Kultur | Fotografie

Auf- und absteigende Frauen

Den mutigen und weiblichen Blick auf den historischen Fotobestand zu bergsteigenden Frauen gibt es seit kurzem auf der Internetseite des Tiroler Photoarchivs. Berg Frei!
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Foto: Tiroler Photoarchiv
  • Seit wenigen Tagen sind sie online. Passend zum Internationalen Frauentag am 8. März wurden zahlreiche historische Fotodokumente im Rahmen einer virtuellen Schau des Tiroler Photoarchivs (TAP) aus der Versenkung geholt, entstaubt, digitalisiert und unter dem Titel Frühe Alpinistinnen in den Dolomiten 1870–1930 öffentlich gemacht. 

  • Zwei Fotos, Cinque Torri: Ilona und Rolanda von Eötvös auf dem Weg zu den Cinque Torri/Ampezzaner Dolomiten, Stereofotografie, 1900 Foto: Tiroler Photoarchiv
  • Nur mehr im Rückblick und basierend auf jüngste Forschungsergebnisse, kann das Bergsteigen einst als „reine Männerdomäne“ bezeichnet werden. Klar, die große Zahl an Erstbesteigungen erfolgte durch Männer und sie sind es auch, die auf den allermeisten Lichtbildern in die Kamera blicken. Die Geschichtsschreibung des Alpinismus ist ebenfalls über Jahrzehnte Männersache. Demensprechend einseitig und überzogen heldenhaft fällt sie aus.

  • Große Leistung, kleine Zinne: Herausfordernd für die Porträtierte und den Fotografen Theodor Wundt: die Holländerin Jeanne Immink auf dem Band der Kleinen Zinne, 1893 (Theodor Wundt, Ich und die Berge. Ein Wanderleben, Berlin 1917) Foto: Tiroler Photoarchiv

    Bergsteigerinnen wurde hingegen lange „Unweiblichkeit“ und „Gesundheitsgefährdung“ vorgeworfen, wenn sie in Röcken oder Hosen den sportlichen Leistungen ihrer männlichen Gipfelstürmer um nichts nachstanden, oder wenn sie die kargen Felsen und steilen Wände zur naturwissenschaftlichen Erforschung besuchten. 
     

    ...ein „Frauenfuß“ auf diesen Bergspitzen.


    Wer aber waren die Frauen, die ab der zweiten Hälfte des 19. bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts aus der patriarchal durchorganisierten Enge ausbrechen konnten und die Bergwelt aufbrachen? Es waren zunächst Töchter, Schwestern, Freundinnen oder Ehefrauen einer männlichen Partnerschaftsseite, die "mitgenommen" wurden. Zur richtigen Befreiung, zum Aus- und Aufbruch kam es schon bald darauf und das Bergsteigen wird – ähnlich dem Radfahren – zu einem revolutionären Akt innerhalb der allgemeinen Emanzipationsbewegung.

  • Abenteuer Berg: Anna Ploner, Hotelierstochter aus Schluderbach, neben ihr von links nach rechts: Hans Ploner, Michl Innerkofler und Luigi Orsolina, 1874 Foto: Tiroler Photoarchiv

    Vor über 150 Jahren war die Engländerin Amelia Edwards als erste Reiseschriftstellerin in den Dolomiten unterwegs. Das war 1872. Gesichert ist eine weitere Höchstleistung nur zwei Jahre später, als die 21-jährige Schluderbacher Hotelierstochter Anna Ploner als erste Frau den Monte Cristallo bezwang – nur neun Jahre nach der Erstbesteigung durch Paul Grohmann, Angelo Dimai und Santo Siorpaes.
    Einmalig ist auch die Leistung von Aubrey Le Blond, geb. Elizabeth Whitshed (1860–1934), die nicht nur den Mont Blanc bestieg (und nebenbei sehr gut fotografierte), sondern 1907 in London den Ladies Alpine Club gründete, bzw. gründen musste, nachdem das „männliche“ Pendant Alpine Club auf „keinen Fall“ Frauen als Mitglieder aufnehmen wollte. 

  • Erste Frau am Cristallo vor 150 Jahren: Anna Ploner (1853–1926) ist die bergbegeisterte Tochter des Hoteliers Georg Ploner aus Schluderbach im Höhlensteintal südlich von Toblach. Ploner steht mit 21 Jahren, geleitet vom erfahrenen Bergführer Michl Innerkofler, am 15. September 1874 als erste Frau auf dem Monte Cristallo, ganze vier Tage später mit Innerkofler und Luigi Orsolina auf dem Gipfel der Großen Zinne. Dies hat damals großes Aufsehen erregt – ein „Frauenfuß“ auf diesen Bergspitzen. Foto: Tiroler Photoarchiv
  • Die virtuelle Ausstellung möchte vor dem Hintergrund der damaligen „gesellschaftlichen Verhältnisse“ und „geschlechterspezifischen Rollenbilder“ beachtliche alpinen Leistungen von Frauen auflisten, einordnen und sichtbar machen. Die ausgewählten Fotografien zeigen die Bergsteigerinnen selbst, sowie historische bis zeitgenössische Aufnahmen „erklommener Gipfel und Zacken“. Die Lichtbilder stammen aus Budapest, Cortina d‘Ampezzo, Belluno, verschiedenen Sammlungen sowie aus oft bereits vergriffener (historischer) Literatur.

  • Schwesternbesteigung: Die Schwestern Ilona und Rolanda von Eötvös, Baronessen aus Ungarn, mit Bergführern im Gebirgsmassiv Croda da Lago/Ampezzaner Dolomiten, Stereofotografie, 1896 (Ungar. Museum für Technik und Verkehr, Budapest) Foto: Tiroler Photoarchiv