Kultur | Malerei

Zurück nach Rom

Mit dem heutigen Sonntag endet die Ausstellung der Künstlerin Margareth Dorigatti auf Schloss Kastelbell. Eine Rückschau mit vorauseilendem Einblick in ihr Atelier in Rom.
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Foto: SALTO
  • „Ich hätte es nicht anders machen können“, gibt sich die Künstlerin Margareth Dorigatti überzeugt, wenn sie danach gefragt wird, was das Fertigen von Kunst und die Arbeit als Künstlerin für sie bedeute. Als junges Mädchen war sie in die Kirche von Salurn gegangen, erinnert sie sich, weil dort zwei sehr große Bilder zu sehen waren, die ihre Fantasie anstachelten. Im Alter von sieben Jahren sei ihr dann bereits klar geworden, dass sie ihre Passion, die Malerei, zum Beruf machen würde. Nun, nach vielen Jahrzehnten im Dienste, sagt sie: „Ich kann nichts anderes.“
     

    In ihren Werken setzt sich die Künstlerin gerne mit dem Konzept von Identität, Erinnerung und der Überschreitung auseinander.

  • Eine runde Sache: Ein Mondbild von Margareth Dorigatti im Raum der Planeten auf Schloss Kastelbell. Foto: SALTO

    Mit dem heutigen Sonntag geht die Ausstellung von Margareth Dorigatti im Schloss Kastelbell zu Ende. In mehreren Räumen ließ sie anhand zahlreicher Arbeiten ihr Schaffenswerk Revue passieren. In den 1970er-Jahren war die Künstlerin aus Südtirol nach Berlin gezogen, um sich dort auszubilden und sich zur akademischen Malerin zu formen – viele Jahre eine reine Männerdomäne. Anfang der 1980er-Jahre wechselte sie nach Rom, wo sie heute lebt.
    Die ersten beiden Räume im Schloss hat Dorigatti Frauen- und Männerfiguren gewidmet. Sie erzählt von heldenhaften Interpretationen und Fehlinterpretationen, Mannhaftem und weniger Mannhaftem und darüber, weshalb sie die beispielsweise so abbildet, wie sie dann auf der Leinwand in Erscheinung treten. „Der erste Saal ist inspiriert von mythologischen Frauenfiguren“, sagt sie und erzählt von Elektra bis Antigone und Ismene, von Teresa von Ávila bis zur heiligen Margarete – und vor allem von Salome, die verzweifelt um die Liebe ihrer Mutter tanzt. Seit Beginn ihrer künstlerischen Karriere hat sie sich mit dem Thema der weiblichen Figur befasst. Es sind persönliche Untersuchungen, denen sie mystische, religiöse und mythologische Elemente zuführt und mit Farbe und Stil „Figuren und Symbole in bedeutungsvolle Ikonen verwandelt“
     

    Köpfe und Gesichter spielen in den Darstellungen eine besondere Rolle – natürlich auch die restlichen Körper: Sie deuten auf Gefühle und Emotionen wie Traurigkeit, Wut, Ruhe oder Freude.

  • Mannsbilder: Über verletzliche Seelen und verletzte Körper Foto: SALTO

    Ihre Malerei ist „eine Sprache, die tiefe Wahrheiten“ ausdrücke, heißt es in der Ausstellung, aber auch, dass sie „eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart“ suche und darstelle. Im Zeitalter „der sogenannten Helden“ habe sie es sich zudem geleistet, „eine Anti-Helden-Recherche“ zu machen. Von den dramatischen Ereignissen des 11. September 2001 inspiriert, machte sich Dorigatti in ihrer Serie Heroes sechs Jahre später erstmals das Thema des Krieges mit den Bildern von jungen Männern in den Mittelpunkt. Zu sehen sind bewaffnete "Mannsbilder", die aufbrechen und „als Verletzte, mit Fahnen und Medaillen bedeckt, heimkehren“. Wer verbirgt sich hinter den heldenhaften Masken der Helden? Fast durchwegs verletzliche, unvollkommene und noch unreife Männer. 
    Und dann waren da noch Dorigattis Planetenbilder und ihr Zyklus über die Kultur des Briefeschreibens ausgestellt. Während der Corona-Zeit habe sie in alten Koffern zahlreiche Briefe vorgefunden, die sie im Laufe ihres Lebens geschrieben und erhalten hatte. „Von Kind auf habe ich mit meiner Großmutter korrespondiert, dann – ich bin mit 17 Jahren von zu Hause weg –, habe ich mit meiner Mutter lange korrespondiert. Und später kamen dann Freundschaften und die Liebschaften hinzu“, erzählt sie. Aus dem Bestand sind wiederum Bilder entstanden. „Wenn ich eine Schriftstellerin wäre, hätte ich wahrscheinlich ein Buch geschrieben.“ 

  • Briefkorrespondenzen: Von Goethe bis zu Dorigattis Großmutter – eine Erinnerung an eine jahrtausendealte Kommunikationsform. Foto: SALTO
  • In ihrer Serie Erlkönig (2014) wandelt sie aufgrund „des Unausgesprochenen und Unsagbaren im Spannungsfeld zwischen Auflösung und Formwerdung“ und verwandelt die Kunst nicht mehr in ein Refugium, sondern in einen Kampf: „mit sich selbst, mit der Materie, mit der Wahrheit“. Im Zyklus Lago/See werden Seen zu Orten der Reflexion, Verwandlung und Rettung, zu Wassern mit unterschiedlichen Bedeutungen. Alle Wege führen ans Wasser.
    Oder führen alle Wege doch nach Rom? Für Margareth Dorigatti, die überzeugte Bahnfahrerin (und Tochter eines Eisenbahners), geht es mit dem Abbau der Ausstellung bald wieder nach Rom – mit der Bahn, in ihr Refugium. Einen Einblick in die Räume wo ihre Bilder entstehen, liefert eine von ihr für SALTO zur Verfügung gestellte Bildergalerie – sozusagen als Zusatz zur erfolgreich abgelaufenen Ausstellung in Kastelbell.

     

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