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Camilla & Zeno, Die Grünen

Über die gemeinsame Arbeit an einem Song haben sich die beiden getroffen, jetzt kandidieren sie gemeinsam auf der Liste von „Die Grünen“: Camilla Cristofoletti aus Salurn und Zeno Oberkofler aus Bozen.
Camilla Cristofoletti und Zeno Oberkofler
Foto: rhd / salto.music
  • Camilla Cristofoletti und Zeno Oberkofler und die Musik

    Sie sind beide Mitte 20, beide machen Musik und beide sind über ihr gesellschaftspolitisches Engagement zu den „Grünen“ gekommen, also, zuerst das Engagement, dann die Kandidatur: Camilla Cristofoletti ist aus Salurn, Zeno Oberkofler aus Bozen, sie engagiert sich für die Frauen, er ist einer der Gründer der hiesigen „Fridays For Future“-Bewegung. Und die beiden kannten sich schon vor ihrer Kandidatur auf der Liste der „Grünen“.

    Da wir zufälligerweise mit dem neuen Vinyl von Zolf & Saturn zum Interview kamen, drängte sich die Frage nahezu auf, wie sie wohl Musik hören würden. Camilla: „Ich höre sehr viel Spotify, und, im Moment, sehr viel Vinyl. In der Covid-Zeit habe ich einen alten Plattenspieler repariert, und ich finde das so schön. Es ist ein wenig umständlich, weil du musst dir die ganze Platte anhören, du kannst nicht wirklich skippen, aber das finde ich gut, vor allem bei älteren Alben die ja so konzipiert worden sind. Es ist fasst wie eine Reise. Diese Erfahrung hat man auf Spotify mit den neueren Alben nicht, außer man sucht sie aktiv.“

    Völlig anders Zeno Oberkofler: „Ich höre Musik sehr viel über YouTube, weil ich mir gerne die Geiger aussuche und auch das Bild sehen will. Ein wenig Spotify, da aber vor allem Podcasts, Radio, wenn es im Popmusik geht und, im Auto, CD’s.“

    Camilla hatte sich vor etwa sechs Jahren mit ihrer EP „Under A Black Hat“ (2016) als Waira einen Namen in der hiesigen Musikwelt gemacht und durch die feinfühlige Art und Weise ihrer Songs besonderes Talent gezeigt. Irgendwann ist es dann plötzlich still geworden. Auf die Frage „Wo ist Waira?“ folgt zuerst ein tiefes Durchatmen und dann die Erklärung, dass sie zwar nach wie vor sehr gern und viel schreiben würde und die Songs für sich auch aufnehmen würde, dass sie aber nicht mehr auf die Bühne kann.

    „Ich würde das sehr gerne öfter machen, aber einen Song zu produzieren dauert immer so lange und wenn viele Leute beteiligt sind, dann kommt einfach der Alltag dazwischen.“

    Im Herbst letzten Jahres erschien dann doch wieder ein Song: „Jolene“. An die Produktion dieser Video-Single, zu der sie der Bozner Musiker Thomas Traversa überredet hatte, erinnert sie sich sehr gern zurück: „Das war so schön für mich, weil Freunde gemeinsam an einem Projekt gearbeitet haben, weil sie daran glaubten. Ich würde das sehr gerne öfter machen, aber einen Song zu produzieren dauert immer so lange und wenn viele Leute beteiligt sind, dann kommt einfach der Alltag dazwischen.“

    Zu dieser Gruppe von Freuden gehörte übrigens auch Majda Brecelj, die das Video gedreht hat und die ebenfalls auf der Liste der Grünen kandidiert, und Zeno Oberkofler. Oberkofler spielt Geige und Bratsche und wurde von Traversa zum Projekt geholt, um einige Streicherparts beizusteuern.

