“Wir haben verstanden”
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Vor einer Woche hat im Hinblick auf die Aufnahme von Asylbewerbern in Auer ein durchaus emotionaler Informationsabend für die Bürger der Gemeinde stattgefunden. Bereits im Vorfeld war teils heftige Kritik aus der Bevölkerung und von politischer Seite laut geworden. “50 Personen sind zu viele”, hatte auch Bürgermeister Roland Pichler (Bürgerliste Auer) damals gemeint.
Herr Pichler, hat sich die Stimmung nach dem Abend vergangene Woche im Dorf geändert?
Roland Pichler: Es gibt zwar immer noch Stimmen, die sagen “besser nicht”. Aber die Spannung hat sich inzwischen ein bisschen gelegt. Auch weil wir mitbekommen haben, dass das Land die Bezirksgemeinschaften angeschrieben hat, da man weitere 700 Plätze für die Unterbringung von Asylbewerbern sucht. Es wird also auch andere Gemeinden treffen. Es hat bereits ein Treffen zwischen den Bürgermeistern des Unterlands gegeben und jede Gemeinde schaut nun, ob sie kleinere Strukturen zur Verfügung stellen kann. Denn ich bin nach wie vor überzeugt, dass die Aufnahme besser gelingt, wenn die Menschen in kleinen Gruppen aufgeteilt werden.
Hat es irgendwelche positiven Reaktionen nach der Versammlung gegeben?
Es hat sich einiges getan. Wenn die Asylbewerber kommen, gibt es bereits eine Gruppe von ungefähr 15 Freiwilligen, die sich um sie kümmern wollen.
Sie selbst waren auch nicht gerade glücklich, als Sie von dem Vorhaben der Landesregierung erfahren haben, dass Asylbewerber in Ihrer Gemeinde unterkommen sollen.
Die Hauptkritik war ja, dass das Ganze irgendwie vom Land im Alleingang beschlossen wurde. Uns wurde erst im Nachhinein mitgeteilt, dass Auer Asylbewerber aufnehmen soll. Wir haben aber verstanden, dass das Land in der Verantwortung ist, eine gewisse staatlich festgelegte Quote zu erfüllen und mit diesem Dilemma umzugehen. Aber eine Lösung kann sowieso nicht in Auer oder in Südtirol gefunden werden, sondern muss vonseiten der Europapolitik kommen. Darauf hoffe ich sehr.
Roland Pichler. Foto: Gemeinde Auer
Zweifel hat es auch wegen der vorgeschlagenen Unterbringung der 50 Personen in der Nähe des Bahnhofs gegeben. Wurde nun eine endgültige Entscheidung getroffen, wo die Asylbewerber unterkommen sollen?
Nein, wir sind noch dabei eine Alternative zu finden. Anstatt auf dem Areal nördlich des Bahnhofs, das ja noch unbebaut ist, wäre es besser, die Menschen in bereits bestehenden Strukturen unterzubringen. Ich bin im Gespräch mit zwei Eigentümern, die zwei Immobilien besitzen, in denen je bis zu 30 Personen untergebracht werden könnten. Heute (Dienstag, 19. April, Anm. d. Red.) werden wir diesen Vorschlag an das Land weiterleiten und einen Lokalaugenschein vorschlagen.
Die Lega Nord hat für den heutigen Dienstag eine Pressekonferenz am Bahnhof von Auer angekündigt, “contro arrivo profughi”…
Davon habe ich nichts mitbekommen. Aber die Lega, die mit einer Exponentin auch im Gemeinderat vertreten ist, hat sich von Anfang an dezidiert gegen die Aufnahme von Asylbewerbern ausgesprochen. Und will auch mit einem Beschlussantrag im Gemeinderat dagegen vorgehen.
Sehen Sie das bedenklich, dass eine politische Partei so offen gegen Flüchtlinge vorgeht?
So einfach haben sie es sowieso nicht, weil Gesetze existieren, an die wir uns zu halten haben. Außerdem bin ich der Meinung, dass man diese Situation, diese Herausforderung annehmen muss. Wer sagt “machen wir alles zu”, der schürt nur weitere Ängste und Aggressionen.
Auch um dem entgegenzuwirken findet morgen, Mittwoch, um 20 Uhr ein Abend in der Bibliothek von Auer statt, zum Thema “Migration und Flucht”. Mit dabei sind Monika Weissensteiner von der Alexander Langer Stiftung und der Moraltheologe Martin Lintner. Wird der Auerer Bürgermeister dort anwesend sein?
Ich werde dort sein, ja. Denn das ist eine Möglichkeit, Informationen und Erzählungen von Menschen zu hören, die sich direkt mit dem Thema und der Flüchtlingsproblematik auseinandersetzen. Daher lade ich alle Leute ein, auch hinzugehen.