunft ab”, erklärt der Direktor des Versuchszentrums Laimburg Michael Oberhuber.