    Zeno ist seinerseits viel mit klassischer Musik unterwegs, er ist Bratschist beim neuen Orchester Südtirol Filarmonica und spielt für unterschiedliche Projekte: letztes Jahr beispielsweise für das Festival „Sonora“ von Marcello Fera in Meran, er ist mit Quartetten bei Hochzeiten unterwegs, ist Teil des Domorchesters Bozen und hilft fallweisse beim Symphonieorchester B. Maderna der Provinz Forlì-Cesena aus.

    Oberkofler: „In der klassischen Musik hat man als Musiker eine völlig andere Rolle, weil du nicht der Protagonist bist, sondern dich als Musiker in den Klang des Orchesters einbringen musst. Es geht um die ganze Gruppe und du musst konzentriert auf die anderen hören. Es war für mich sehr befreiend, für Waira zu spielen, aber es war nicht so einfach für mich, plötzlich ohne Noten zu spielen. Ich habe da einiges dazugelernt.“

  • Waira: „Jolene“ (Official Music Video)
    (c) Waira

  • Zum politischen Selbstverständnis von Camilla Cristofoletti und Zeno Oberkofler

    salto.music: Camilla, wie würdest du das politische Selbstverständnis von Zeno umschreiben?

    Camilla: Zeno ist sehr zielstrebig und gleichzeitig sehr bescheiden. Ich schätze an ihm sehr, dass er nicht alles um ihn herum vergisst, und dass er die Unterstützung sehr schätzt. Ich glaube, dass er uns, die „Young Greens“, am besten vertritt. Er ist sehr informiert, er kann zuhören, aber er kann auch antworten. Das habe ich erst wieder beim Flyer verteilen gesehen, wie er mit Personen diskutiert, die vielleicht nicht die Ideen der Grünen teilen. Er ist bereit sich zu verändern und, auch wenn das alle sagen, er will wirklich das Beste für alle. Und, er kann im positiven Sinne stur sein und besitzt ein sehr breitgefächertes Wissen, nicht nur in Bezug auf Klima.

    salto.music: Wie würdest du das politische Selbstverständnis von Camilla umschreiben?

    Zeno: Camilla ist in der Gruppe sehr wichtig. Sie versucht stets Lösungen zu finden, ist sehr empathisch, neugierig und versucht, die Sachen zu verstehen. Beim Thema Gewalt gegen Frauen, Frauenrechte und Gleichberechtigung, da spürt man, dass sie dafür brennt, das das für sie extrem wichtig ist. Mit ihr ist es auch möglich, sehr kontroverse Positionen zu besprechen. Sie sieht Andersdenkende nicht als Gegner und will sie auch nicht überzeugen, sondern sie sieht sie als Menschen und möchte, dass diese ihre Denkweise verstehen.

    „Es stärkt irgendwie den Frieden würde ich sagen.“

    salto.music: Seht ihr euch als Vertreter/Vertreterin der Gen-Z?

    Camilla: Schwierig … Ich glaube, die sozialen Medien haben auf unsere Generation einen sehr großen Einfluss, man kann sich ihnen als junger Mensch nicht entziehen. Ich haben dank der sozialen Medien sehr viele Freundschaften verstreut auf ganz Europa, und dieser Umstand, diese Möglichkeit prägt unser Weltbild sehr, es stärkt unser Gefühl für die Welt, das über die Nationalitäten hinausgeht. Es stärkt irgendwie den Frieden würde ich sagen.

    Natürlich gibt es auch negative Aspekte, ich bin beispielsweise sehr unsicher geworden durch die Socials, weil alles gleich eine große Öffentlichkeit bekommt.

    Zeno: Der kontinuierliche Informationsaustausch über die Socials ist manchmal überfordernd. Ich war in zwei Fernbeziehungen, weil ich als Musiker sehr viel unterwegs bin, und die Socials ermöglichen das auch, aber die Möglichkeit, ständig in direktem Kontakt zu sein führt dazu, dass man ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn es nicht passiert. Ich denke mir manchmal wie schön es wäre, sich zum Beispiel einfach Briefe zu schreiben.

