Depression und russisches Geständnis
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„Ich hatte in dieser Phase wirklich niemand und konnte diese ganzen Gedankengänge mit niemandem teilen“, sagt Alex Schwazer nachdenklich. Und weiter: „Ich habe somit alles in mich hineingefressen.“.
Der Südtiroler Olympiasieger rutscht in den Jahren 2010/2011 in eine schwere Depression.
In dieser Zeit trennt sich Alex Schwazer von seinem Trainer Sandro Damilano. Damilano kümmert sich jetzt um die chinesischen Geher. Mit Michele Didoni bekommt der Olympiasieger einen Trainer, der selbst Geher war und nur zehn Jahre älter ist als Schwazer. Der Sterzinger Geher meint heute: „Didoni war eine bequeme Lösung nach außen hin, aber nie wirklich mein Trainer“.
Über seinen Sponsor und Freund, Pietro Ferrero, kommt Alex Schwazer zum umstrittenen Sportmediziner Michele Ferrari. Ferrari, der wenig später den Übernahmen "Dr. EPO" bekommt, steht bereits damals unter Ermittlung der Staatsanwaltschaft Padua. Nachdem es im Frühjahr 2011 zu mehreren Hausdurchsuchungen kommt, muss Schwazer den Kontakt zu seiner einzigen Bezugsperson im Sport abbrechen.
Nach dieser erzwungenen Trennung von Ferrari steht Alex Schwazer plötzlich allein da. Der Olympiasieger weiß nicht mehr, was er tun soll. In dieser Zeit zieht Schwazer nach Mailand. In dieser Folge des Podcasts erzählt er, wie er vor dem Training täglich in eine Bar ging, um einen Kaffee zu trinken. „Ich habe immer wieder gedacht, ich würde alles dafür geben, wenn ich jetzt hinter dem Tresen stehen und Kaffee machen könnte, anstatt trainieren zu gehen“, erinnert er sich. -
Niemand scheint zu merken, dass der Südtiroler Spitzensportler ernsthafte Probleme hat. Es ist der Verbandsarzt Pierluigi Fiorella, der 2011 Alex Schwazer erstmals Antidepressiva verschreibt. „Ich weiß aber nicht, ob er mir wirklich helfen oder nur sicherstellen wollte, dass ich es bis zur Weltmeisterschaft schaffe“, meint der Geher heute kritisch. Weil er unmittelbar nach der WM die Medikamente wieder absetzen soll, geht Alex Schwazer eher von der zweiten Annahme aus.
Gerade in dieser Zeit werden dem Olympiasieger Blutwerte mehrerer russischer Gegner zugespielt. Für ihn wird damit klar, dass seine Gegner nicht nur massiv dopen, sondern die Dopingkontrollen auch so gesteuert werden, dass sie nicht auffliegen. Als er nach der WM in Südkorea in einer Bar mit vier russischen Gegnern zusammensitzt, geben diese das Doping auch offen zu. Spätestens damit aber brechen bei Alex Schwazer alle Dämme. Er fühlt sich verarscht: Sein Trainingswahn wird durch einen anderen fixen Gedanken verdrängt: jenen, selbst zu dopen.„Ich habe mir gesagt: Es ist besser, bei der Olympiade in London gedopt Fünfter zu werden, als wieder sauber die Goldmedaille zu gewinnen. Denn dann bin ich der Trottel“.
„Das ging so weit“, meint er, „dass ich mir gesagt habe, es ist besser bei der Olympiade in London gedopt Fünfter zu werden, als sauber wieder die Goldmedaille zu gewinnen. Denn dann bin ich der Trottel“.
Spätestens damit aber schlägt Alex Schwazer die Richtung zur Highway to Hell ein. Längst dreht sich der Strudel, der den Südtiroler Sportler schon bald vom Olympiathron in den Dopingsumpf ziehen wird. -
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