Übersetzendes
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Ausnahmsweise stand es mal wieder im Rampenlicht: das Eppaner Lanserhaus. Irgendwie vegetiert der wuchtige bauhistorisch nicht uninteressante Dampfer seit wenigen Jahren etwas ziellos vor sich hin. Nur mehr sporadisch ist das große, alte Haus im Zentrum von St. Michael/ Eppan herzeigbarer Ausstellungsort und bringt Kunst- und Kulturinterssierte im Überetscher Weindorf zusammen. Vergangene Woche war es (wieder einmal) soweit, denn im etwas spröden Lanserhaus-Vakuum blieb anscheinend genügend Luft (nach oben), um dem jungen engagierten Verein lasecondaluna aus dem Südtiroler Unterland Platz für ihr zeitgenössisches Übersetzungs-Projekt einzuräumen.
„Im festen Glauben an den Dialog als Instrument für persönliches und kollektives Wachstum“, lautet das Credo des jungen Kunst- und Kulturvereins aus dem benachbarten Leifers, der mit einem regelmäßigen Ausstellungsprogramm und stets mit neuen Stimmen und Positionen überzeugt. Die aktuelle Schau nennt sich: Linguaggi in traduzione - Ausdrucksformen in Übersetzung.
Gibt es echter als echt?
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„Die Ausstellung entwickelt sich aus den Konzepten Grenze – dem Zweijahresthema der Ausstellungssaison 2023 und 2024 von lasecondaluna – und der Thematik Übersetzung“, erklärte Kurator Nicolò Faccenda zur Eröffnung. Die gezeigten Arbeiten der insgesamt zehn Künstlerinnen und Künstler widmen sich über unterschiedliche Zugänge dem Wesen Übersetzung, insofern geht es auch um Codes und Codierung- bzw. Decodierung-Prozesse. Das Motto für die Besucher*innen lautet dementsprechend: Entschlüsseln!
Der Kurator hat der Ausstellung Entschlüsselungshinweise in Form einer Handreichung mit Überlegungen beigelegt. „Kodifizierungen, Transmutationen, Inkorporationen, Korruptionen, Subversionen“, steht da etwa einleitend in den zweisprachig zusammengestellten Textblättern. Und es tut gut, sie bei einem Rundgang der bis 7. Dezember laufenden Ausstellung vorab zu lesen (1. Analytische Gründe, 2. Analytische Übersetzungen und 3. Dialektische Gründe), um mit einer geballten Ladung an theoretischem Wissen durch die kleinteiligen Räume des "Lanserdampfers" zu schleichen, vorbei an den Arbeiten: von Irma Blank (1934 – 2023), Giulio Boccardi, Valentina Cavion, Hannes Egger, Mirijam Heiler, Samira Mosca, Isabella Nardon, Jacopo Noera, Simon Perathoner und Nadia Tamanini.Sehr präsent manifestiert sich im Ausstellungsreigen der Künstler Simon Perathoner. Zahlreiche Räume hat er mit seinen Arbeiten bestückt. Auch gleich am Eingang, wo eine Skulptur, die er bereits im Rahmen einer Ausgabe der Biennale Gherdëina vor einigen Jahren (in abgewandelter) Form ausstellte. Sie führt direkt in die Dolomiten und übersetzt das Gestein in Chemie.
Neben Perathoner ist auch Samira Mosca mehrmals vertreten. In der Installation Interspace verleiht sie undefinierten Zwischenräumen Gestalt, indem sie den klassischen Tanz als Sprache begreift und verschieden aufgezeigte Bedeutungseinheiten aneinanderreiht. In Nadia Tamaninis Arbeit wird die Sprache durch das Weben zu Kunst. Aufbauend auf visuelle Poesie-Ideen der 1970er Jahre erobert sie damit auch ein halbes Jahrhundert später die Räume. Giulio Boccardis Composizioni spaziali stellen die Fotografie als „realistische“ Abbildung infrage. Aber auch sich selbst. Außerdem wird die Frage aufgeworfen: Gibt es echter als echt?
Unterirdisch und mit zwei fingierten Bildmotiven wartet Künstler Hannes Egger auf. Mit seiner Arbeit versinnbildlicht er die "insurbische Linie", entlang der afrikanische und eurasische Kontinentalplatte im kleinen Mikrokosmos Südtirol aneinandergeraten. Mirijam Heiler zeichnet Zeichen in mantrischer Wiederholung, manchmal scheren sie auf ihrer Leinwand aus. Das ist sehenswert und erfreulich! Um das „eigentliche“ Übersetzen im herkömmlichen Sinne, geht es in dieser leicht kryptisch daherkommenden Ausstellung (abgesehen von den klar formulierten zweisprachigen Ausstellungstexten) gar nicht, vielmehr kann sich das reich beladene und das als Lanserhaus getarnte "Kunst-Schiff" mit seinen zeitnahen Inhalten gut über Wasser halten und problemlos „übersetzen“, von der einen zur anderen Seite. Oder gar ins Uferlose.Linguaggi in traduzione - Ausdrucksformen in ÜbersetzungZu sehen bis Samstag 7. Dezember. Dienstags bis samstags von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Freitags und samstags auch vormittags von 10:00 bis 12:00 Uhr.
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