    Camilla: Auch was die Beziehungen betrifft, auch die Freundschaftsbeziehungen, hat sich sehr viel verändert, es geht alles sehr viel schneller. Man schickt sich ein paar Tage lang Nachrichten und glaubt sich dann bereits gut zu kennen, wenn man sich dann trifft. Ich weiß nicht wie es früher war, vielleicht hat man da mehr Zeit investiert und die Beziehungen waren dadurch stabiler… ich weiß es nicht.

    Zeno: Durch das Handy bekommt man das Gefühl, nicht allein zu sein, weil man ja jederzeit jemanden kontaktieren kann, den man kennt, und dadurch glaubt man vielleicht, den direkten, physischen nicht zu brauchen. Der ist aber extrem wichtig.

    „Ich sehe es auch im Wahlkampf, dass auch sehr viele ältere Menschen sagen, dass es richtig ist, dass wir jungen Menschen mit unseren Forderungen aufstehen.“

    Das ist eines der Themen, das sehr viele junge Leute betrifft. Auch das Klima-Thema gehört dazu. Die jungen Leute wissen, dass die Welt bei einer Überschreitung von 1,5° Erderwärmung in 20 Jahren völlig anders ausschauen wird. Da sind wir in der Mitte des Lebens. Die Leute spüren das. Anliegen wie Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit gehen aber nicht nur die Gen Z an, sondern betreffen uns alle. Ich sehe mich als Vertreter der gesamten Gesellschaft. Ich sehe es auch im Wahlkampf, dass auch sehr viele ältere Menschen sagen, dass es richtig ist, dass wir jungen Menschen mit unseren Forderungen aufstehen, weil diese Themen auch ihnen sehr wichtig sind.

    salto.music: Camilla, wie bist du zu den „Grünen“ gestoßen?

    Camilla: Die Grünen waren immer schon meine Liste, aber ich habe das nie wirklich offen nach außen getragen. Zu den Grünen bin ich durch Catcalling gekommen (Catcalling ist eine eine Form der verbalen sexuellen Belästigung; Anm.d.Red.). Um es kurz zu machen: An einem Tag, an dem das Catcalling auf der Straße mir gegenüber sehr schlimm war, habe ich über Instagram ein Video dazu gemacht. Durch das Video haben mir 64 Personen geschrieben, darunter auch sehr junge Frauen, die gesagt haben, ihnen würde das auch passieren. Es ist wirklich sehr schlimm, besonders im Alter zwischen 13 und 18 Jahren.

    Dann ist Brigitte (Foppa) auch mich zugekommen und hat mich gefragt, was sie diesbezüglich tun könnte. Als Frau in der Politik, die feministische Themen vertritt, war sie immer schon ein Vorbild für mich. Sie hat sich für das Thema engagiert und mich ein paar Monate später zur Pressekonferenz eingeladen.

    Zur Kandidatur ist es dann gekommen, als ich eine Diskussion zwischen Zeno und einer Klimaleugnerin gesehen habe. Ich war damals, das war vor etwa einem Monat, mit Majda (Brecelj) unterwegs und wir haben daraufhin beschlossen zu kandidieren, obwohl ich bis dahin strikt gegen eine Kandidatur war. Tags darauf hat mich Brigitte angerufen und es waren gerade noch zwei Plätze für uns frei.

  • Sie ist Singer/Songwriterin, er spielt hingegen im klassischen Kontext: Camilla Cristofoletti und Zeno Oberkofler engagieren sich darüber hinaus für jene Themen, die nicht nur ihrer Generation am Herzen liegen. Foto: rhd / salto.mussic
  • salto.music: Die Grünen sind für viele ein Feindbild, teilweise ist es fast schon ein Schimpfwort wie vor 30 Jahren. Wie geht ihr damit um? Wie seht ihr das? Und gab es negative Erfahrungen im bisherigen Wahlkampf?

