Zwist in der Südtiroler Lehrerschaft

War die Mühe umsonst? Das Bildungsgesetz ist wie ursprünglich angedacht mit Beibehaltung der Vorbehaltsregelung bis 2017 vom Landtag verabschiedet worden. Enttäuschung ist keine zu hören bei Nicole Stocker, eine jener Lehrpersonen, die angekündigt hatten, Rekurs einzulegen, sollte der Vorbehalts-Passus nicht geändert werden. Am Abend vor der Abstimmung am Freitag, 16. Jänner, hat es ein Treffen mit Landesrat Philipp Achammer gegeben. Dieser hat sein Rechtsgutachten vorgelegt, welches die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestätigen sollte. Eine Gruppe von Sonderlehrbefähigungskurs (SLK)-Teilnehmern und ein ihrerseits eingeholtes Rechtsgutachten hatten diese angezweifelt.
Frau Stocker, kommt nun der Rekurs der SLK-Teilnehmer?
Nicole Stocker: Es steht noch gar nichts fest. Das Gutachten, das uns Landesrat Achammer vorgelegt hat, scheint nicht 100-prozentig klar und eindeutig zu sein, aber ich habe nicht die Kompetenz, das zu entscheiden. Das werden andere machen.
Es ist eine komische Situation entstanden, unter den Lehrern, unter Kollegen.
Wie werden Sie und die Gruppe von Lehrern, die einen Rekurs in Betracht ziehen würde, nun weiter vorgehen?
Achammers Gutachten ist an alle aus der Gruppe verschickt worden, damit jeder die Möglichkeit hat, es persönlich durchzulesen und zu bewerten, ob und von wem Rekurs eingelegt wird. Von der Vorbehalts-Regelung sind ja aber auch noch andere Lehrpersonen betroffen – etwa jene, die jetzt im Jänner den neuen Sonderlehrbefähigungskurs besuchen werden. Ich weiß nicht, inwieweit diese informiert sind. Jedenfalls ist alles noch offen. Auch wegen des Versprechens, das uns Philipp Achammer gegeben hat.
Welches da wäre?
Er hat uns zugesichert, dass die alten Ranglisten nun gesichtet und kontrolliert werden. Denn viele der über 200, mit Vorbehalt darin Eingetragenen dürften gar nicht auf der Liste stehen – es haben also nicht alle das Anrecht darauf, bis 2017 auf der Liste zu bleiben.
Dass wir faul seien, das hören wir schon länger. Dabei sind wir sind allesamt Akademiker, die einen mindestens ebenso langen Ausbildungsweg hinter uns haben wie zum Beispiel Lehramtsstudenten.
Warum das?
Zum Beispiel sind da einige, die sich – unrechtmäßig – noch 2008 neu eingetragen haben, obwohl die Ranglisten 2006 geschlossen wurden. Andere, die haben sich 2010 nachgetragen. Wieder andere stehen noch auf der Vorbehaltsliste, obwohl sie ihr Studium nicht abgeschlossen haben. Auch der Landesrat hat zugegeben, dass er nicht versteht, warum das so kommen konnte.
Daher sein Versprechen?
Es soll eine Kontrolle der Vorbehaltslisten durchgeführt und all jene, die darauf nichts zu suchen haben, rausgeworfen werden. Dann können wir die Situation, und eventuell auch die Rekurseinlegung, neu bewerten.
Im Netz kursieren Anschuldigungen gegenüber den SLK-Teilnehmern. Diese hätten in der Vergangenheit einige Chancen, die Lehrbefähigung zu erhalten, verpasst und würden nun “ganz frech” Lehrpersonen, die schon lange mit Lehrbefähigung arbeiten, überholen. Was sagen Sie zum Vorwurf, dass nun “faule Lehrer” belohnt werden?
Dass wir SLK-Teilnehmer faul seien, das hören wir schon länger. Doch ist das eine blöde Äußerung. Denn wir sind allesamt Akademiker, die einen mindestens ebenso langen Ausbildungsweg hinter uns haben wie zum Beispiel Lehramtsstudenten. Wir werden schon seit Langem von anderen Lehrergruppen mit Dreck beworfen – mich schockiert mittlerweile gar nichts mehr. Aber auf dieses Niveau möchte ich mich nicht hinablassen, sondern objektiv die Fakten betrachten: Für viele Fächer hat es in der Vergangenheit gar nicht die Möglichkeit gegeben, eine Lehrbefähigung zu erhalten. Und sicherlich hat auch die persönliche Lebenssituation damit zu tun, dass manche einfach gewartet haben, um die Lehrbefähigung anzugehen.
Es soll eine Kontrolle der Vorbehaltslisten durchgeführt und all jene, die darauf nichts zu suchen haben, rausgeworfen werden.
Es macht den Anschein, als müsse sich jede Gruppe von Lehrern mit jeweils unterschiedlicher Ausbildung für ihre Situation rechtfertigen und erklären, warum sie denn im Vergleich zu den übrigen eine andere – zumeist bevorzugte – Behandlung verdient hätte. Es handelt sich ja immer um Kolleginnen und Kollegen?
Es ist in der Tat eine komische Situation entstanden. Wir Lehrer haben begonnen, uns untereinander gegenseitig zu zerschleißen. Aber da muss ich auch den Politikern eine gewisse Schuld daran geben, die das System jahrelang so haben laufen lassen und nun Mühe haben, das angerichtete Chaos wieder zu beseitigen.
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