Umwelt | Landwirtschaft

Bienenrettung im Trend

Trotz invasiver Arten und hohem Preisdruck am Markt steigt die Zahl der Imkerinnen und Imker in Südtirol. Die Landwirtschaft scheint dabei eine Verbündete in stiller Not.
Imkerei, Bienenkästen
Foto: LPA
  • „Die Faszination für Bienen wächst, meist wird die Imkerei in der Familie an die nächste Generation weitergegeben“, sagt der Obmann des Südtiroler Imkerbundes, Christian Trafoier. Derzeit gibt es hierzulande rund 45.000 Bienenvölker. Mit 3.800 Imkerinnen und Imkern hat die Anzahl in den letzten Jahren zugenommen, vor allem junge Menschen entdecken das Hobby für sich. 

    Vor einigen Jahrzehnten hatte die Imkerei einen größeren Stellenwert und für viele Bauernfamilien war sie ein erträglicher Zuerwerb. „Die Globalisierung war dem lokalen Honigmarkt aber nicht dienlich“, so Trafoier. Hinzu kommen importierte Schädlinge und günstiger Fake-Honig, der anscheinend mit Sirup gestreckt wird. „Diese Probleme stellen Imker vor größere Herausforderungen als veränderte Naturlandschaften hierzulande“, erklärt Trafoier. 

  • Geringe Ernte

    Dieses Jahr konnten durch die wechselhafte Witterung zudem wenig Erträge eingefahren werden. „Zwar gibt es immer wieder ein schlechtes Jahr, aber durch den Klimawandel häufen sich die Wetterextreme und in den Tallagen ist es im Sommer teilweise zu heiß. Die höheren Temperaturen beschleunigen das Pflanzenwachstum, das überfordert die Bienen und es bietet sich für Imker im Frühsommer an, auf höher gelegene Berggebiete auszuweichen“, erklärt Klaus Blasbichler von der Fachberatung für Imkerei der Fachschule Laimburg.

  • Insekten: Ihr Lebensraum hat sich durch die starke Landnutzung weltweit rasant geschmälert. Foto: Brad Huchteman/Unsplash
  • Zudem hat sich auch der Lebensraum der Bienen stark verändert, etwa durch die Ausdünnung der Nebenblüten eines Obstbaums. Früher war die Obstblüte eine wichtige Futterquelle, heute spielen die Bienen im Obstbau vor allem für die Bestäubung eine Rolle. Im Frühling legt die Königin ihre Eier und die Jungbienen sind auf die ersten Blühten im neuen Jahr angewiesen, dazu zählt nicht nur die Kirsch-, sondern auch die Apfelblüte. „Je stärker ein Volk, desto höher die Honigernte“, sagt Trafoier. 

     

    „Wilde Insekten sind hingegen viel stärker von den Folgen der intensiven Landnutzung betroffen.“

     

    Imker Othmar Teutsch aus Kurtinig bringt seine Bienen je nach Jahreszeit an verschiedene Standorte in Trentino-Südtirol. Ist die Kirschblüte in Castelfeder bei Neumarkt vorbei, bringt er sie in höhere Lagen ins Cembratal, wo die Blütezeit erst später einsetzt. „Insekten wie Bienen fällt es heute schwerer an Nektar zu kommen, weil die Artenvielfalt bei Blüten stark gesunken ist. Der Lebensraum wird immer schmäler“, sagt der Imker. 

  • Biodiversitätskrise

    Die Wissenschaft zeigt sich darüber alarmiert, denn die weltweit intensive Landnutzung hat die Lebensräume von vielen Pflanzen- und Tierarten zerstört. Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Universität Bozen und Leiterin des Instituts für Alpine Umwelt bei Eurac Research, schätzt, dass das Artensterben für den Menschen noch gefährlicher als der Klimawandel werden könnte. Insekten sind dafür ein gutes Beispiel: Mit mehr als einer Million Arten weltweit sind sie die artenreichste Tierklasse überhaupt. Insekten dienen als Nahrungsgrundlage, sind zum Teil Nützlinge in der Forst- und Landwirtschaft und sind für die Pflanzenbestäubung verantwortlich. 

     

    „Wer nicht bereit ist, für Lebensmittel mehr auf den Tisch zu legen, hat kein Recht, von Bauern und Bäuerinnen Zusatzleistungen zu erwarten.“

     

    In Südtirol haben die Honigbienen durch die Imkerei den Menschen an ihrer Seite. „Honigbienen werden von Imkerinnen und Imkern versorgt. Wenn es draußen zu wenig Nahrung gibt, erhalten sie im Notfall Futter. Wilde Insekten sind hingegen viel stärker von den Folgen der intensiven Landnutzung betroffen“, erklärt Blasbichler von der Laimburg. 

  • Hoher Preisdruck

    Gleichzeitig steigt der Preisdruck für Lebensmittel am Markt. „Verbraucherinnen und Verbraucher sind sehr preissensibel. Deshalb hat die Landwirtschaft wenig Spielraum, um Biodiversität zu fördern, und es wäre unfair, das von ihr zu erwarten“, sagt Blasbichler. „Zwar wären auch wir Imker froh, wenn es wieder einen Buchweizenacker geben würde, aber der Anbau dafür rentiert sich nicht.“ Um die Artenvielfalt zu erhöhen, seien deshalb andere Grünflächen wie Hausgärten oder Parkanlagen wichtig. Denn die Landwirtschaft sei derzeit in der öffentlichen Debatte zu Natur- und Umweltschutz zu stark im Fokus. „Wer nicht bereit ist, für Lebensmittel mehr auf den Tisch zu legen, hat kein Recht, von Bauern und Bäuerinnen Zusatzleistungen zu erwarten“, erklärt Blasbichler. 

  • Christian Trafoier: „Wir hatten heuer keinen einzigen Vergiftungsfall und die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft funktioniert sehr gut.“ Foto: Südtiroler Imkerbund
  • Die Zusammenarbeit zwischen Imkerei und Landwirtschaft besteht seit langem, nicht wenige haben selbst zuhause einen Hof. „Wir hatten heuer keinen einzigen Vergiftungsfall und die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft funktioniert sehr gut“, erklärt Trafoier vom Imkerbund. Das war nicht immer so. In den letzten Jahren habe es Vergiftungsfälle im Frühling gegeben. Wird nur in der Früh und abends gespritzt, besteht während dem Bienenflug tagsüber wenig Gefahr.