    Zeno: Stimmt, das kommt ein wenig aus Deutschland. Wir tun so, als ob wir über die Klimakrise diskutieren würden, wenn es uns aber selbst betrifft, wenn es vielleicht unangenehm wird, dann ziehen wir uns zurück. Natürlich, Veränderung ist im ersten Moment nie einfach und eine Umstellung kann auch Gegenwind zur Folge haben. Deswegen wäre es hier extrem wichtig, dass wir zusammenhalten, dass wir zusammenarbeiten, das wir versuchen, wirklich alle mitzunehmen. Wenn wir klimaneutral werden wollen, dann ist die Basis dafür, dass wir uns von den fossilen Brennstoffen entkoppeln. Das ist natürlich nicht so einfach und das muss man sozial verträglich organisieren.

    „Ich habe den Eindruck, dass viele oft nur ein Feindbild brauchen, um die eigene Politik zu machen, um den Status quo beibehalten zu können.“

    Ich habe den Eindruck, dass viele oft nur ein Feindbild brauchen, um die eigene Politik zu machen, um den Status quo beibehalten zu können. Denn es geht ja auch darum, das Wirtschaftssystem zu verändern und die ganzen sozialen Ungerechtigkeiten.

    Ich finde aber, dass wir nicht von Feuerlöscher zu Feuerlöscher rennen sollten, sondern langfristig denken.

    salto.music: Wenn ihr auf die nächsten zehn Jahre schaut, wie seht ihr die Möglichkeiten in eurem Leben?

    Camilla: Ich freue mich auf die nächsten zehn Jahre, aber ich freue mich nicht auf das zehnte Jahr, weil es Richtung Erwachsensein geht. Im Moment springe ich von Stadt zu Stadt, von Studium zu Studium, und ich weiß nicht, wie lange das noch geht. Ich hoffe, ich verliere diesen Spirit nicht, wenn ich erwachsen werde.

    Zeno: Ich genieße es sehr jung zu sein, spontan zu sein, einfach frei zu sein. Die persönliche Freiheit ist mir sehr wichtig, entscheiden zu können, für den Landtag zu kandidieren und alle meine Energie dafür bereitzustellen. Ich genieße den Moment und ich hoffe, das kann ich weiterhin tun.

    salto.music: Wenn ich auf nächsten zehn Jahre der Welt schaut? Wie seht ihr die?

    Camilla: Da habe ich Angst vor den nächsten zehn Jahren, aber nicht vor dem zehnten Jahr, weil ich spüre, dass unsere Gesellschaft immer drei Schritte nach vorn macht und einen zurück. Viele sind da pessimistisch, ich nicht. Wenn ich auf die Frauenrechte schaue oder auf die LGBTQ+-Community oder auf das Klima, ich glaube, wir bewegen uns in die richtige Richtung. Wenn Veränderungen zu schnell passieren, dann gibt es Widerstand, da glaube ich ist ganz natürlich.

    Zeno: Ich glaube, dass die nächsten Jahre extrem entscheidend sein werden, auch weil sehr viel zusammenkommt: Klima-Thema, das soziale Thema, dass Thema psychische Gesundheit, eine neue Generation, die in die Arbeitswelt kommt, der demographische Wandel … wir sind an einem Wendepunkt, unsere Gesellschaft wird sich verändern und wir dürfen das gestalten, dass es in die richtige Richtung geht. Ich glaube auch, und das hat man bei den Überschwemmungen in der Emilia-Romagna gesehen, dass die menschlichen Beziehungen wieder stärker werden. Wir sind ständig am rennen und haben das ein wenig verlernt. Das Menschliche wird wieder in den Vordergrund gelangen.

