Politik | Wipptal

Isolierter Bezirk

Die Wipptaler SVP-Vertreter haben entschieden: Die Zusammenarbeit mit der Landespartei wird auf Eis gelegt – eine Bewährungsprobe für die Landesregierung.

Bis lange nach Mitternacht wurde gestern im Vereinshaus von Gasteig diskutiert. Nur drei Kilometer und fünf Fahrminuten von Sterzing entfernt waren am Montag die Vertreter des SVP-Bezirks Wipptal zusammengekommen, um darüber zu beraten, wie es nach dem Beschluss der Landesregierung, die Geburtenstation in Sterzing nach dem 31. Oktober dieses Jahres zu schließen, weitergehen soll. Ihr Unverständnis und ihre Empörung hatten einige Wipptaler SVP-Politiker bereits vergangenen Donnerstag bei der Protestveranstaltung in Sterzing kund getan. “Die Stimmung ist nicht nur schlecht, sondern sauschlecht”, bestätigt Franz Kompatscher. Seine Partei, die SVP, sei im Wipptal in einem “desolaten Zustand” – “niemand identifiziert sich mehr mit ihr”. Beweis dafür ist nicht zuletzt der geschlossene Rücktritt der SVP-Ortgsgruppe Innerratschings am Wochenende.


Keine Chance

Dass es kein gemütlicher Abend für den Landeshauptmann werden würde, stand also im vornherein schon klar. Arno Kompatscher sollte am Montag ebenfalls in Gasteig dabei sein, um sich mit den Bezirksvertretern seiner Partei auszusprechen. Bereits bei seiner Ankunft wurde der Landeshauptmann erwartet. Rund hundert Frauen, Männer und Kinder standen Spalier und protestierten vor dem Vereinshaus schweigend gegen die Schließung der Geburtshilfe. Im Inneren des Gebäudes ging es dann weniger still weiter. Von 19.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht kam es zu einer “sehr intensiven und regen Diskussion”, berichtet Karl Polig. Nachdem der Landeshauptmann zu Beginn die Gründe für den Beschluss zur Schließung der Sterzinger Geburtenstation erläutert hatte, ergriffen die Delegierten der SVP-Ortsausschüsse das Wort. “Natürlich wurde sehr viel Kritik vorgetragen”, sagt SVP-Bezirksobmann Polig. Der Landeshauptmann sei zwar “sehr bemüht” gewesen, um Verständnis für die Entscheidung zu werben, und habe einiges “sehr Nützliches” gesagt. Doch von Erfolg gekrönt war Arno Kompatschers Unterfangen nicht. “Es ist ihm nicht gelungen, einen Meinungsumschwung herbeizuführen. Den zwingenden Grund für die Schließung hat auch nach dem Treffen niemand verstanden, niemand ist zur Erkenntnis gelangt: ‘Ok, jetzt verstehe ich’”, schildert Polig seine Eindrücke.


Arno Kompatscher bei seiner Ankunkt in Gasteig. Foto: Facebook

Als der Landeshauptmann schließlich das Vereinshaus und das Treffen verließ, machten sich die anwesenden SVP-Bezirksvertreter daran, über interne Maßnahmen zu beraten. Dass man nicht “einfach so” weitermachen würde, stand bereits im Vorfeld fest. Entsprechend wurde am Montag Abend die Forderung nach dem geschlossenen Rücktritt der Bezirksleitung der Partei laut. Der Vorschlag fand allerdings keine Mehrheit. Im Gegenzug wurde allerdings ein folgenschwerer Beschluss gefasst. Denn darüber, dass es keine Hoffnung mehr gibt, die Schließung aufzuhalten, ist man sich im Wipptal bewusst. Man habe sich als SVP Wipptal nichts vorzuwerfen, betont Karl Polig. Umso verbitterter habe man daher zur Kenntnis genommen, dass die Schließung unumkehrbar ist, fügt Franz Kompatscher hinzu. Doch nun will man nach vorne schauen.


Die Bewährungsprobe

“Wir haben beschlossen, die Zusammenarbeit mit der Landespartei vorerst auf Eis zu legen”, teilt Polig mit. Darüber hinaus wolle man bis auf weiteres keine weiteren Mitgliedsbeiträge im Wipptal einzahlen und den landesweiten Sitzungen der SVP als Bezirk fernbleiben. “Wir brechen die Brücken nicht ab, aber diejenige, die über die Brücke gehen muss, ist die Landesregierung”, bringt es der Wipptaler SVP-Bezirksobmann auf den Punkt. Einzig und allein von der Landesregierung hänge ab, wie und ob es weitergeht – mit der SVP Wipptal und dem Krankenhaus Sterzing. “Wir fordern konkrete Maßnahmen, ein schlüssiges Konzept dafür, wie die Festigung des Spitals bestätigt werden soll”, erklärt Polig.

“Sichere Beschlüsse und nicht nur Versprechungen” braucht es auch laut Franz Kompatscher, um die Wipptaler zu überzeugen. Der Bürgermeister von Brenner kündigt an, die Landesregierung und ihr Vorgehen im Hinblick auf das Krankenhaus Sterzing “genau beobachten” zu wollen: Die Betreuung von Müttern und Kindern vor und nach der Geburt, die Aufstockung der Neuroreha, und die Sicherung “gleichwertiger” Arbeitsplätze stehen für die Wipptaler SVP-Politiker dabei im Mittelpunkt. Die Landesregierung müsse “umgehend aktiv” werden. “Wir wollen sehen, dass wirklich etwas gemacht wird”, unterstreicht Polig mit Nachdruck. Erst und nur dann könne auch wieder eine bessere Zusammenarbeit auf Landesebene geben.


Bozen reagiert

Nach dem Beschluss reagiert Parteiobmann Philipp Achammer am Dienstag Mittag. Die Enttäuschung des Bezirkes und der Wipptaler Ortsgruppen sei verständlich, so Achammer. “Die Landespartei ist in der Frage der Geburtenabteilungen selbst an ihre Grenzen gestoßen. Denn über die parteipolitische Grundausrichtung hinaus waren Aspekte für die mehrheitliche Entscheidung der Landesregierung ausschlaggebend, die nicht von der Partei bewertet werden konnten”, so der SVP-Obmann. “Gerade weil dieser Rückschlag für das Wipptal aber vielfach als Abkehr von einer bisherigen politischen Linie ausgelegt wird, wird es nun mehr denn je an der Landesregierung liegen zu beweisen, dass die Anliegen der Peripherie nach wie vor ein fester Bestandteil der Politik der Südtiroler Volkspartei sind.”

Den bereits zurückgetretenen Parteifunktionären will Achammer mit weiterführenden Gesprächen begegnen: “Indem wir unseren Wipptaler Ortsgruppen deutlich machen, dass ihr Bemühen nicht vergebens ist, im Gegenteil.”