„Man ist plötzlich konstant beim Lügen.“
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So lange wir über sein Leben, seine Kindheit und seine außergewöhnlichen Erfolge als Sportler reden, ist es die Geschichte eines modernen Helden. Inzwischen aber sind wir längst auf der Schattenseite der glitzernden Goldmedaillen angekommen: Beim Doping.
Es ist ein schwieriges Thema, bei dem Alex Schwazer vordergründig nicht zu den Guten gehört. Dennoch hält er in seiner Erzählung Schritt. Auch dann, wenn das Gespräch in Mareit fast schon zum Verhör wird, bleibt er auf Kurs. Ungeschönt, klar und detailliert erzählt er auch Dinge, die nicht dem Heldenepos entsprechen, das Stars und Sportler so gerne um sich spinnen.
In der letzten Folge dieses Podcast hat Alex Schwazer geschildert, wie er zwischen Depression und Wahn in diese gefährliche Spirale der illegalen Medikamenteneinnahme geraten ist. Das Geständnis seiner russischen Konkurrenten, die an einem Abend während der WM in Südkorea Schwazer eröffnen, dass die gesamte russische Mannschaft zu solchen illegalen Mittel greift, ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
„Ich habe mein gesamten Wissen über EPO, wie es funktioniert, wie es wirkt, wie man es einnehmen muss, um nicht erwischt zu werden, schon Monate zuvor auf Google Scholar recherchiert“, sagt er heute. Dann sucht sich Alex Schwazer ein Land, wo er das Medikament ohne Rezept bekommen kann. Die Wahl fällt schließlich auf die Türkei.
Alex Schwazers Dopingtrip dauert insgesamt drei Tage. Vom 4. bis zum 7. September 2011. Er startet in Innsbruck, fliegt nach Wien und steigt dort in eine Maschine in das südtürkische Antalya. In der türkischen Hafenstadt, die als beliebtes Urlaubsziel gilt, erwirbt Alex Schwazer in einer Apotheke nicht nur das Dopingmittel EPO, sondern auch Testosteron. Der Geher nimmt die Dopingmittel im Handgepäck mit nachhause und bewahrt sie dort im Kühlschrank auf.
Obwohl niemand etwas mitbekommt, wird diese Geschichte für den Spitzensportler sehr schnell zu einer schweren psychischen Belastung. Alex Schwazer: „Wenn man die Mutter anlügen muss und die Freundin, dann macht das etwas mit einem. Das ist nur der Anfang und es geht dann immer weiter“. -
Heute sagt der Südtiroler Olympiasieger, dass er mental mit diesen Situation nicht mehr fertig wurde. „Man ist plötzlich konstant beim Lügen“, meint er, „damit musst du erst einmal fertig werden.“ Alex Schwazer wird das nicht. „Es ist die Sache, an der ich zerbrochen bin“, sagt er im Rückblick.
Im Frühjahr 2012 testet er erstmals die EPO-Einnahme. Wie alles im Leben plant der Geher sein Doping generalstabsmäßig. So werde er dabei eine ganze besondere Methode für die Verabreichung an: Die sogenannte Ashenden Methode, benannt nach dem australischen Wissenschaftler Michael Ashenden.„Man ist plötzlich konstant beim Lügen. Es ist die Sache, an der ich zerbrochen bin“.
Im Nachhinein sagt Alex Schwazer, dass diese gesamte Aktion völlig verunglückt war. Denn das Doping habe ihm absolut nichts gebracht.
Am 18. März 2012 startet Alex Schwazer bei der Lugano-Trophy über 20 Kilometer. Der Südtiroler Geher gewinnt das Rennen im Tessin mit einem neuen Italienrekord. In Wirklichkeit ist dieses für Schwazer aber nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern auch ein Test, ob er mit seiner Methode, durch die strengen Dopingkontrollen kommt.
Alex Schwazer geht damit bewusst ein hohes Risiko ein. „Nein, ich hatte nie Angst“, sagt er heute. -
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