  • Beide haben ihre thematischen Schwerpunkte:: Zeno Oberkofler ist der Initiator der hiesigen „Fridays For Future“-Bewegung und beschäftigt sich viel mit dem Komplex Klima, während sich Camilla Cristofoletti für die Rechte der Frauen einsetzt. Foto: rhd / salto.music
  • Staccato: Kurze, schnelle Antworten zu zehn Topics

    Die Bauern-Lobby

    Camilla: Pink Lady

    Zeno: Ist gut organisiert.

    Es gibt zu viele Alpha-Männer in der hiesigen Politik

    Camilla: Ich würde hier gerne Michela Murgia zitieren. Männer hatten ihr gesagt, dass sie das Gefühl hätten, der Feminismus würde ihnen die Männlichkeit wegnehmen oder abgesprochen. Sie hat darauf geantwortet, dass die Männer durch die feministische Welle die Möglichkeit erhalten würden, nicht nur den einen Anzug im Schrank zu haben, sondern viele unterschiedliche Möglichkeiten sein zu können. Der Anzug ist nach wie vor im Schrank, du hast aber die Wahl, die auch anders zu kleiden. Dieses Alpha-Verhalten sieht man aber auch zunehmend bei Frauen in der Politik.

    Zeno: Ich habe gelernt, dass es manchmal besser ist, sich zurückzunehmen und Raum zu lassen. Ich möchte kein Alpha-Mann werden und ich weiß, dass ich genug coole Personen um mich herum habe, die mir signalisieren werden, wenn es Zeit wäre, über mich zu reflektieren.

    Der Angriff von Hamas auf Israel

    Zeno: Eine Katstrophe. Die Situation ist extrem kompliziert.

    Camilla: Ich sehe schwarz, weil ich nicht weiß, wie das gelöst werden kann. Es ist sehr sehr schwierig.

    Wokeness

    Zeno: Gemüse im Wok schmeckt sehr gut. (lacht)

    Camilla: Mich nervt der Begriff, gleich wie damals der Begriff Gutmensch. Ich identifiziere mich mit dem Begriff, aber es nervt mich, dass ihm eine negative Konnotation zugeschrieben wurde, gleich wie der Begriff Gutmensch. Es hängt davon ab wer den Begriff verwendet und mit welcher Deutung.

    Was sagt ihr zum Statement: Die „Klima-Kleber“ sind kriminell!

    Camilla: Ich glaube, dass sie sehr gut über den Klimawandel informiert sind und dass sie so verzweifelt sind, dass sie zu diesen Maßnahmen greifen. Ich befürworte das nicht, weil sie damit die falsche Zielgruppe treffen, aber ich glaube sie machen das aus Verzweiflung, weil sie sich auskennen und wissen, wie wenig geschieht.

    „Es geht darum, die Klima-Krise zu lösen und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie wir die Herausforderung gemeinsam angehen, anstatt darüber zu debattieren, welche Protestform die richtige ist.

    Zeno: Darum geht es nicht, es geht darum, die Klima-Krise zu lösen und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie wir die Herausforderung gemeinsam angehen, anstatt darüber zu debattieren, welche Protestform die richtige ist.

    Unterland und junge Leute … was fällt dir dazu ein Camilla?

    Camilla: Das „Point“ in Neumarkt ist gut. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass für junge Menschen im Unterland nicht viel getan wird, es ist wirklich nicht viel los.

    Bozen und junge Leute … Zeno, was fällt dir dazu ein?

    Zeno: Wir brauchen wieder eine „Halle“ in Bozen.

    Der Höhepunkt der so genannten „Socials“ liegt hinter uns.

    Beide gleichzeitig: Ja, einverstanden und das ist auch cool so.

    „Ich würde bleiben, wenn ich genügend zum Überleben verdienen würde und flexible Arbeitszeiten hätte.“

    Was würdet ihr tun, um den Brain-Drain aufzuhalten, um die jungen Leute dazu zu bringen, hier zu bleiben, d.h. in den Dörfern, Tälern und Städten des Landes? Und warum seid ihr beide überhaupt noch hier?

