Kultur | Ex Libris

Gemischte Prosa

Der Poet Max Silbernagl hat ein Buch "Von hier siehts schräg aus" veröffentlicht und stellt es kommende Woche vor. Einige Auszüge zur "Stimmungsmache".
Max
Foto: Gabriel Höllrigl
  • Ex libris

    Questo estratto dal libro di Max Silbernagel fa parte del nuovo formato “Ex libris” su SALTO.

    Dieser Auszug aus dem Buch von Max Silbernagel ist Teil des neuen Formats "Ex libris" auf SALTO. 

    Text? Nebensache! 

    Es ist nur wichtig, dass etwas auf der Seite steht, 
    auch wenn man nicht weiß, was man schreiben 
    soll. 
    Mit Datum und Unterschrift, und natürlich dem 
    Stempel dazu, 
    wird es unmöglich, diesem Dokument seine  
    Wichtigkeit abzusprechen. 
    Deshalb immer schön Diplome sammeln. 
    Ganz gleich, wofür man sie bekommen hat. 
    Denn wie schon angedeutet: 
    Der Text ist Nebensache. 

  • Musiker und Poet: Jahrgang 1995, ist Poet, Poetry-Slammer, Sänger der Punkband „Chaos Junkies“. Er studiert Geschichte an der Universität Innsbruck und schreibt für Magazine und Zeitungen. Bisher erschienen: „Gedankenhochsprung“ (2018), „Prinz Harrys Hochzeit und die Cocacolisierung des Spumaimperiums“ (2021) und „Der Kompass mit all seinen Tücken“ (2023). 2022 trat er als „Vorspiel“ für Stefanie Sargnagel in der „Dekadenz“ Brixen auf. Foto: (c) Bude Tiers
  • Charmeoffensive in Bestform 

    Er saß mit trübem Blick am Fenster und schaute hinaus. 
    Sein Körper erholte sich gerade von den Strapazen 
    der letzten Nacht. 
    Er schwitzte – mit den letzten Schweißtropfen und 
    mit gleichmäßiger Genugtuung – den Rest- 
    alkohol aus, 
    den er nun nicht mehr benötigte. 
    Es war eine Nacht gewesen, die er so schnell nicht 
    vergessen würde, 
    denn er hatte den Witz und den Charme wieder- 
    gefunden, 
    mit denen er sich doch so gerne umgab – 
    und von denen er geglaubt hatte, sie nicht mehr 
    finden zu können. 
    Wie er zurückgefunden hatte zur alten, schon 
    vergessen geglaubten Hochform der Leichtigkeit des Lebens, 
    waren die festgelegten Grenzen bald überwunden, 
    und er genoss den Abend in vollen Zügen. 
    Seine Charmeoffensive schien zu fruchten, 
    was ihn mit einem wohligen Gefühl erfüllte, 
    das er nur zu gerne bis zum letzten Tropfen in sich aufsog. 
    Alles in allem: ein gelungener Abend – ausgestattet mit einem Freiheitsgefühl,
    wie er es schon lange nicht mehr erlebt hatte.

  • Buchpräsentation demnächst: Max Silbernagl stellt am 25. Juni erstmals sein Buch „Von hier siehts schräg aus“ in der Alten Mühle in Meran vor, um 19.30 Uhr. Im Gespräch mit Verleger Thomas Kager. Foto: Retina
  • Gesundheitshinweis 

    „Leben ist tödlich. Fangen Sie jetzt damit an.“ 
    Er macht den Fernseher aus, nicht dass er noch in 
    Versuchung käme, 
    sich zu viele Gedanken über sein Leben zu 
    machen. 
    Diesen Spruch nimmt er sich zu Herzen. 
    Nun geht er schlafen. 
    Leben kann er morgen noch genug. 

    Auf der Tanke 

    Tulpen, holländisch 
    Pizza, italienisch 
    Internet Explorer, 90er 
    Tamagotchi und so weiter. 

    Es gab so viel, was uns interessierte. Am Ende (b)rauchten wir aber doch immer 
    dasselbe: 
    Kaugummizigaretten. 

  • An der Parkbank: Mit scharfem Blick und einer guten Portion Punk-Attitüde hält Max Silbernagl der Gesellschaft den Spiegel vor. Seine Texte entstehen dort, wo das Leben ungeschönt passiert – auf Parkbänken, in Bars, auf Shoppingcenterklos. Mal lyrisch, mal roh, immer kompromisslos direkt. Es sind unangepasste Texte auf Deutsch, Wienerisch und Südtirolerisch. Foto: Gabriel Höllrigl
  • Seine Platten muss Mensch sauber halten 

    Er ist hell auf der Platte, 
    aber dunkel in seinen Gedanken. 
    Er hat so manchen Tiefpunkt erlebt, 
    ist aber nicht stolz drauf. 
    Manche behandeln ihre tiefsten Tiefpunkte 
    wie die hellsten Sterne am Himmel. 
    Es erscheint ihm fast schon so, 
    als wäre es in Mode gekommen, 
    beim ersten Date über die psychische Verfassung 
    seines Gegenübers zu reden. 
    Sie sind eigentlich – so scheint es meistens – 
    hell auf der Platte, 
    aber finster, schummrig, schimmernd in den 
    Gedanken. 
    Um fortzufahren im Text: 
    Es nützt ihm oder ihr die ganze Intelligenz nichts 
    mehr, 
    wenn er oder sie so mit dem eigenen Gedanken- 
    ausfluss umgeht.