Gesellschaft | Gastbeitrag

Vergewaltigung des freien Denkens

Die beiden Bozner Wirtschaftsberater Renate Holzeisen und Armin Toll über die Entmündigung der Bürger und ihr Plädoyer für den gesunden Hausverstand.
statue-2467255_1920.jpg
Foto: upi
Der „Gesunde Menschenverstand“ oder „Hausverstand“ ist eine raffinierte Mischung aus vernünftigem Denken, Gefühl und Intuition, auf die wir gerade in außergewöhnlichen Situationen zurückgreifen sollten.
Wenn die Vernunft schon in normalen Zeiten allzu oft ausfällt, dann ist es speziell mit den Gefühlen und der Intuition in von Stress geprägten Zeiten eine ganz besondere Sache. Erst recht, wenn zur Domestizierung ganzer Staatsvölker der Angst mitunter auch ein wenig auf die Sprünge geholfen wird.
Was wir in den vergangenen Monaten beobachten und über uns ergehen lassen mussten, war ganz einfach mit einem gesunden Menschenverstand oftmals nicht erklärbar.
Sowohl politisch Verantwortliche, als auch so manche Bürger haben, in dieser Stresstestsituation der Corona-Krise, vernünftiges Handeln oftmals vermissen lassen.
Speziell wir Bozener – aber nicht nur wir – wurden über Wochen mit einer sehr unlogischen 200-Meter-Ausgangssperreregelung gegängelt.
 
 
So haben es die für die Stadt Bozen Verantwortlichen doch gleich in mehreren Interviews wiederholt zustande gebracht, uns zu erklären, dass in einem dicht besiedelten urbanen Gebiet es notwendig sei, den Bewegungsraum der Menschen auf einen kleinen Radius von 200-Meter zu begrenzen, damit die Ansteckungsgefahr (im Freien!) so weit wie möglich gebannt wäre.
Was wir in den vergangenen Monaten über uns ergehen lassen mussten, war ganz einfach mit einem gesunden Menschenverstand oftmals nicht erklärbar.
Auf diejenigen, die ihrem Bewegungsbedürfnis auch während der Quarantäne durch Joggen (innerhalb des 200-Meter Radius) nachgekommen sind – haben es so manche übermotivierte Verantwortliche und Bürger ganz besonders abgesehen … an die w/irren Beschimpfungen wird man sich wohl noch lange erinnern.
 
 
Die Logik ist halt nicht jedermanns Sache, offensichtlich schon gar nicht, wenn man plötzlich auf Kosten der fundamentalsten Freiheitsrechte der Bürger Sherif spielen darf.
Medizinisch längst schon untermauerte Argumente wie die Notwendigkeit der Stärkung von Psyche und Körper, und damit des Immunsystems durch Bewegung und Sonnenlicht im natürlichen Ambiente, fanden erst gar keinen Ansatz einer Erwägung.
Und so ist es auch weiter nicht verwunderlich, dass bis vor wenigen Tagen im sog. „Schwimmbad für die Besseren“ in Meran doch tatsächlich zunächst auch der Mund-Nasen-Schutz in den Schwimmbecken im Freien erforderlich gewesen sein soll.
Es nun höchst an der Zeit, dass unsere Gesellschaft zu einer dem humanen Wesen angemessenen Normalität zurückkehrt.
Der Mund-Nasen-Schutz - für Viele eine Vergewaltigung der freien Atmung und damit auch des freien Bewegens und Denkens – muss so Manchem besonders ans Antlitz gewachsen sein, ansonsten kann man sich nicht erklären, weshalb man Menschen sieht, die alleine im Auto fahrend, oder in ländlichen, durchwegs menschleeren Gegenden, ihren Spaziergang absolvierend, eine Maske tragen.
 
 
Es mag wohl an einer Mischung aus Bequemlichkeit (man lässt lieber andere denken), aus vorauseilendem Gehorsam, aus dem irrigen Gefühl jedenfalls „etwas Gutes zu tun“ bzw. „etwas zur Pandemiebekämpfung beizutragen“ (obwohl man u.U. der eigenen Gesundheit schadet und damit wiederum volkswirtschaftlich dem Kollektiv), aus dem Bedürfnis „dazu zu gehören“ (Herdentrieb) liegen, weshalb Verhaltensweisen ohne vernünftige Begründung an den Tag gelegt werden. 
Dies war und ist natürlich auch durch eine vermutlich bewusst zurückhaltend differenzierte sprich klare Informationskommunikation der politisch Verantwortlichen zusätzlich gefördert worden.
Nach Monaten der gekappten sozialen Beziehungen, der unterbundenen physischen Kontakte, des ständigen Einflusses von Horrormeldungen bis hin zur Verbreitung echter Verschwörungstheorien (… wozu objektiv nachvollziehbare Kritik und Hinterfragung von Maßnahmen nicht gehören!) ist es nun höchst an der Zeit, dass unsere Gesellschaft zu einer dem humanen Wesen angemessenen Normalität zurückkehrt.
Vielleicht lässt dies den gesunden Menschenverstand ja wieder auferstehen … im besten Falle sogar gestärkt und gegen weitere pandemische Angriffe immunisiert.