    Camilla: Ich bin sehr gefährdet wegzuziehen von hier. Ich war in Hamburg, bin jetzt in Innsbruck, habe aber ernsthaft darüber nachgedacht dort zu bleiben. Es fehlt so viel um mit Österreich und Deutschland aufzuschließen. Angefangen bei den Löhnen und bei den Arbeitschancen. Auch das Kulturelle fehlt, wobei ich schon sehe, dass Hamburg eine Millionenstadt ist, aber es ist zu wenig Angebot. Aber es sind vor allem die Löhne. Wenn ich schaue was ich in meinem Vollzeitjob verdiene, dann genügt das nicht zum Überleben. Ich habe einen Bachelor-Abschluss und mache gerade den Master, aber das wird die Situation nicht verändern. In Deutschland würde ich das Vierfache damit verdienen. Ich würde bleiben, wenn ich genügend zum Überleben verdienen würde und flexible Arbeitszeiten hätte.

    Zeno: Für mich ist es sehr wichtig, immer wieder wegzufahren, frische Luft zu schnappen, sonst laufe ich Gefahr, mich hier gefangen zu fühlen. Ich weiß nicht genau was es ist, aber ich spüre einen gewissen Druck, sich an die hiesigen Lebensweise anzupassen um erfolgreich zu sein und man muss in Südtirol erfolgreich sein.

    Ganz konkret ist leistbares Wohnen das allererste Thema.

    Die jungen Leute gehören zu jenen Bevölkerungsgruppen, die unter den Corona-Maßnahmen am meisten gelitten haben. Oder anders gefragt, belastet die jüngste Gegenwart (Krieg, Corona, Klimakrise) die jungen Leute ganz besonders?

    Camilla: Was Corona betrifft, glaube ich, haben alle Altersgruppen gleichermaßen darunter gelitten. Den zweiten Teil der Frage würde ich bejahen.

    Zeno: Ich habe letztes Jahr unterrichtet, also in der Nach-Corona-Phase, als man Masken tragen musste. Ich glaube, vor allem die jungen Leute in den Mittelschulen und Grundschulen haben sehr darunter gelitten.

  • Info:

    Camilla Cristofoletti (Waira) Instagram: https://www.instagram.com/wair.a/
    Waira Spotify: https://open.spotify.com/intl-de/artist/6pz1SQW7bbVx8tAmBffQ8C
    Waira YouTube-Channel: https://www.youtube.com/@waira3523
    Zeno Oberkofler Homepage zur Kandidatur: https://www.zenooberkofler.com/
    Zeno Oberkofler bei Südtirol Filarmonica: https://suedtirol-filarmonica.it/orchester/zeno-oberkofler
    Zeno Oberkofler Instagram: https://www.instagram.com/zeno_oberkofler/
    Homepage „Die Grünen“: https://www.verdi.bz.it/kandidatinnen2023/

  • „Deswegen wäre es hier extrem wichtig, dass wir zusammenhalten, dass wir zusammenarbeiten, das wir versuchen, wirklich alle mitzunehmen.“: Sowohl Cristofoletti als auch Oberkofler sehen ihre eine Zukunft, aber auch die Zukunft der Welt trotz aller Widrigkeiten poisitiv. Foto: rhd / salto.music
  • Bisher in dieser Reihe:

     

    Disclaimer: Die Interviews bzw. Gespräche mit den Musikerinnen und Musikern, die bei der diesjährigen Landtagswahl kandidieren, sind nicht so angelegt, wie es vielleicht Polit-Profis tun würden. Wir möchten zwar herausfinden wofür sie stehen, wofür sie sich einsetzen, aber versuchen gleichzeitig den Alltag einer politisch interessierten Person ins Spiel bringen, mit Begriffen, Themen und Fragen, die in der Luft liegen.