Die größten Kräuter-Irrtümer

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Kräuter sind die kleinen Superhelden der Natur – duften gut, schmecken herrlich und machen irgendwie alles besser. Oder?
Naja, fast.
Denn rund um unsere grünen Freunde kursieren einige Legenden, die so zäh sind wie ein alter, staubiger Lavendelstrauß in der Vase. Zeit, ein bisschen aufzuräumen: Was können Kräuter wirklich – und wo nerven sie einfach nur?
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Die Autorin
Tamara Seyr ist FNL Kräuterexpertin und Heilpraktikerin. Sie beschäftigt sich oft und auch lange (und oft auch ganz, ganz lange) mit den Kräutern und allem was dazu gehört. Das sind nicht nur die botanischen Namen, die Familienzugehörigkeit und die Inhaltsstoffe, sondern auch die Signaturenlehre.
Ihr aktuelles Buch "Klugscheißerwissen Kräuter"ist hier erhältlich.
Foto: Tamara Seyr -
Kamille – die angebliche Wunderwaffe für alles
„Kamillentee hilft IMMER!“ – wer das noch nie gehört hat, ist vermutlich auf einem anderen Planeten aufgewachsen. Ja, Kamille ist entzündungshemmend und beruhigend. Aber Achtung:
- Kamillentee ist ziemlich aggressiv gegenüber Schleimhäuten. Wenn du ihn übertrieben inhalierst oder literweise trinkst, trocknet er dich aus wie ein altes Brötchen.
- Und: Nicht jeder verträgt Kamille – sie gehört zur Familie der Korbblütler und kann bei empfindlichen Menschen allergische Reaktionen auslösen. Fazit: Kamille ist toll – aber in Maßen und mit Hirn. Nicht jeder Schnupfen braucht eine Kamillendusche deluxe
Fazit: Kamille ist toll – aber in Maßen und mit Hirn. Nicht jeder Schnupfen braucht eine Kamillendusche deluxe.
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Pfefferminze – frisch, frech und manchmal zu viel des Guten
Pfefferminze ist das, was Zitronenbrause für Kinder ist: erfrischend, beliebt und manchmal der pure Overkill. Ein Pfefferminztee nach dem Essen – wunderbar! Ein Pfefferminztee bei Reflux (Sodbrennen) – Katastrophe. Pfefferminze entspannt den Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre – was bedeutet: Sie öffnet die Tür für aufsteigende Magensäure. Hallo, brennender Rachen!
Fazit: Pfefferminze ist super – wenn du keine Probleme mit Magen oder Sodbrennen hast. Sonst lieber zur Melisse greifen. Die beruhigt den Bauch auch, aber ohne Türöffner-Effekt.
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Lavendel – nicht nur zum Einschlafen da
„Lavendel = Schlafmittel.“ Schön wär’s. In Wahrheit ist Lavendel ein richtiges Multitalent – wirkt beruhigend, krampflösend und stimmungsaufhellend.
Aber: Nicht jede Art wirkt gleich. Echten Lavendel (Lavandula angustifolia) solltest du nehmen, nicht irgendwelche Garten-Züchtungen.
Und: Zu viel Lavendelduft kann statt Entspannung auch mal Kopfschmerzen auslösen. Das Schlafzimmer also nicht in eine Lavendelsauna verwandeln, sonst schläfst du vielleicht ein – wachst aber mit Brummschädel auf.
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Salbei – der Hustenheld mit Nebenwirkungen
Salbeitee bei Halsschmerzen? Großartig. Salbeitee täglich, weil’s so gesund ist? Keine so gute Idee. Salbei wirkt adstringierend (zusammenziehend) – und kann bei übermäßigem Genuss die Schleimhäute reizen, statt sie zu pflegen. Außerdem enthält Salbei Thujon, eine Substanz, die in hohen Dosen auf das Nervensystem wirkt (und nicht unbedingt positiv). Also: Für Notfälle, zum Gurgeln, aber nicht als Dauer-Getränk.
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Johanniskraut – der kleine Sonnenschein mit Tücken
Johanniskraut wird oft als natürliches Antidepressivum angepriesen – und das ist auch nicht ganz falsch.
Aber Achtung:
- Es macht die Haut lichtempfindlicher. Sonnenbaden kann dann schneller zum Sonnenbrand führen als du „Sommer“ sagen kannst.
- Es kann die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen (z. B. Antibabypille, Blutverdünner, Antidepressiva). Selbst ist die Kräuterfee? Lieber nicht. Zumindest, wenn es die innerlich Einnahme betrifft. Hier bitte immer ärztlichen Rat einholen.
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Ringelblume – die bunte Schönheit mit heilenden Kräften
Die Ringelblume ist die absolute Alleskönnerin unter den Kräutern – besonders in der Hausapotheke ist sie ein unschätzbarer Schatz. Doch auch hier gibt es ein paar Dinge zu beachten:
- Ringelblume ist entzündungshemmend und desinfizierend, weshalb sie wunderbar bei Hautproblemen wie Wunden, Ausschlägen oder sogar kleinen Verbrennungen hilft.
- Aber: Sie kann in einigen Fällen allergische Reaktionen hervorrufen – also erstmal vorsichtig ausprobieren. Besonders bei empfindlicher Haut sollte man eine kleine Stelle testen, bevor man sich die Creme vollflächig aufträgt.
Ringelblume ist toll für die Hautpflege, aber übertreibe es nicht, wenn du empfindlich bist. Und es gilt wie bei den anderen Kräutern: Sie ist kein „Wundermittel“, sondern eine tolle natürliche Unterstützung.
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Warum du Kräuter trotzdem lieben solltest – nur eben richtig
Kräuter sind keine Wundermittel, die immer, überall und für jeden gleich wirken. Sie sind hochwirksame Naturstoffe – und verdienen genau deshalb Respekt und ein bisschen Wissen im Umgang. Die goldene Regel lautet:
- Nicht alles hilft immer.
- Nicht alles passt zu jedem.
- Und: Viel hilft nicht immer viel – manchmal reicht ein lauwarmes Tässchen mehr als eine literweise Kräuterschlacht.
Fazit: Kräuter sind wie gute Freunde. Sie sind fantastisch – …wenn du weißt, wann du sie brauchst, …und wann du ihnen (und dir selbst) lieber eine kleine Pause gönnst.
Also: Tee aufbrühen, Nase ins Kräuterkissen stecken, aber nie den gesunden Menschenverstand im Garten vergessen. Ein Hoch, auf die Pflanzenpower!
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